f soalnge ich atmeSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. April 2018, Teil 6

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Unablässig schnauft der Balg neben dem Krankenbett. Robin wird künstlich beatmet. Der an Polio erkrankte junge Mann ist vom Hals an abwärts gelähmt. Inmitten einer Phase größten Glücks, in der er seine große Liebe eroberte und den Tea-Broker aussichtsreiche Geschäfte nach Kenia führten, schlug das Schicksal so erbarmungslos zu.

Nun ersehnt er, in die englische Heimat zurückgekehrt, nur noch den Tod, weil er nicht dazu verdammt sein will, für den Rest seines Lebens ans Bett gefesselt in einer Klinik dahin zu vegetieren. Aber mit Hilfe seiner hochschwangeren Frau, die einen Suizid ablehnt, findet sich ein besserer, von keinem Arzt für möglich gehaltener Ausweg. Er gibt dem 28-Jährigen wieder Auftrieb.

Berührend, sensibel und ohne Anflüge von Kitsch erzählt der Brite Andy Serkis die wahre Lebensgeschichte seines Landsmanns Robin Cavendish, dem ersten Menschen, der in den 1950er Jahren außerhalb eines Krankenhauses mit einem Beatmungsgerät lebte. Trotz Kinderlähmung wurde er 64 Jahre alt und sah dankbar seinen Sohn aufwachsen, der ihm mit diesem Film als Produzent ein Denkmal setzt.

Andrew Garfield gibt den Pionier, der sich bald dank eines eigens für ihn konstruierten speziellen Rollstuhls noch freier bewegen kann, treffend als einen spitzbübischen, allen Widrigkeiten trotzenden, charmanten Kämpfer. Als Botschafter für Polio-Kranke reist er durch die Welt, setzt auch eigenes Vermögen ein, um das Leben vieler Leidensgefährten lebenswerter zu machen.

Krisen, wie sie eine solche Krankheit und Kraftanstrengungen unweigerlich mit sich bringen, bleiben im Film zwar außen vor, gleichwohl steht keine oberflächliche, seichte Erfolgsstory zu befürchten. „Solange ich atme“ weckt vielmehr ein Bewusstsein für die noch in den 1970er Jahren menschenunwürdigen Lebensumstände von Kindergelähmten- mit bisweilen schockierenden, gespenstischen, kafkaesken Bildern. Die schlimmsten Zustände offenbaren sich in einer deutschen Klinik, da stapeln sich Patienten neben- und übereinander an angeschlossenen Apparaten wie lebendige Leichen.

Kirsten Liese

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© Verleih

Info:
Solange ich atme (Großbritannien 2017)
Originaltitel: Breath
Genre: Drama, Biografie
Filmlänge: 120 Min.
Regie: Andy Serkis