f perde0Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. November 2019, Teil 8

Hans Petter Moland

Oslo (Weltexpresso) - Als ich 2004 erstmals gefragt wurde, ob ich mich der Geschichte von PFERDE STEHLEN annehmen möchte, wollte ich es nicht machen. Es war mir zu schmerzhaft. Mit 16 Jahren habe ich meine Heimat verlassen und bin in die USA ausgewandert, weil ich, von da, wo ich herkam, wegwollte. Ich sollte unsere Familienfarm übernehmen, aber ich wollte das nicht. Norwegen zu verlassen, bedeutete für mich auch, mich von meinem Vater zu distanzieren.

Unsere Farm war ein wunderschöner, aber auch ein sehr abgelegener Ort. Zur Hauptstraße führte nur ein 3 km langer Feldweg. Ich bin damals nicht vor ärmlichen Zuständen oder Elend geflohen, sondern vor der Einsamkeit. Als ich die ersten Seiten des Buches „Pferde stehlen“ las, wurde ich wieder mit meiner Kindheit konfrontiert. Die gleiche Landschaft, die innere Unruhe eines 15-Jährigen und die widersprüchliche Beziehung zum Vater.

Das Alter ist eine verrückte Sache. Ich habe schon lange damit aufgehört, vor dem weg zu laufen, wer ich war und wer ich bin. Es ist zwecklos.

Als ich erneut gefragt wurde, einen Blick auf „Pferde stehlen“ zu werfen, war es diesmal eine völlig neue Erfahrung. Die Prosa ist wie Poesie, die Beschreibung der Natur so intensiv und die innere Unruhe des Jungen so greifbar. Es war eine sehr genaue und intime Beschreibung eines Lebens, das ich kannte. Ich habe meistens ernste Geschichten inszeniert, auch wenn sie mit viel Humor ausgeschmückt oder leichtfüßig erzählt waren. In den letzten zehn Jahren habe ich versucht, die Menschen zum Lachen zu bringen, auch wenn die Tragik der Geschichte offensichtlich war. So konnte ich vom Schmerz erzählen, ohne, dass es weh tat.

„Pferde stehlen“ ist kein lustiges Buch. Aber es erzählt auf sanfte Weise, dass Verzeihen menschlich ist. Es ist kein Rührstück. Es geht um tragische Fehler, die das Leben verändern. Die Figuren bewegen sich in einer Welt, fernab aller Einflüsse von außen. Ihre Probleme und Konflikte finden in ihrem eigenen Mikrokosmos statt. Sie sind nicht nur manchmal, sondern die ganze Zeit von wilder Natur umgeben. Eine atemberaubende und doch gelegentlich auch unheimliche Natur. Nicht weil sie so rau ist, sondern so gewaltig, einnehmend, ab und an sogar bedrückend. Der Roman hat einen filmischen Erzählfluss und eine filmische Struktur. Deshalb sah ich darin das Potential einer großen Verfilmung. Es ist die Geschichte eines ganzen 6 Lebens, die sich durch die Verknüpfung einzelner Ereignisse entfaltet. Wir bekommen mit, wie sich Tronds Entscheidungen auf sein Leben auswirken. Aber vor allem erfahren wir, dass die Entscheidungen seines Vaters, die er traf, als Trond erst 15 war, sein ganzes Leben lang nachwirken.

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© Verleih

Info:
Ein Film von Hans Petter Moland Nach dem gleichnamigen Roman von Per Petterson Norwegen 2019 · Mit Stellan Skarsgård, Bjørn Floberg. Tobias Santelmann, Danica Curcic, Pål Sverre Hagen u. a. Kinostart: 21. November 2019

Abdruck aus dem Presseheft