fm jued18gruenJüdische Filmtage, ab heute: 21. Oktober bis 4. November an verschiedenen Spielorten Frankfurts, Teil 4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Im Nachhinein war das vor zwei Jahren ein Probelauf. Seit damals nämlich wechseln sich jährlich die seit 30 Jahren bestehenden Jüdischen Kulturtage der Jüdischen Gemeinde Frankfurts mit den Filmtagen ab. Welch sensationelles Programm nun beim zweiten Mal geboten ist, kann nur der einschätzen, der im Filmbetrieb zu Hause ist. Das Durchschlagende ist diese Mischung aus ganz frischen, international hochangesehen Filmen, die hier überhaupt noch nicht liefen, mit wichtigen Filmen der letzten Jahre, die gerade mal über einige Tage in Programmkinos laufen – und dann weg sind.

Hier gibt es sie wieder und mit GAZA SURF CLUB ist genau solch ein Film gemeint, der zudem von jungen Palästinensern handelt, wo das Surfbrett im abgesperrten Küstenstreifen Gaza geradezu zum Symbol für Freiheit wird. Die Geschichte ist zudem locker und kein bißchen pathetisch erzählt und bot uns den Nachholbedarf, wie man so lebt als junger Mensch in einem Land mit einer uralten dramatischen Geschichte, wobei sich die Jungen hüben und drüben des Besetzerzauns eher ähneln als die jeweilige Population hüben und drüben der Grenzziehung.

Dieser Film läuft am Montag, 29. Oktober im Eintracht Museum, das im Waldstadion untergebracht ist und mit Matthias Thoma einen umtriebigen Leiter hat, der auch sonst furiose Veranstaltungen garantiert. Hier schlägt man sozusagen mit einem Besuch schon zwei Fliegen...

Aber das ist dennoch eine Petitesse gegenüber dem hochkarätigen Angebot an neuen Filmen, die wir teils aus Pressevorführungen schon kennen, also gut und gerne sagen können, wie schlagkräftig diese Jüdischen Filmtage 2018 sind! Das Besondere ist zudem, daß bei ganz vielen Filmvorführungen die jeweiligen Filmemacher dabei sind und daß die gezeigten Filme selbst eine Mischung zwischen internationalen Erfolgsgeschichten mit spannenden Nachwuchs- und Autorenfilmen darstellen.

Darüberhinaus finden die Jüdischen Filmtage sozusagen in ganz Frankfurt statt, denn die Vorführungen sind nicht mehr auf die Jüdische Gemeinde beschränkt, sondern finden in Frankfurter Kinos statt, natürlich auch im Kino des Deutschen Filmmuseums, wo auch die Eröffnung am morgigen Sonntag stattfindet. Weitere Vorstellungen sind dann in den Programmkinos wie Mal Seh‘n, Orfeos Erben, Cinema und Harmonie, dem Studentenkino Pupille, aber auch der Bildungsstätte Anne Frank in der Hansaallee 150.

Der Beginn heute mit Empfang im Filmmuseum bringt gleich zwei Hochkaräter, die in Deutschland überhaupt noch nicht zu sehen waren. THE CAKEMAKER (18 UHR) kommt aus Israel und hat mindestens zwei Botschaften im Gepäck. Zum einen, wie man leckere Torten backt, was der junge Konditor Thomas in Berlin im Cafè Kredenz tut und dabei den israelischen Geschäftsmann Oren kennenlernt und ihm mit der gemeinsamen Leidenschaft nach Kuchen und nach einander nach Israel folgt....

Dabei wird der israelische Regisseur Ofir Raul Graizer sein.

Was man gar nicht verstehen kann, das ist, daß DIE FRAU DES ZOODIREKTORS aus den USA hier noch nicht zu sehen war. Es geht um eine dieser mutmachenden Geschichten aus der Kriegszeit, wo Antonia und Jan Zabinski dem Terror des Naziregimes mit völlig ungewöhnlichen Mitteln begegnen und in ihrem Bereich die Nazis schlagen und viele Menschenleben retten. Die Besetzung mit Daniel Brühl und Jessica Chastain läßt einen wundern, weshalb eine solche Thematik mit noch dazu so bekannten Schauspielern keinen Vertrieb in Deutschland hatte. Der Film ist aus dem Jahr 2016 und hat diesen Sonntag seine deutsche Premiere!

Über all die anderen Filme berichten wir noch. Tatsächlich ist das Programm so vielfältig und interessant, daß man zu jedem Film etwas Lobendes dazusagen möchte. Der einzige Film, der einem auf Anhieb fehlt, ist WALDHEIMS WALZER von der Wienerin Ruth Beckermann, der am 4. Oktober angelaufen ist. Aber diesen Film konnte und kann man im Mal Seh‘n sichten. Bitte also im Programmheft oder im Internet stöbern.

Krönender Abschluß ist dann am Sonntag, 4. November, das neugemachte ALTE GESETZ, der restaurierte Stummfilm von 1923, der mit der von Philippe Schoeller neugeschaffenen Musik vom Jewish Chamber Orchestra Munich unter der Leitung von Daniel Grossmann im Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum erstmals aufgeführt wird. Es handelt sich um einen Klassiker des Weimarer Kinos, die wiederhergestellte Originalfassung, nun digitalisiert, mit 135 Minuten, Regie hatte E.A. Dupont geführt und es gibt deutsche Zwischentitel. Die Stars der Zeit spielen mit: Henny Porten, Ernst Deutsch.

Fotos:
© Alexander Beygang

Info:
www.juedische-filmtage.com
www.jg-ffm.de