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Kategorie: Film & Fernsehen
Bildschirmfoto 2019 04 19 um 01.19.25Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. April 2019, Teil 12

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main  (Weltexpresso) – Wenn man sich überlegt, wen Willem Dafoe alles schon gespielt hat, selbst Jesu, und immer glaubt man ihm seine Rollen. Dieser Schauspieler hat etwas,was schwer zu definieren ist. Sagen wir es so, er spielt nicht. Er ist einfach. Nun ist der 63Jährige einfach der 35jährige Vincent van Gogh und wir begleiten ihn zwei Jahre, bis er am 29. Juli 1890 stirbt.

Das ist das eine und das andere ist die Regie von Julian Schnabel, den man lange schon als Bildender Künstler kannte, bis er auch als Regisseur reüssierte, dessen Filme zudem thematisch so unterschiedlich sind, wie man sich nur denken kann, stimmt, Filme um Künstler reizen ihn besonders, aber SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE bleibt dennoch ein Lieblingsfilm von uns. Schnabel hat zusammen mit dem Drehbuchprofi Carrière und Louise Kugelberg die Geschichte niedergeschrieben und mit Letzerer zusammen auch den Schnitt besorgt. Es ist also in besonderer Weise ein Autorenfilm.

Der Film nimmt sich Zeit, denn die letzten zwei Jahre van Goghs darzustellen, entlastet davon, durch sein Leben zu eilen und gleichzeitig ist dieser Zeitraum genau der, in dem sich Kunsttheoretisches mit der Malpraxis besonders gut verbinden läßt, denn es sind van Goghs produktivsten Jahre, er malt wie besessen, denn er hat endlich das Licht gefunden, nachdem er bewußt-unbewußt sein Leben lang suchte. Auf Anraten seines Malerfreundes Paul Gauguin (Oscar Isaac) geht es von Paris aus in den Süden Frankreichs, erst nach Arles, wo er wie entfesselt malt, muß aber aufgrund spezifischer Störungen in die Heilanstalt Saint-Rémi-De-Provence, wo er mit dem Anstaltspfarrer (Mads Mikkelsen) lange Gespräche führt, in denen er von so etwas wie einem göttlichen Auftrag zum Malen spricht, denn die Gabe, malen zu können, führt bei ihm zu manischer Ausführung.

Die vielen Bilder, kaum Auftragsarbeiten, aber er malt oft die Menschen, mit denen er täglich zu tun hat, werden erstmals von seinem treuen Bruder Theo (Rupert Friend) in Ausstellungen gezeigt. Warum van Gogh so viele Landschaften malt, hat mit dem Licht des Südens zu tun, die ihm buchstäblich alles in einem anderen Licht erscheinen läßt, was zudem zu einem neuen Gefühl, dem Einssein mit der Natur führt. Man hat alles Mögliche hinterfragt, ob van Gogh Epileptiker gewesen sei, Hornhautkrümmung gehabt habe undsoweiter undsoweiter, um zu erklären, weshalb seinen Gemälden ein bestimmtes Formenrepertoire eigen ist.

Das Erstaunlich ist nur, daß für Heutige daran gar nichts Ungewöhnliches oder gar Unheimliches ist. Diesen Aspekt hat van Gogh vorausgeahnt und schon zu seiner Zeit davon gesprochen, daß er seine Bilder für Menschen von morgen male, was eingetreten ist. Schnabel läßt uns ganz unprätentiös und ohne Heldengedenken an van Goghs täglichen Streifzügen durch die Wiesen der Gegend teilnehmen, seine Accessoires auf dem Rücken. Durch diese Perspektive sind wir alle kleine van Gogh, denn Schnabel lehrt und zwingt uns in einem, mit seinen Augen die Welt zu betrachten.

Foto:
© Verleih

Info:
Besetzung
WILLEM DAFOE (Vincent van Gogh)
RUPERT FRIEND (Theo van Gogh)
MADS MIKKELSEN (Priester)
MATHIEU AMALRIC (Doktor Paul Gachet)
EMMANUELLE SEIGNER (Md Ginoux)
AMIRA CASAR (Johanna van Gogh)
ANNE CONSIGNY (Lehrerin
OSCAR ISAAC (Paul Gauguin))