lorcaDer Gastlandauftritt Spaniens auf der Frankfurter Buchmesse, 19.-23. Oktober

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Doch, doch, Bücher gibt es im Forum im oberen Stock, wo traditionell das Gastland seinen eigenen Auftritt inszeniert, auch und nicht wenige, die wir uns in aller Ruhe angeschaut haben, was im nächsten Artikel folgt. Zuvor jedoch die Anlage, die raffiniert und gleichzeitig einfach gestaltet ist. So was gibt es: raffiniert und einfach auf einen Schlag.

claraspStolz führte Elvira Marco (links im Bild), Projektleiterin der Gestaltung und des literarischen Lebens im Forum, die sehr gestelllumfängliche Journalistenrunde durch das Forum und erläuterte die einzelnen Installationen und abgetrennten Räume. Schon witzig, wenn man vor einer farblosen Lichttafel steht, etwas ins vorgesehene Mikrophon spricht und sich sofort auf der Lichttafel ineinanderübergehende Farbenfelder erscheinen. Blitzschnell und gleich wieder weg. Wenn man reinbrüllt, wird es endlich rot, denn sonst sind die vorherrschenden Farben grün-lila.

Schon mehr mit Sprache zu tun haben andere Tafeln, die man mit Antippen bedienen kann und die entweder DIE ÜBERSETZERIN heißen oder andere Fragen beantworten können. Während des Rundgangs sieht man in einer Ecke eine ZDF-Kamera, wo eine Kollegin eine schmale Frau interviewt, die man sofort als Irene Vallejo identifiziert und am Abend in den ZDF-Nachrichten sehen konnte. Sie steht aus zwei Gründen im Mittelpunkt des Interesses. Mit ihrem Erfolgskollegen Antonio Munoz Molina, der nach dem Tod von Javier Marias, dessen viele Romane eine eigene Abteilung haben, wird sie am Nachmittag bei der Eröffnung für die Literaten sprechen, ohne die es keine Buchmesse gäbe.

Im Nachhinein bedauerte ich, sie nicht danach einfach angesprochenzu haben, denn ich habe gerade das Buch gelesen, dessenthalben sie nun für Spanien und die internationale Literatur eine herausgehobene Rolle spielt: PAPYRUS. Die Geschichte der Welt in Büchern, original: El infinito en un junco. La invención de los libros en el mundo antiguo, eine Liebeserklärung an die antike Literatur, die ja bis heute eine Bildungsgrundlage für die westliche Welt ist und deren literarisches Personal ebenso bis heute die Dichter beschäftigt. Das 746 Seiten starke Buch, erschienen bei Diogenes, ist der Renner in Spanien geworden, wo pro Einwohner längst nicht so viele Bücher gekauft werden wie in Deutschland und auch weniger Einwohner leben. Und dennoch wurde dieses Buch in Spanien über 400 000 mal gekauft. Und es ist kein Thriller, kein Buch in einfacher Sprache, sondern eine Übersicht über die Entwicklung der Bibliotheken, die erst auf Papyros geschrieben wurden, ist also eigentlich auch eine Geschichte über Buchträger, über die Schriftsteller und Dichter, ein Buch, das so gehaltvoll ist, daß man es auf keinen Fall in einem Rutsch lesen kann. Mehr demnächst, genauso wie wir noch Bücher vorstellen, die uns in den Bücherregalen auffielen, vor denen sich Schlangen winden, auf die man sich setzten kann. Die sind auch nicht aus Plastik, sondern richtige fest gestopfte Lederschlangen.
blinden
großeschriftImmer wieder geht es um die Schrift, die verschiedene Träger hat, aber in der Entwicklung des Alphabets sich auf bestimmte Formen einigte. Hier aber sehen schriftwir eine Spanienkarte mit Aufschriften und kleinen Punkten, der eine farblose mit eingestanzten Erhebungen gegenübersteht. Ob es wirklich die Braille-Schrift ist, die Louis Braille 1825 erfand und mit sechs Punkten zu einer zu ertastenden Blindenschrift gestaltete, wissen wir nicht. 
 
Am auffälligsten sind die Papierwände, die wie Reispapier aussehen und als Rund die Räume umspannen, in denen Lesungen oder Diskussionen stattfinden. Man muß schon näher herangehen, um die Schrift entziffern zu können und den Text zu übersetzen versuchen. Während ich natürlich dachte, es handele sich um Don Quijote, den Roman von Miguel de Cervantes, mit dem die spanische Literatur als Weltliteratur auftrumpft, erkennt man dann lesend, daß es sich um ein Werk handelt, das die spanische Sprache, ihre Struktur, die Grammatik etc. behandelt.

Nun drehen wir uns im Kreise, umrunden die Papierkreise und wollen endlich die Bücher in der Hand halten, von denen viele im literarischen Programm des Gastpavillons vorgestellt werden.

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