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Kategorie: Heimspiel

Die Bahnhofsviertelnacht in Frankfurt am Main wird fünf Jahre alt

Roman Herzig

Frankfurt am Main (Weltexpresso) -  „Viel erreicht, aber auch noch viel Potenzial zu heben“, ist das Motto zur fünften Bahnhofsviertelnacht, dessen Programm soeben an den bekannten Auslagestellen in der Stadt - Bürgerberatung, Tourist Info, Stadtbüchereien, außerdem Frankfurter Bars und Restaurants - abgeholt werden oder unter http://www.bahnhofsviertelnacht.de in einer interaktiven Karte durchstöbert werden.



Der Beweggrund, sich als Stadtviertel durch eine öffentliche Nacht mit den vielen Facetten des Viertels vorzustellen, war einerseits der schlechte Ruf durch das übelbeleumdete Rotlichtviertel rund um den Bahnhof, das das ganze Bahnhofsviertel als gefährlich und halbkriminell gelten ließ und andererseits der interessante Wohnbestand eines Viertels, das voller hoher herrschaftlicher Gründerzeithäuser ist, in denen sich in den letzten Jahren Freiberufler und die sogenannte Kreativwirtschaft niedergelassen hat, die neben den ausländischen Mitbürgern mit zahlreichen Lebensmittelgeschäften so tagsüber ein internationales geschäftiges Flair verbreitet.



So konnte man in der Vergangenheit die tollsten kleinen Unternehmen aufspüren und die Phantasie bewundern, wie Leute Angebote für andere machen, die auf einmal einen richtigen Markt darstellen und nachgefragt werden. Diesmal zeigt sich das Bahnhofsviertel bei rund 30 Stationen in der Nacht des 16. August wieder in allen Schattierungen. Wieder gibt es Angebote zum Mitmachen und exklusive Führungen, für die man sich am besten ab sofort schon anmeldet. Und wieder werden auch Türen geöffnet, die für gewöhnlich nicht offenstehen.

Internationale Restaurants, imposante Hotels, traditionsreiche Fachgeschäfte und skurrile Läden gehören genauso zum Programm wie karitative Einrichtungen, Striptease-Bars und Druckräume für die Süchtigen. Mit der Bahnhofsviertelnacht soll der schillernde und manchmal umstrittene Stadtteil als Ort zum Einkaufen und Ausgehen bekannter und attraktiver gemacht werden. Nikolaus Münster, Leiter des veranstaltenden Presse- und Informationsamtes: „Wir fungieren als Kurator, der das zusammenstellt, was das Viertel bietet. So ermöglichen wir einen Blick in seine ‚echte‘ Welt und stellen den direkten Kontakt zu seinen Bewohnern her.“

Die „Hochschule Fresenius“ (Gutleutstraße 82) gibt unter dem Titel „Faszination Stimme, Sprache, Sprechen – Logopädie zum Anfassen“ praktisch und spielerisch Einblick in die Logopädie-Ausbildung. Im „Internationalen Familienzentrum e.V.“ (Wiesenhüttenplatz 33) darf man bei Führungen durch das Haus in verschiedene Ausbildungsräume schnuppern, etwa in der Metallwerkstatt oder in der Küche, wo es die ein oder andere kleine Kostprobe gibt. Erstmals dabei ist auch Phonicum, das Institut für Stimme, Sprache und Präsentation.

Weitere Höhepunkte: Die Filmproduktion „Funky Ferret Films“ hat sich in der Niddastraße 64 mit freischaffenden Filmemachern zur Bürogemeinschaft „Die Filmmetzgerei“ zusammengetan. Gemeinsam laden sie in der Nacht zum Austausch und zeigen, wie ein Film hergestellt wird. Dazu gibt‘s Musik, GinTonic und Videoclips.

Oder der frisch in der Taunusstraße 19 eingerichtete „Verlag der Autoren“: In seinen neuen, von der Architektin Marie-Theres Deutsch eingerichteten Räumen, wird es einen Büchertisch und eine kleine Ausstellung geben. Außerdem lesen die beiden Frankfurter Autoren und Schauspieler Rainer Ewerrien und Carsten Strauch aus dem Stück „Bleiwe losse“ von Wolfgang Deichsel, der vor allem durch seinen „Hessischen Molière“ bekannt ist.

Zum ersten Mal dabei ist das Zentro Café Bistro, wo die in unmittelbarer Nachbarschaft arbeitenden Musikproduzenten Gebrüder Zeleke für Party sorgen. Premiere feiert auch YokYok, über den schon so viel geschrieben wurde, weil er über 300 Biersorten in seinem Sortiment hat. Zur Bahnhofsviertelnacht wartet der Bierliebhaber aber mit Tee, Gebäck und orientalischer Livemusik auf.

Mittendrin sind auch die Klassiker, die seit der Geburtsstunde der Bahnhofsviertelnacht dabei sind, also Cream Music, das 25hours Hotel, das Pik Dame, das Hoffest in der Taunusstraße 21 und die Schuhmacherei Lenz/Hammermuseum. Ausdrücklich ins Programm mit einbezogen sind auch Drogenpolitik, Sozialarbeit und Prostitution. Es wird nichts ausgeblendet.

In den vergangenen fünf Jahren nahm die Zahl von Gebäuden mit Wohnraumnutzung im Bahnhofsviertel um ein Drittel zu. Für insgesamt 325 Wohnungen im Bahnhofsviertel wurden Förderbescheide in Höhe von 13 Millionen Euro erteilt. Die Zahl der Gastronomiebetriebe hat sich beinahe verdoppelt. Es gibt jetzt mehr Hotels, dafür etwas weniger Leerstand. Die Liste der Stadtentwicklungsprojekte aus den vergangenen fünf Jahren ist lang: Zuletzt wurde der studentische Wettbewerb zur Umgestaltung des Turms der Weißfrauen Diakoniekirche entschieden. Die Umsetzung der Arbeit von Andrea Büttner ist für 2013 aus Mitteln des Programms Stadtumbau und dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung geplant.

Integriert in die Bahnhofsviertelnacht bieten die Frankfurter Stadtevents des Journal Frankfurt fünf themenbezogene Führungen: Bei „Bahnhofsviertel Inside“ kann man das Frankfurter Rotlicht, den Lifestyle und die orientalischen Seiten des Viertels kennenlernen. Unter dem Titel „Architektur & Städtebau“ geht es auf eine Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Architektur und um aktuelle Maßnahmen des Städtebaus. „Bahnhofsviertel sozial“ macht Armut, Drogen, Prostitution und Obdachlosigkeit zum Thema. Bei „Kulinarisches Bahnhofsviertel“ kann man Fernweh schmecken und bei „Frankfurt & der Halbmond“ geht es um türkisch-muslimisches Leben im Bahnhofsviertel. Alle Führungen sind ab sofort buchbar unter http://www.frankfurter-stadtevents.de/

Am 17. und 18. August wird im zweitkleinsten Frankfurter Stadtteil nahtlos weiter gefeiert. Am Freitag und Samstag lockt das 10. Kaiserstraßenfest mit einem bunten Programm: Auf der Bühne wird vor und nach dem Friedensgebet ein abwechslungsreiches Musikprogramm geboten. Traditionell nehmen die Werkstatt „Bahnhofsviertel“, der Vereinsring und die Interessengemeinschaft „Treffpunkt Bahnhofsviertel“ den Geburtstag des Bahnhofs zum Anlass für das Straßenfest.