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Kategorie: Film & Fernsehen
gucci1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Dezember 2021, Teil 6

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) - Regisseur Ridley Scotts Vision für den visuellen Stil von HOUSE OF GUCCI war Szenenbildner Arthur Max zufolge „geprägt von Eleganz und Luxus. Das Beste vom Besten. Eine Welt der Privilegien, in der keine Kosten gescheut werden – aber im Rahmen von Budget und Zeitplan.“

Die Hauptschauplätze im Drehbuch von HOUSE OF GUCCI sind Rom, Mailand, New York und die Alpen, wobei in Wahrheit der Großteil des Films rund um die italienische Hauptstadt entstand, während die Innenaufnahmen im berühmten Cinecitta gedreht wurden.

Zusätzlich filmte das Team ein paar Außen- und Innenaufnahmen in Mailand, darunter eine Szene, die mitten in Manhattan spiellt. Außerdem drehte die Produktion in einer Villa am Comer See. Die italienischen Dolomiten doubelten schließlich die Alpen, wo die Guccis ihre Winterurlaube verbrachten.

„Wir führten aufwendige Recherchen für den Film durch, da darin Gucci-Produkte aus drei Jahrzehnten sowie Modenschauen von verschiedenen Designern wie Lagerfeld und Versace zu sehen sind“, erklärt Max, der gemeinsam mit seinem Team Magazine, Fotos und Videoreportagen aus der Zeit durchging, um den Look jeder Dekade perfekt einzufangen. „Das Licht, das damals bei Modenschauen benutzt wurde, war sehr speziell. Die Präsentation war anders. Die Musik war anders und wir wollten es exakt so einfangen, wie es war.“

Die verschiedenen Läden, die im Film gezeigt werden, besitzen Max zufolge ebenfalls eine ganz eigene Handschrift. Das Gucci-Geschäft auf der Fifth Avenue in Manhattan (das in Wahrheit in Rom gefilmt wurde) „bestand aus dunklem Holz, Gold und Braun, um ein betuchtes Ambiente von früher zu vermitteln.” Im Gegensatz dazu war ein Mailänder Modehaus, das Patrizia im Film besucht, schillernd und modernistisch, mit Silber und Chrom überall. Das vermittelte sowohl die Ära als auch einen Aspekt von Patrizias Persönlichkeit.

Einige der New Yorker Schauplätze des Drehbuchs kannte Max gut, war er doch dort inmitten des Ambientes von Modedesign, Modefotografie und -vermarktung aufgewachsen und hatte für diverse Modefotografen gearbeitet.

Das vielleicht ikonischste Set des Films war das des Studio 54, der kurzlebigen Kultdisco der 70er-Jahre, die die Mitglieder der Familie Gucci besuchen. Es wurde wie auch die verschiedenen Modenschauen im Film in einer Reihe von „Black Boxes“ in einem großen Warenlager in der Nähe des Flughafens bei Rom errichtet und entsprechend ausgestattet.

Eine besondere Herausforderung war es, ein modernes Mailänder Bankgebäude aus Glas und poliertem Stein in ein billiges Gucci imitierendes Warenhaus in Manhattans Canal Street zu verwandeln. Um dem Raum ein höhlenähnliches Aussehen zu verleihen, wurden die Wände, wie Max erläutert, mit Latex überzogen, wobei eine Seifenschicht darunter die spätere Entfernung ermöglichen sollte.

„Das verlieh dem Raum ein Aussehen von porösem Beton, den das Designteam dann mit Sprühfarbe, Graffiti und mehreren Schichten Postern überzog, um einen 80er-Jahre-New-

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York-Look zu kreieren. Dann füllten wir den Raum mit Billigständen und Waren, mit altem Wellblech und Plastikplane, die im Wind wehte“, so Max.

Für die Außenansicht schaffte das Team weitere Manhattan-typische Objekte der Zeit heran, darunter Briefkästen, Telefonzellen, Hydranten und Hot-Dog-Stände. „Es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt“, arugmentiert Max, „da wir weder im heutigen New York noch in Italien etwas Ähnliches finden konnten.“

Für eine der anderen weniger luxuriösen Locations – das Zuhause von Patrizias Arbeiterklassefamilie – wandte Max sich an die Mitglieder seiner italienischen Crew: „Scheinbar hatten sie alle Eltern oder Verwandte wie die Reggianis, was perfekt war, um die Details dieses Lebensstils punktgenau zu treffen.“

Zum größten Teil sollte Max allerdings eine Traumwelt aus opulenten Residenzen und Ferienhäusern entwerfen. Eines der Prunkstücke war Rodolfo Guccis Zuhause, für das die Produktion die Villa Necchi in Mailand benutzte. Inzwischen ist sie ein Museum, doch früher war sie das Zuhause der Familie Necchi. (Necchi war für italienische Nähmaschinen, was Singer in den USA war.) Statt einen Teil der Deko zu vereinfachen, um Platz für Kameras, Beleuchtung und Crews zu schaffen, blieb das Innere der Villa größtenteils unberührt. Das Gleiche galt für die prächtige Umgebung der Villa.

Die andere Luxusvilla im Film war Aldo Guccis italienische Residenz im Palladio-Stil der Renaissance am Comer See, zu der sogar eine komplette antike Einrichtung gehörte. Ursprünglich war sie Max zufolge im 15. und 16. Jahrhundert das Zuhause des Erzbischofs von Rom und danach im Besitz einer Abfolge anderer Kirchenältester.

Weitere noble Schauplätze sind Maurizio Guccis Berghütte in den Schweizer Alpen, die Max als „direkt Architectural Digest entsprungen” bezeichnet, sowie eine zeitgenössische Wohnung mit hohen Decken, die Maurizios Kunstsammlung beherbergt, zu der ein gigantischer Rousseau sowie mehrere Rothkos gehören.

Besonders interessant war Paolo Guccis Mailänder Designstudio, für das die Produktion ein echtes Textildesignstudio im trendigen Bohème-Viertel Trastevere in Rom verwendete. „Es war ein sehr ungewöhliches Studio, in dem fünf verschiedene Textildesigner in einem großen Raum ohne Zwischenwände arbeiteten”, erinnert sich Max. „Die Architektur war modern, was für eine Stadt wie Rom etwas sehr Ungewöhnliches ist. Ich glaube, ursprünglich war es irgendeine Art Lagerhalle, die man renoviert hatte – viele Wände eingerissen und an einer Seite großflächige Glasfenster im Bauhausstil eingesetzt. Es war fantastisch. Lichtdurchflutet und zwei Stockwerke hoch.”

Bei der Inszenierung der finalen Mordszene des Films erlaubte Max sich etwas künstlerische Freiheit. Der Mailänder Schauplatz des echten Mordes war trostlos und wenig cineastisch, und die Filmemacher hatten einen Ort mit mehr Atmosphäre im Sinn. Max machte einen Teil von Rom mit breiten Straßen ausfindig, der glaubhaft Mailand doubeln konnte. Das Viertel war eine Collage verschiedener Architekturstile – Gotik, Renaissance und arabisch – wie er erklärt, und er kannte es bereits von früheren Dreharbeiten in Rom.

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„Die Location hat eine sehr opernhafte Stimmung“, so Max. „Wir drehen hier schließlich keinen Dokumentarfilm. Die Mischung aus Stilen rief etwas in mir hervor, es ist eine Kombination aus toskanischer und arabischer Architektur. Die Gegend bringt einen eigenen Charakter in den Film.“

Als Mischung aus Arbeit, Vergnügen und Passion könnte man Max’ Aufgabe bezeichnen, klassische Originalautos aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausfindig zu machen und teilweise zu restaurieren, darunter ein Vintage-Mercedes 300 aus den Sechzigern und ein Ferrari GT4 aus den Siebzigern. Zu den anderen alten Schönheiten zählen ein 1971er Maserati Indy, den im Film Aldo Gucci fährt, ein Porsche Targa, ein 1968er Mustang-Cabriolet mit einem 289er-Motor sowie ein Lancia Thema.

Patrizia Reggiani Guccis 1975er FIA-Sportwagen baute Max für die Produktion um und konstruierte ein maßgefertigtes Vinyldach, da das Original ein Cabriolet war und sich nicht zum Drehen eignete.

Ein 1991er Lamborghini Diablo wurde dem Film vom Historischen Museum des Herstellers großzügig zur Verfügung gestellt, während eine 1969er C-Type-Jaguar-Replik eigens für den Film nachgebaut wurde (Jaguar hatte nur sechs Originale produziert).

Das Auto war Max’ ganzer Stolz und sein Vergnügen – wenn auch ein unpraktisches. „Das war mein Traumauto“, erklärt er stolz. „Würde man es besitzen, bräuchte man allerdings einen Vollzeitmechaniker, um es am Laufen zu halten.“

Max schreibt seiner größtenteils italienischen Ausstattungs- und Requisitenabteilung die starke Authentizität des Films zu. „Sie haben sich voller Begeisterung auf das Projekt gestürzt, hauptsächlich weil es Teil ihres Erbes ist, ihrer Geschichte.“