Bildschirmfoto 2024 04 22 um 21.08.19Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. April 2024, Teil 20

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es gibt Filme, die stärker eine Atmosphäre fühlen lassen, als daß es auf jeden Handlungsschritt ankäme. Meist spricht man dann von Poesie und tatsächlich ist dieser Film ein poetischer, was sich in den Farben auf der Leinwand, in der musikalischen Begleitung oder auch im Gespräch der Personen zeigt. Dabei geht es um hochpolitische Zeiten, in die hinein hier auf Sansibar der junge Revolutionär und eine entlaufene junge Frau, die in einer Zwangsehe mit einem alten Araber verheiratet wurde, zugleich sich als Liebende finden..

Es handelt sich um die Verfilmung eines sehr erfolgreichen Romans auf Suaheli von Adam Shafi durch den tansanischen Regisseur Amil Shivji, der in den 1950er Jahren auf Sansibar spielt, damals noch unter britischem Protektorat, aber schon im Befreiungskampf gegen diese Herrschaft, wobei das Besondere die Liebesbeziehung unter diesen politischen Stürmen ist. Und sagen wir es gleich, die Liebe kommt auch dank der Musik von Amin Bouhafa deutlicher rüber als die wirkliche gesellschaftliche Situation im Land, das immerhin wenige Jahre später den Aufstand wagte und 1964 unabhängig und gleichzeitig autonomer Teil des späteren Tansania wurde.

Man sieht es ihm sofort an, diesem Denge ( Gudrun Columbus Mwanyika), einem junger Swahili, daß er ein Aufbegehrer ist, seinen aufrechten Gang sich nicht durch Kolonialpolizei und Militär nehmen läßt, was ihm die unterdrückte Bevölkerung dankt. Er sieht das einzige Heil im Kommunismus und versucht durch Flugblätte in schlampige Übersetzungen von kommunistischer Propaganda die Bevölkerung gegen die britischen Besetzer aufzurütteln und die Machthaber vorzuführen. Die Bevölkerung, sichtbar in Klassen unterteilt, da gibt es die indisch-arabische Oberschicht, die an der britischen Herrschaft teil hat und die Masse der armen und unterdrückten Bevölkerung, die afrikastämmigen Sansibari, verhält sich wechselnd, feiert das Leben in Tanzlokalen mit lokalem Gesang, weiß aber um die Richtigkeit des Befreiungskampfes und versteckt die Revolutionäre, wenn sie gesucht werden.

Vor allem Denge tut sich in der Agitation einerseits und der Beliebtheit beim Volk anderseits hervor. Die Sängerin Mwajuma ( die sansibarische Musikerin Siti Amina) ist sowohl für Denge ein Zuflucht und sie ist auch der heimatlosen Yasmin (Ikhlas Gafur Vora), die auf der Flucht ist und keine Wohnung hat, eine verläßliche Freundin. Yasmin entstammt dem indischen Teil der Bevölkerung, die zwar eine Minderheit sind, aber angesehen. Deng, Yasmin und Mwajuma mischen die Einheimischen auf, die durch die Einteilung der Britischen Behörden in verschiedene Rassen getrennt, aber in ihrem Lebensgefühl und kulturellen Verständnis eins sind.

Das Besondere sind die Aufnahmen auf Sansibar, wo kaum Filme gedreht werden. Sansibar war ein wichtiger Umschlagplatz im Sklavenhandel, der zwar um 1950 schon Jahrzehnte verboten ist, aber als Erinnerung das Aufbegehren gegen die Briten und die Einheimischen, die mit ihnen kooperieren und mitherrschen, lebendig hält. Dabei wird aber nichts forciert, sowohl die Aufstände wie auch die Racheakte der Kolonialherren sind in den konsequenten Freiheitskampf eingebunden, der selbstverständlich kommen wird. Und das schon bald. Dieses Geflirre, Aufrührerische, Zukunftszugewandte erzeugt diesen sanften zwingenden Zug zu einer besseren Welt, für die die Drei einstehen. Mehr Hoffnung, als Tatsache.


Foto:
©Verleih

Info:
Die Liebe in ungleichen Zeiten (Vuta N'Kuvute)Ein poetischer Revolutionsfilm von Amil Shivji

Tansania / Südafrika / Deutschland / Katar, Länge: 90 Minuten, FSK 6 DCP 24fps, Farbe, 5.1
Sprachfassung: Swahili und Englisch, mit deutsch Untertiteln

Stab:
Regie: Amil Shivji
Drehbuch: Amil Shivji und Jenna Bass
Nach einem Roman von Shafi Adam Shafi Produziert von: Steven Markovitz & Amil Shivji Ausführende Produzenten: Lucinda Englehart, Neil Tabatznik Ko-Produzenten: Tamsin Ranger, Nicole Gerhards Kamera: Zenn Van Zyl
Schnitt: Nadia Ben Rachid, Matthew Swanepoel Szenenbild: Emilia Roux, Eliudi Dominic Mwanyika Kostüm: Hawa Ally Issa
Musik: Amine Bouhafa, Amélie Legrand

Besetzung
Denge - Gudrun Columbus Mwanyika
Yasmin - Ikhlas Gafur Vora
Mwajuma - Siti Amina
Förderungen:
Rosa Luxemburg Stiftung
Berlinale World Cinema Fund
Doha Film Institute
Visions Sud Est








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