Bildschirmfoto 2022 02 16 um 19.44.56Ein neuer Fall für den beliebten Donnerstagmordclub im List Verlag

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der neue, der zweite Fall dieser quicklebendigen, eigentlich schon richtig alten, also greisenhafter Rentnerbande, gehört zu den Büchern, wo sich genau erfüllt, was einem versprochen wurde: angeregte Unterhaltung, unterbrochen von zwangsläufig prustendem Lachen, ein komplexes Krimi-Geschehen, wo nicht jeder Zug vorhergesehen werden kann, aber nichts einem richtig weh tut.

Da will ich mich gar nicht aufhalten damit, ob dieser Kriminalroman noch besser sei als der erste. Auf jeden Fall amüsant geschrieben und immer dezent entlangschrappend an der Grenze von zu viel Amüsement, was den Krimiplot lächerlich machen würde, aber jedesmal kriegen die Vier, ach was, ich müßte schon der Wahrheit den Vorzug geben, kriegt also Elisabeth die Sache geschaukelt, denn für eine alte Dame ist sie ganz schön wagemutig. Und ob.

Aber bevor es um den neuen Fall geht, etwas vom Lesen und dem Schreiben. Ich habe den neuen Roman wirklich gerne und auch kritisch gelesen, weil dem Ganzen natürlich auch eine Masche innewohnt, eine Schreib- und Inhaltsmasche. Aber die ist gut und fest gestrickt und die Masche fällt nicht! Dieses Buch gehört nicht zu denen, von denen man leicht missionarisch glaubt, man müsse unbedingt die Leute dazu bringen, es zu kaufen und zu lesen. Und das nicht deshalb, weil man – vielleicht fälschlich – glaubt, dieser Roman sei ein Selbstläufer. Das aber nun wiederum glaubt man ja nur, weil es so gut und amüsant geschrieben ist, daß man es per se für einen Bestseller hält. Wenn allerdings alle so dächten, dann wüßten ja wiederum zu wenig, daß sich das Lesen schon lohnt.

Also nun endlich die Handlung, nachdem zur Erinnerung die Viererbande noch mal vorgestellt wird. Da zitiere ich aus dem ersten Band: „Mit der fast achtzigjährigen Joyce ziehen wir ein in Coopers Chase, einer superluxeriösen Seniorenresidenz im Umfeld von Kent, was nach Alter, nach Verwöhntwerden, nach Entspannung und einem eher langweiligen Altersleben klingt. Mitnichten. Denn mit Joyce lernen wir auch die drei weiteren Senioren kennen, die sie gerne in ihren Club aufnehmen, der dazu dient, bisher ungeklärte Kriminalfälle zu entschlüsseln, die übrigens auch im deutschen Fernsehen große Auftritte haben, die sogenannten Cold Cases. Die Vier sind perfekt auf diese kriminalistische Arbeit vorbereitet, denn Elizabeth war Geheimagentin, Ron ein erfolgreicher und sprachgewaltiger Gewerkschaftsführer und Ibrahim bringt als Psychiater das Hintergrundwissen über Verbrecher mit. Joyce, die uns mit allen bekanntmachte, ist Krankenschwester gewesen, was bei Mord und Totschlag auch eine nützliche Hilfe sein kann.“

So weit das eigene Zitat, das aber auf diesen neuen Fall hin doch stärker auf Elisabeth – warum eigentlich schreibt man neuerdings die Elisabeths immer original Englisch Elizabeth? - ausgerichtet sein muß, denn sie ist das Hirn, das Geheimdiensthirn der Gruppe und hat alles im Griff. Die Crux ist, daß man von der Geschichte ja nicht zuviel verraten darf, eigentlich nur die Ausgangslage und schon die klingt gefährlich. Denn, auch das vermittelt Osman, hier geht es nicht um läppische Laienkrimihandlungen, sondern hier geht es knallhart, also mit Toten zur Sache.

Da gibt es das Oberschwein. Das ist einer, der sogar mit öffentlichem Ansehen in einem entsprechenden Domizil auf dem Lande residiert. Der geheime Verbrecher. Und dann ist da einer, Douglas Middlemiss, der berufsmäßig für den Geheimdienst das Oberschwein observieren und seine Sachen kontrollieren sollte. Daß er auch der Ex-Gatte von Elizabeth ist, gibt dem Ganzen eine gewisse Geheimdienstwürze. Auf jeden Fall sind nach der Durchsuchungen des Anwesens des Oberschweins durch die Geheimdienstleute dort heimlich gelagerten Diamanten im Wert von 20 Millionen Pfund flöten gegangen

Der Spaß tritt dadurch ein, daß Osman nun die eigentliche Geschichte mit so vielen lokalen Schmierenganoven und attraktiven Ganovinnen pflastert, daß das Geschehen bunt und vital wird und verschiedene Stränge nebeneinander herlaufen und dann doch zusammengehören. Elizabeth ist diesmal wirklich die Größte, die Geistesgröße, während Ibrahim gleich am Anfang hingestreckt, lange im Krankenhaus liegt und von dort aus mitmischt. Ron ist wie immer so zuverlässig, wie er alles dominieren will, wozu er bei den beiden Weibern einfach keine Chance erhält. Bleibt also Joyce, die rührselige und stets hilfsbereite Seele, die einem lange durch ihre Tütteligkeit etwas auf den Geist geht, die sich aber dann zu solchen Gedankenblitzen und Handlungsweisen steigert, daß man geradezu andächtig in ihr die eigentliche Geheimdienstmitarbeiterin erkennen möchte, die sich nur als alte liebevolle vergeßliche Tante verkleidet hat: äußerlich und innerlich.

Obwohl also diesmal Elizabeth wirklich die Größte ist, lebt der Roman von Joyce. So geht‘s zu. Und zwar heftig.

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Info:
Richard Osman, Der Mann, der zweimal starb. Ein neuer Fall für den Donnerstagmordclub, List Verlag, 2. Auflage 2022
ISBN
978 3 471 36013 2

Der erste Fall
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