Buergermeisterin Nargess Eskandari Gruenberg Gaeste Besuchsprogramm ehemalige juedische Frankfurter innen Copyright Stadt Frankfurt am Main Bernd GeorgBürgermeisterin Eskandari-Grünberg begrüßt frühere Bürgerinnen und Bürger der Stadt, die im NS verfolgt wurden

Roswitha Cousin

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wenn Sie als Bürgerin oder Bürger Frankfurts noch nie dabei waren, sollten Sie das ändern: Seit 1980 lädt die Stadt Frankfurt ehemalige Frankfurter Bürgerinnen und Bürger ein, die aufgrund von Antisemitismus, ihrer Herkunft oder aus politischen Gründen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Seit zehn Jahren werden nun auch ihre Kinder eingeladen, sich auf Spurensuche ihrer Familiengeschichte zu begeben. Unterstützt wird das Programm vom Verein „Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt“.

Dieses Jahr sind über 40 Menschen aus aller Welt nach Frankfurt gereist, um zu erfahren, wie ihre Eltern in Frankfurt gelebt haben und was ihnen im Nationalsozialismus widerfahren ist. Unter Ihnen war auch Frederico Lubelski mit seiner Familie, der einzige geborene Frankfurter der diesjährigen Besucherinnen und Besucher.

Nach einer Woche intensivem Programm hat Bürgermeisterin und Diverstitätsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg die Gäste im Kaisersaal des Römers empfangen. „Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie die Zeit in Frankfurt als bereichernd erleben. Dass sie Stadt und die Spuren ihrer Familien kennenlernen können“, sagte sie bei der Begrüßung.

Eskandari-Grünberg betonte die Verantwortung Deutschlands und auch der Stadt Frankfurt ihren verfolgten Bürgerinnen und Bürgern gegenüber: „Es liegt bei uns, den Überlebenden und ihren Nachkommen Aufmerksamkeit und Achtung entgegenzubringen. Dabei geht es nicht nur um die Anerkennung des erlittenen Leids, sondern auch um die anerkennende Würdigung des von ihnen gelebten Lebens nach ihrem Entkommen, der Befreiung aus den Lagern oder der Flucht nach Vertreibung. Sie alle standen vor der ungeheuren Zumutung, weiterzuleben nach dem Überleben.“

Die Bürgermeisterin dankte den Gästen besonders für ihr Engagement in Frankfurter Schulen. Insgesamt 14 Schulen besuchten die „Zweitzeug:innen“, um von den Erlebnissen ihrer Eltern zu berichten. Diese Gespräche seien immer von großer Wichtigkeit, sagte Eskandari-Grünberg: „Wenn wir uns nicht erinnern, verlieren wir die Orientierung im Heute. Dann erkennen wir das Gift des Antisemitismus und der Menschenverachtung nicht, das noch immer vorhanden ist.“

Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern berichteten die Geschwister Wendy und John Schmelzer von ihrer Reise nach Frankfurt. Wendy Schmelzer sprach davon, durch das Programm die Lebensgeschichte ihrer Eltern neu kennengelernt zu haben. Die Erzählungen ihrer Eltern über ihr Leben in Frankfurt seien allein von der Erfahrung der Schoah bestimmt gewesen. Durch die Spurensuche habe sie mit ihrem Bruder aber auch andere Seiten der Vergangenheit ihrer Eltern kenenngelernt: „Die große Freude dieser Woche, die Erleichterung dieses Programms war es, die Bilder zu erweitern und das ganze Leben unserer Eltern in Deutschland kennenzulernen.“

Das Programm soll nicht mit der zweiten Generation von Überlebenden enden, betonte Eskandari-Grünberg. Die Verantwortung der Stadt höre niemals auf: „Deshalb wird es die Einladungen an ehemalige Frankfurter:innen auch weiter geben. Für die Zweite Generation und auch für die dritte oder vierte Generation.“

Foto:
Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg mit den Gästen des Besuchsprogramms für ehemalige jüdische Frankfurterinnen und Frankfurter
©Stadt Frankfurt am Main, Bernd Georg