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Kategorie: Heimspiel

Neujahrsempfang 2013 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main

 

 

Manfred Schröder und Helga Faber

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Am meisten waren die mehr als 2000 geladenen Gäste, die trotz Eis und Schnee auch in das herrschaftliche Gebäude – die Börse – gekommen waren, auf die Rede des neuen Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann gespannt, wenngleich mit Mario Draghi, dem neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) der eigentliche Gastredner angekündigt wurde.

 

Matthias Müller ist der derzeitige Hausherr und Repräsentant der Frankfurter Kammer, die mit fast 100 000 Mitgliedern in Frankfurt und im Main-Taunus- und Hochtaunuskreis die drittgrößte der Bundesrepublik ist, wobei die Banken mit rund 300 Instituten eine besonders schon zahlenmäßige mächtige Gruppe sind. Ihnen galt auch ein Appell des IHK-Präsidenten gegen eine allgemeine Verunglimpfung von Banken: „Wir sollten uns vielmehr geme4insam dagegen wehren, aus Einzelfällen generelle Verdachtssachverhalte zu bilden, die zu Überregulierungen führen und der Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt schaden“, wovon nämlich unter dem strich allein den konkurrierenden Finanzplätzen wie London profitieren.

 

Das war aber nur die zweite Seite der Medaille zu den Banken, denn neben der Schutzfunktion, die die IHK für ihre Mitglieder wahrnimmt, sagte Müller sehr deutliche Worte zum mangelnden Engagement der Banken, selbst dort,w o es um ihre eigene Sache gehe wie bei der Finanztransaktionssteuer, erst recht bei regionalen Problemen, die die Zusammenarbeit aller nötig mache. Er hielt eine Lobesrede auf die IHK, die als einzige Institution auch bei der Neuordnung der regionalen Wirtschaftsförderung Entscheidendes leisten könne.

 

Mario Draghi, der in Frankfurt nicht so häufig und auch nicht so zu Hause wirkt wie sein Vorgänger Trichet, spricht anspruchsvolle Worte zum Publikum, in denen er die Handlungsweise der EZB erläutert und die Hintergründe der Krise analysiert: „Das letzte Jahr brachte viele Herausforderungen mit sich. Gleichzeitig steckte 2012 auch voller Überraschungen. Es war ein Jahr der Neuanfänge“, womit er sich einschloß. Er zitierte den ersten Präsidenten der Europäischen Kommission Walter Hallstein, der mit seinem Ausspruch Recht behalten hätte: „Wer in europäischen Dingen nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

 

Draghi verwies auf die absolute Unabhängigkeit der EZB, die weiterhin als Priorität die Preisstabilität im Blick habe: „Alle unsere Maßnahmen sind an diesem Ziel ausgerichtet.“ Als besonderen Erfolg für die EZB und für die Stadt Frankfurt wertete er den Sitz der kommenden gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht in Frankfurt. „Die Einrichtung der Aufsichtsfunktion ist eine weitere Würdigung der Stadt als Finanzzentrum. Die EZB wird auch weiterhin zum kulturellen Leben der Stadt beitragen, unter anderem durch die alljährlichen Kulturtage der EZB und in deren Fokus 2013 Lettland stehen wird. Und im Ostend wird schon bald die Großmarkthalle in altem Glanz erstrahlen, ergänzt durch das neue EZB-Hochhaus,d essen Fertigstellung für das kommende Jahr vorgesehen ist.“

 

Beim Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier hat man bei öffentlichen Reden leicht den Eindruck, er plaudere vor sich hin. So auch diesmal. Er verwies auf Grundlagen seiner Politik, beispielsweise zum Ausbau des Frankfurter Flughafens: „Schlüssel für Internationalität, Schlüssel für Infrastruktur“ und den Ausbau von Arbeitsplätzen und er betonte, was „wir brauchen und was wir wollen“, aber wenn er selbst „von klaren Bekenntnissen“ spricht, kommen diese doch ohne Leidenschaft und eher so nebenbei zur Sprache. Und selbst beim Zitieren wichtiger Leitsätze wie: „Ihr werdet den Schwachen nicht helfen, wenn Ihr die Starken schwächt“, kommt dies nonchalant rüber.

 

Peter Feldmann, der neue Frankfurter Oberbürgermeister, hat mit seiner dunklen Stimme und der Aufrichtigkeit, die in seinen Worten eher schlicht zum Ausdruck kommt, erst einmal die überrascht, die ihn noch nicht erlebt hatten. Er sprach an diesem Abend inhaltlich eher verhalten, hatte aber schon in den ersten Sätzen eine Begriffskombination, die in Frankfurt bisher nicht üblich war, als er Unternehmen, Gewerkschaften und Universität gemeinsame Interessen attestierte, die in Fachkräften liegen und dem derzeitigen Fachkräftemangel, aber auch in der Internationalität dieser Stadt. Peter Feldmann verweist immer wieder – so auch heute – auf „Messe, Handel und Verkehrsknotenpunkt“ als wirtschaftliche Grundlage der Stadt Frankfurt und bindet die gut gehenden Geschäfte der Frankfurter Messe, die er häufig lohnt, darin ein.

 

Klar definiert er andererseits, wenn er von der zentralen Rolle der Wirtschaft in dieser Stadt spricht, die in die Gesellschaft eingebettet sei, auch davon, daß die Bürger diese Gesellschaft ausmachen und die Wirtschaft eine dienende Funktion habe. Ein Wort legte er auch für die 44 000 Beschäftigten im produzierenden Gewerbe ein, wo sonst immer nur von Arbeitsplätzen in Banken oder Agenturen geredet wird. Sein Ziel sei es, auf Dauer in Frankfurt die Industrie-Ressourcen zu stärken - und im Moment und ganz konkret, das Überleben der Frankfurter Rundschau! Das Wort „Solidarität“ fiel, leider aber keine Ankündigung zur Erhöhung des Gewerbesteuersatzes, was gerade bei seinen Zuhörern wichtig gewesen wäre, weil sie diejenigen sind, die nicht gerne zahlen wollen, aber sollen.

 

Beim wie immer reichlichen Büfett in fast allen Teilen des Hauses, kam dieses Jahr die Currywurst hinzu. Ansonsten blieb alles beim Alten und das heißt auch, daß Frankfurter Prominenz aus allen Bereichen zu sehen war. Vom Diplomatischen Chor konnte man vom Russischen Generalkonsul über viele weitere auch die Honorarkonsuln – als Doyen Karl Heinz Arnold – erleben, die Messe Frankfurt mit dem Chef Wolfgang Marzin und Geschäftsführer Detlef Braun, Martin Blessing, Commerzbank, Eva Wunsch-Weber, die neue Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Volksbank, Harald Fiedler, Deutsche Gewerkschaftsbund, die Riege von Ministern und Staatssekretären aus Wiesbaden, Vertreter der Parteien und des Stadtparlaments und so viele andere.

 

Gesehen haben wir auch Joachim Unseld, Verlagsleiter Frankfurter Verlagsanstalt, wobei uns auffiel, daß die Kulturrepräsentanz in diesem Rahmen doch unterbesetzt ist. Ebenso wie die Leitenden Frauen in Industrie und Wirtschaft, von deren Fehlen keiner spricht, wobei doch die Statistik, daß es in der Türkei mehr Frauen in höheren Positionen gibt als in der Bundesrepublik ein gutes Thema gewesen wäre. Für alle Redner, die eben auch alle vier männliche waren. Warten wir 'mal auf das nächste Jahr.

 

www.frankfurt-main.ihk.de