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Kategorie: Film & Fernsehen
aei2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Juni 2022, Teil 1

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Charaktere wie Anna sieht man im Kino zu selten. War Annas Figur der Ausgangspunkt für die Geschichte?

Der Ausgangspunkt dieses Films war eigentlich mein letzter Film. Ich wollte da weitermachen, wo ich aufgehört hatte. In WILD hat mich die unmögliche Liebesgeschichte vor allem deswegen begeistert, weil sich die Hauptfigur in der Liebe zum Wolf nicht an Beziehungsbildern orientieren musste, die es schon gibt und an denen man ansonsten nicht vorbeikommt. Während Ania in WILD dafür mit ihrem alten Leben Schluss machen musste, versuchen Anna und Adrian es in A E I O U mit der Wirklichkeit aufzunehmen. Sie sind ein richtiges Paar und machen mehr oder weniger ganz normale „Paarsachen“. Und trotzdem sind sie anders als die anderen. Anna, weil sie sich gar nicht darum schert, irgendeinem Frauenbild zu entsprechen. Und Adrian, weil ihm alles egal ist, so wie er allen egal ist - bis er Anna trifft - und seine Stimme findet.

Es ist also eine ganz ähnliche Ausgangsposition, wie in WILD, was die Aussichten betrifft aber etwas sozialer und vielleicht für den ein oder anderen freundlicher.


Mit Sophie Rois, Milan Herms und Udo Kier konntest Du drei herausragende Schauspieler*innen für diese besondere Liebegeschichte gewinnen – wie kam es zu dieser Besetzung?

Udo Kier kenne ich schon sehr lange und habe immer nach einer Möglichkeit gesucht, meiner Liebe zu ihm in einem meiner Filme Ausdruck zu verleihen. In A E I O U spielt er den Freund, den alle Frauen gerne hätten. Er ist außerdem der Blick von außen, aber kein gewöhnlicher oder langweiliger Kommentar. Ich denke, dass er unserem Film durch seinen Präsenz ein großes Geschenk gemacht hat und ich würde am liebsten einen zweiten Teil drehen, in dem es nur um ihn und vielleicht Adrian geht.

Milan habe ich zum ersten Mal in der Sauna getroffen. Ich wollte mit einer Freundin kurz vor Jahreswechsel einen Wellnesstag einlegen, wir hatten gerade angefangen A E I O U vorzubereiten, und da lag dieser Junge, zusammen mit seiner Freundin, im Bademantel auf einer Liege gegenüber. Ich habe ihn gesehen und wusste eigentlich sofort, das ist Adrian. Zu meiner Freundin habe ich gesagt „So einen Adrian suche ich, genauso einen!“ Und sie „dann geh hin und sprich ihn an!“ Das war nicht so einfach, im Bademantel in der Sauna, ich wollte ja keinen Harvey Weinstein Eindruck hinterlassen, aber meine Freundin hat nicht lockergelassen und so bin zu ihm hingegangen und habe eigentlich mehr mit seiner Freundin gesprochen und erklärt, worum es ging. Er hat mir seine E-Mailadresse gegeben und wir haben ihn zum Casting eingeladen.

Sophie Rois kenne ich vor allem aus den Theaterstücken von René Pollesch. Ich habe sie dadurch auch ein paar Mal vor oder nach einer Vorstellung gesehen und war immer fasziniert von ihr. In all ihren - auch privat gesprochenen Texten - wird klar, dass sie sich sehr bewusst zu den herrschenden Rollen-Klischees am Theater und im Leben verhält und auch widersetzt. Sophie ist ein Punk. Und sie ist eine schüchterne Person, was schon immer eine aufregende Kombination war. Wenn sie einem dann wirklich gegenübersteht, fällt auf, wie schön sie außerdem ist. Wie ihre hellblauen und manchmal grünen Augen zu ihrer blassen Haut schimmern, während sie all dieses krasse Zeug redet. Sie ist wahnsinnig sexy. Ich wollte unbedingt, dass das alle sehen und dass Anna so ist, wie sie.


Gibt es Arbeiten in der Filmgeschichte, die Dich beim Schreiben und Inszenieren inspiriert haben?

Beim Schreiben hatte ich total Spaß daran, mich an einer allgemeinen Bibliothek der Liebesfilme entlangzubewegen. Filme, die in unser aller Köpfen das Bild von Liebespaaren geprägt haben. Im Autorenkino sind das vor allem Filme aus den 60er und 70er Jahren. Ich weiß nicht, ob davon in unserm Film etwas übriggeblieben ist oder ob das überhaupt interessant ist. Die Idee war aber schon, mit einer allgemeinen Erinnerung an Bildern und Situationen aus unseren Lieblingsfilmen zu spielen und dadurch erstmal die Ungleichheit unseres Filmpaares zu verschleiern. Es ist für mich immer das Schönste, im Lauf eines Films zu vergessen, dass ich gerade dabei bin, Ann und King Kong beispielsweise eine tolle Zukunft zu wünschen, obwohl sie wirklich nicht zueinander passen. Filme reproduzieren und manifestieren immer gleiche Bilder. Ich wollte mich in A E I O U auf klassische und geliebte Bilder beziehen, aber auch ein paar neue, ungewohnte, in die Welt setzen.


Frankreich ist in AEIOU ein Zufluchtsort. Warum Frankreich?

Frankreich ist das Land der Liebe, sagt man doch, oder? Und auch, wenn ich ans Kino denke, denke ich sofort an Frankreich. A E I O U ist in einer Zeit entstanden, in der die meisten Filme auf dem Computer geschaut werden. Wir wollten nicht nur einen Liebesfilm machen, wir wollten dem Kino unsere Liebe erklären. Und wir fanden die Côte D'Azur wie für uns gemacht. Es war, als könnten wir gleich durch eine ganze Batterie von Filmen aus der Vergangenheit streifen. Selbst die Statisten konnten spielen als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Alles dort ging einfach, wie von allein, alles sah toll aus, alle haben immer gleich verstanden, worum es ging. Mir kam es so vor, als wäre Filmedrehen dort irgendwie selbstverständlich, als gehöre es einfach zum Leben dazu. Und was auch total verrückt war, alle haben einfach so auf mich gehört. Regisseur zu sein, ist dort glaube ich ein richtig angesehener Beruf. Egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist.

Info:
STAB
Buch & Regie.  Nicolette Krebitz

BESETZUNG
Anna            Sophie Rois
Michel          Udo Kier
Adrian          Milan Herms
Kommisar Gregori    Nicolas Bridet
Leah                         Lilith Stangenberg
Jack                         Adrien Lamande
Toni                          Oskar Melzer
Laura                       Laura Tonke