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Kategorie: Film & Fernsehen
fm theoangelopoulosPorträt Theo Angelopoulos bis März 2018

Konrad Daniel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Verein „Aufblende e. V.“ präsentiert seit Dezember eine kleine Retrospektive der Filme des griechischen Regisseurs Theo Angelopoulos, einem der wichtigsten und interessantesten europäischen Filmemacher und führendem Autorenfilmer ab den 70er Jahren. In seiner mehr als fünf Jahrzehnte währenden Karriere führte er bei 20 Kurz- und Langfilmen Regie und galt als bedeutender Chronist seines Heimatlandes. Im Verlauf seiner Karriere gewann er über 40 internationale Film- und Festivalpreise und wurde für zwölf weitere nominiert.

Alle Filme laufen im Original mit deutschen Untertiteln.

Am Samstag, den 20. Januar um 18.30 Uhr läuft der 1973 entstandene Film Meres tou 36 – Tage von 36, mit dem der Regisseur seine große und einzigartige „historische Trilogie“ eröffnet. Er blickt zurück aus der Zeit der Diktatur von 1967 in jene von 1936, um die Mechanismen zu betrachten, die ein Land in den Zustand einer Diktatur bringen.

Ebenso an einem Samstag um 18.30 Uhr läuft am 24. Februar Angelopoulos Film O Melissokomos - Der Bienenzüchter über einen alternden Bienenzüchter, der zu seiner letzten Reise aufbricht. Angelopoulos gelang ein ernstes und sehr melancholisches Drama über die Einsamkeit, das Marcello Mastroianni in einer Glanzrolle als Hauptakteur präsentiert. Das Motiv Liebe und Tod durchzieht dieses poetische Meisterwerk.

An einem der Samstage im März wird Mia aioniotita kai mia mera - Die Ewigkeit und ein Tag  gezeigt. Dem Regisseur gelang ein poetisch-philosophisches Meisterwerk mit Bruno Ganz in der Hauptrolle über das Altern und den Abschied vom Leben in durchkomponierten Einstellungen, welches in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde.


Meres tou 36 - Tage von 36
Theo Angelopoulos, Griechenland 1973, 105 min., OmU
Sa, 20.1.18 um 19 Uhr, mit Einführung!

Der historische Hintergrund des dritten Films von Theo Angelopoulos aus dem Jahre 1973, gedreht also noch unter der Obristen-Herrschaft (!), ist die Machtergreifung durch General Metaxas, den Führer einer kleinen rechtsradikalen Partei im April 1936.

Metaxas wird vom griechischen König Georg II., der nach Wiedereinführung der Monarchie 1935 nach Griechenland zurückgekehrt war, mit der Bildung einer Regierung beauftragt, nachdem die beiden großen konservativen Parteien keine gemeinsame Basis für eine Regierung gefunden haben. Obwohl Metaxas ein erklärter Feind der parlamentarischen Demokratie ist, wird er von den Konservativen unterstützt, während die „Linke“ mit Streiks reagiert und verzweifelt versucht, die Bevölkerung gegen die Faschisierung der Gesellschaft zu mobilisieren...

TAGE VON ´36 beschreibt den Beginn der heraufziehenden Diktatur Metaxas. Parallelen zu den „Tagen von ´67“ drängen sich auf. Die äußeren Machtstrukturen reflektieren die innere Verfassung des Staates ebenso wie die politische Lethargie der Bevölkerung.

Auch TAGE VON ´36 trägt die unverwechselbare Handschrift Angelopoulos‘ - langsame, ruhige Kamerafahrten, Rundschwenks von 360° und lange Einstellungen bis hin zu Plansequenzen, in denen ohne Schnitt inhaltliche Übergänge geschaffen werden.

Die vom Geist der Unterdrückung geprägten Drehbedingungen schlagen sich merklich in der Ästhetik des Films nieder: „Alles, was im Film wichtig ist, habe ich versucht, hinter Türen zu verlegen; d.h. hinter die Türen oder ins Telefon oder ins Schweigen oder in den Lärm der Umgebung. Die Diktatur ist in die formelle, äußere Anlage des Films selbst eingeschrieben. Das waren die Bedingungen, unter denen ich arbeitete: ich konnte nichts sagen.“ (Theo Angelopoulos 1975)


O melissokomos – Der Bienenzüchter
Theo Angelopoulos, Griechenland 1986,122 min. Mit Einführung
Sa, 24.2.18 um 18.30 Uhr, mit Einführung!

fm bienenzuchterDer alternde Lehrer und Imker Spiros hat nach der Trennung von seiner Frau und der Heirat seiner Tochter genug vom Leben und von seiner Familie. Er tritt eine letzte Reise in den Süden an mit einem Lastwagen voller Bienenkisten. Unterwegs nimmt er eine junge Anhalterin mit, zu der eine seltsame Beziehung entsteht, die ihn jedoch nicht von seiner Todessehnsucht abbringen kann. Der Film besticht durch seine einfühlsame, melancholische Darstellung, die in erster Linie durch die ausdrucksstarken Bilder und einen sehr sensibel spielenden Marcello Mastroianni geschaffen wird. Das Alter, der schmerzliche Verlust politischer Ideale, der gnadenlose Pragmatismus der Jugend, die Sprachlosigkeit in der Ehe: All diese Themen deutet der Film mehr an, als dass er sie explizit aussprechen würde. Und dem großartigen Marcello Mastroianni gelingt es, sich in dieser filmischen Kunst des Andeutens zurückzunehmen und zum griechischen Imker zu verpuppen. Zur suggestiv melancholischen Stimmung trägt die von Eleni Karaindrou komponierte Filmmusik bei, in der Jan Garbarek mit seinem Saxophon das tragende musikalische Thema des Films spielt. Das von Tonino Guerra beflügelte Drehbuch lehnt sich an Motive des Romans «Der Tod eines Bienenzüchters» von Lars Gustafsson an.


Mia aioniotita kai mia mera - Die Ewigkeit und ein Tag (OmU)
Theo Angelopoulos, GR/FR/D/IT 1998, 137 min.


fm mia aionioZum ersten Mal seit Die Tage von 36 scheint in einem Spielfilm des Griechen Theo Angelopoulos wieder die Sonne. Sie erinnert in Die Ewigkeit und ein Tag umso intensiver an die Zeit des Glücks, die Jahre zurückliegt. Alexander nimmt Abschied. Der von Bruno Ganz über verschiedene Zeiten hinweg grossartig und so gegenwärtig verkörperte Poet aus Saloniki hat noch einen Tag in dieser Welt vor sich. Und die Ewigkeit – wo auch immer. Angesichts des Todes wird dem Schriftsteller das Unvollendete an der menschlichen Existenz so richtig bewusst. Und die Flüchtigkeit der Zeit. «Alles ist so schnell gegangen», stellt Alexander fest. Sie «hätte diesen Moment anhalten sollen wie man einen Schmetterling im Fliegen anhalten möchte», liest er in einem Brief seiner vor drei Jahren verstorbenen Frau. Jetzt besucht er noch einmal die Tochter, die Mutter und die Haushälterin. Jetzt nimmt er Abschied von Orten voller Erinnerungen und vom Gefühl, die Liebe im Leben verpasst zu haben beim Versuch, dem Leben in der Poesie näher zu kommen.

Auf seiner Reise erlebt er auch eine kurze, intensive Freundschaft mit einem albanischen Flüchtlingsjungen. Er kann den Jungen aus den Fängen einer albanischen Schlepperbande befreien und möchte ihn wieder zurück zu seiner Großmutter über die Grenzen nach Albanien zu bringen. Die Begegnung mit dem verzweifelten Jungen gibt ihm wieder das Gefühl, zu leben und einen Sinn in seinem Schaffen zusehen. Wie in „Der Bienenzüchter“ war Mastroianni wieder für die Hauptrolle vorgesehen, verstarb aber vor Drehbeginn und der Part wurde an Bruno Ganz vergeben, der in dem Film eine Glanzleistung vollbringt, unterstützt von weiteren europäischen und griechischen Schauspieler*innen.

Fotos: 
© Filmforum Höchst

Info: 
Den Termin für den Film Mia aioniotita kai mia mera entnehmen Sie bitte Ende Februar der Website www.filmforum-höchst.de
Informationen und Trailer finden sich unter www.filmforum-höchst.de

Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt a.M.
Eintritt 7 € (Frankfurt Pass 3,50 €, Kartenreservierung unter Telefon 069 212-45714
Das Kino befindet sich in Trägerschaft der Volkshochschule Frankfurt am Main.