Bildschirmfoto 2022 07 17 um 01.43.36Ein Sommerkrimi im Heyne Verlag

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zuerst einmal ein dickes Lob! Wie ärgere ich mich in der Regel, wenn bei Büchern, in denen es ständig um Landschaft, um Städte, Dörfer, Berge, Regionen und Reiserouten geht, keine Karten einem verdeutlichen, wo man sich befindet. Hier ist das anders! Hier ist es, wie es sein sollte: die Geschichte spielt auf Mallorca in Sollér. Also gibt es auf der ersten Umschlagseite den Stadtplan und auf der letzten die Karte von Mallorca, wo sich Sollér im Nordosten befindet.

Das ist nämlich wichtig, weil es erst einmal um den Sollér-Express geht, der im Sprachgebrauch DER ROTE BLITZ heißt, was der reinste Zynismus ist oder ein guter Witz, denn die historische Schmalspurbahn von der Hauptstadt Palma nach Sollér – eine Touristenattraktion - ist weder rot, noch schnell. Sie kriecht die rund 28 Kilometer gemächlich in einer Stunde durch herrliche Landschaft. Und als der Zug angekommen ist, steigt einer nicht aus. Ein Mann, ein Einheimischer. Er kann nicht, denn er sitzt tot im Abteil. Und er ist nicht von alleine gestorben, erstochen!, das stellt sich schnell heraus. Aber sonst geht gar nichts schnell.

Was wir die 473 Seiten lesen, ist eine klassische Abfolge von Verdächtigten, die erst einmal ganz klar als Mörder in Betracht kommen, sich dann aber doch als unschuldig erweisen. Deshalb sprachen wir vom Sommerkrimi, weil er sich Zeit läßt, wir erst einmal verschiedene Leute kennenlernen, deren potentielle Motive und ihre Entlastungen.

Doch das geheime Zentrum ist nicht der Tote, Ramón Cabot, sondern Sargento Lluc Casasnovas, der eigentlich seine Frühpensionierung vorbereiten wollte und nun seinen schwierigsten Fall lösen soll. Wenn man dann schon auf Rückseite aufgeklärt wird, daß dies sein erster Fall ist, dann weiß man gleich, daß Dinge passieren werden, die ihn vom eigentlich ersehnten Ruhestand abbringen und ihn weiterermitteln lassen. Aber das wollen wir nicht vertiefen, können nur bestätigen, daß es natürlich mit Cherchez la femme zu tun hat.

Der Tote erscheint erstmal als äußerst unsympathisch, darum kommen ja auch so viel Verdächtige in Frage!, aber die naheliegende Vermutung, daß Pablo Rivera der Mörder sei, der selbstzufriedene Typ, der diese schöne Eisenbahn privatisieren will, sein Feind, mit dem er sich auf der Fahrt lautstark stritt, stimmt einfach nicht. Und was ist mit der Frau aus Deutschland? Noch eine Frau, noch eine deutsche Frau, wo doch Cabot schon mit der berühmten Fernsehmoderatorin Claudia Kamp verheiratet war.

Sein Tod wird lange und immer wieder im privaten Milieu gesucht, dann aber nimmt die Handlung Fahrt auf, wenn es um Grenzziehungen geht, um Wasserverläufe, Elektrizität und überhaupt wird die Grenze zwischen Männern und Frauen auch noch in Frage gestellt. Aber dann ist klar, who dunit.

P.S.
Wenn in Mallorca jemand mit Vornamen Lluc heißt, muß man natürlich an Kloster Lluc (im Nordwesten) denken:
Mitten in den Bergen liegt das beschauliche Kloster Lluc. Sein Besuch lässt sich gut mit einer Wandertour vereinbaren, zumal viele schöne Picknickplätze rund um das alte Gemäuer zum Verweilen bei herrlicher Aussicht einladen. In der Klosterkirche wird die schwarze Madonna, die Moreneta, verehrt. Ob Klostergarten, Kirche, Museum, Herberge oder Aussichtspunkt: Kloster Lluc ist ein besinnlicher Ort zum Innehalten und zur Ruhe kommen.Ein tiefes Erlebnis.

Foto:
Umschlagbild

Info:
Lilly Alonso, Mallorquinische Rache, Kriminalroman, Heyne Verlag 2002
ISBN 978 3 453 44134 7