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Kategorie: Bücher
wie uns die liebe fandAuf die Schnelle: Gute Unterhaltungsliteratur, gebraucht, Teil 55

Katharina Klein

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Heute ist ja vielfach von EINFACHER SPRACHE die Rede, daß also Texte in ihr geschrieben werden sollten, damit sie alle verstehen. Mir persönlich geht es allerdings so, daß mir diese angebliche EINFACH SPRACHE so zuwider ist, daß ich sie kaum verstehe. So geht es manchen Literaturliebhabern mit leichter Lektüre, seien es Liebesromane oder Jonas Jonasson!

WIE UNS DIE LIEBE FAND von Claire Stihlé

Das ist so ein Buch, das von den einen heiß geliebt wird und das andere für belanglos, ja seicht einschätzen. Das Himmelreich der Literatur ist vielfältig und wir können nicht nur nach belletristischen Gütemaßstäben über Bücher schreiben. Das heißt nicht, daß wir nicht werten, aber jeder, der liest, hat das Recht, das zu lesen, was ihm gefällt. Und dieses Buch hat sehr vielen gefallen und etwas bedeutet.
 
Das ist oft der Fall, wenn es um Geschichten geht, die Familien angehen, wo die Alten alles zusammenhalten und die Jungen hineinwachsen müssen. So ist es, als in einem fiktiven Dorfes Bois-des-Val mit 1 300 Bewohnern im Elsaß eine 92jährige Madame Marie-Anne Nanon, genannt Nan, Rückschau hält. Was hat sie nicht alles erlebt! Wie war das mit den vier Töchtern, von denen zwei Schwiegersöhne brachten. Sie war  das war 1979, 52 Jahre alt, als es passierte, der Mann starb und die Witwe mit eben diesen Töchtern, mit Marie, Anne, Chloé und Caroline überleben mußte. Aber für Trübsinn ist kein Platz. Außerdem gibt es doch wohl nichts Kraftvolleres als vier junge Mädchen, die in Liebe groß geworden sind und nun frisch, froh und frei loslegen, der Mutter zu helfen. Da paßt es hervorragend, daß der mittellosen Familie ohne Haupt der Dorfladen übereignet wird.

Das ist der Auftakt für ein geselliges Treiben, wo der algerische Freund der ältesten Tochter eine Idee hat, die den ökonomischen Erfolg garantiert. Aus seiner Heimat kennt er die Geheimnisse, wie man den Liebeszauber in Gang setzt. Und den kann man sogar kaufen. Im Laden. Kein Wunder, daß die Einnahmen steigen und es dem ganzen Dorf immer besser geht. Das alles hören wir ja aus dem Mund der Greisin, die aber noch putzmunter ist und zufrieden auf das Leben zurückblickt, nicht sentimental, sondern eher mit Selbstironie über das, was sie geschafft hat. Naja, da muß man wohl noch über den Nachbarn Monsieur Boberschram sprechen. Denn er hat eigentlich den Laden seiner Nachbarin übereignet, hat aber ein Geheimnis und brummt.

So viel gute Laune und Bewältigung von Schwierigkeiten, erfüllen die einen mit Freude, während es andere nervt. Welcher Leser, welche Leserin sind Sie?



massai DER MASSAI, DER IN SCHWEDEN NOCH EINE RECHNUNG OFFEN HATTE  von Jonas Jonasson

Na, das ist ein bekannter Mann, einer derjenigen, die in der ganzen Welt als Bestsellerautor reüssiert, aber in Deutschalnd besonders. Sein neuer Roman ist keine windelweiche, sondern eine harte Geschichte, in der er Vergangenheit und Gegenwart verschränkt. Man muß besser Irma Stern kennen, die es wirklich gibt. Sie ist südafrikanische Malerin, die 1894 dort geboren wurde und auf expressionistische Art malte. Hier kennt man sie wenig. Ausgebildet wurde sie in Deutschland, wohin die Eltern eingewandert waren, wo vor allem Max Pechstein sie förderte und in avantgardistische Kreise einführte. Doch 1920 gingen die Familie zurück nach Südafrika. Sie ging mit, kam aber zu Ausstellungen zurück nach Europa. Das endete 1933, aber in Südafrika wurde sie immer bekannter und so heißt es, ihre Werke haben hohe Preise erzielt. 

Da paßt es, wenn Jonassons Roman den Auftakt zur Beschäftigung mit der Künstlerin in unserer Zeit gibt, daß die Künstlerin in ihren Werken durch eine Band im Prestel Verlag: Irma Stern. Afrikanerin in Europa - Europäerin in Afrika gewürdigt wird.

Aber was hat es nun mit dem Roman selbst auf sich. Im Prolog hören wir: "Es war einmal ein mäßig erfolgreicher Künstler in Österreich. er hieß mit Vornamen Adolf und sollte später auf anderem Gebiet wohlbekannt werden." Und das 1. Kapitel beginnt: "Er hatte keine Ahnung, wer Adolf war, und von Österreich hatte er noch nie etwas gehört. Das brauchte er auch nicht. Er war Medizinmann in einem abgschiedenen Dorf in der afrikanischen Savanne. "

"Irma Stern war fünf Jahre jünger als Adolf und entzog sich seinem Einflussbereich, indem sie in einer staubigen Kleinstadt gute dreihundert Kilometer westlich von Johannesburg zur Welt kam." Zwischen beiden Personen zieht sich der Kreis, in dem die Geschichte spielt. Und man kann sogar vermuten, daß sich beide einmal begegnet sind. Es ist für uns nicht schwer - und darin liegt schon ein Problem - auf welcher Seite die Sympathien für die Freiheit der Kunst und des Lebens liegen. Aber es ist nicht Adolf, der den Gegenpol darstellt, es ist Victor, ein doch sehr stereotypischer schwedischer Nationalist, der, wie es dann sein muß für einen Rechten, die Frauen und die Ausländer haßt. Er kommt aus einfachen Verhältnissen und will nach oben. Ganz nach oben und ausgerechnet die Kunstwelt soll es sein, über die er zu den Oberen aufsteigen will. 

Das hat schon was, sich die Überlegungen von Victor durchzulesen, der strategisch die Kunstwelt aussucht, nachdem er anderes verworfen hat. "Der Kunsthandel war ein Spitzen-Sprungbrett, denn wenn die sozial-liberalen Machtmenschen etwas gemeinsam hatten, dann ihre Begeisterung für Oper, Theater – und Kunst." Und nun nimmt die Geschichte Fahrt auf, dieser Vicor schaut sich um und findet die Tochter eines erfolgreichen Kunsthändlers passabel, gewinnt sie für sich und übernimmt das Geschäft des Schwiegervaters, als dieser stirbt. Das alles finden wir in ganz kurzen Kapiteln, die ein Tempo vorlegen, uns aber auch dauernd mit Neuem konfrontieren, wie mit der schwarzen Prostituierten, die vor der Türe seht und ihn mit seinem Sohn Kevin konfrontiert. Natürlich ist der schwarz. 

Wie wird Victor einen solchen schwarzen Sündenfall los? Darum geht es nun, wobei längst klar ist, daß nun Afrika ins Spiel kommt, wohin der Junge, der eigentlich dem Tod geweiht ist, geschickt wird. Der wächst aber putzmunter heran und kennt sich aus mit der Kunst. Er kommt überraschend nach Schweden zurück und gleich kommt auch Ole, ein  Massai ebenfalls nach Stockholm. Und jetzt kommt der eigentlich Clou. Denn Kevin hat ein Gemälde mitgebracht - im Buch sind drei Abbildungen der Irma Stern, Stilleben, von 1942, Das ewige Kind von 1916, und Früchteträger von 1927 - und daraus entsteht nun der Plan, eben die Rechnung zu begleichen mit Victor, die dieser Massai noch offen hatte. 

Info:
Claire Stihlé, Wie uns die Liebe fand, Droemer Verlag 2020
ISBN 978 3 426 30740 3
 
Jonas Jonasson, Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte, C.Bertelsmann Verlag 2020
ISBN 978 3 570 10410 1