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Kategorie: Film & Fernsehen
alfonsSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos von Mittwoch, 6. Juli 2022, Teil 10

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Kein Kinderfilm, ein Jugendfilm und überhaupt einer, bei dem ein Erwachsener, eine Erwachsene gar nicht anders kann, als in die eigenen Jugenderinnerungen abzutauchen, was durch die im Film unternommene Klassenfahrt befeuert wird, waren doch solche Gemeinschaftserlebnisse von jeher die eigentlichen Höhepunkte schulischen Lebens.

Wer Alfons Zitterbacke von seinem ersten Film nicht kennt, dem fällt nicht auf, daß ein neuer Schauspieler den Alfons verkörpert (LUIS VORBACH ), was nötig ist, denn er ist wie gesagt kein Kind mehr. Aber sein Überfliegerdasein hat er beibehalten. Er kriegt vieles nicht mit, deshalb wird er also weiterhin ein bißchen oder auch ein bißchen mehr auf den Arm genommen von seinen Schulkameraden, die über ihn auch deshalb lachen, weil er oft in Gedanken Schusseliges tut, aber der Film zeigt uns auch, wie am Schluß seine Klassenkameraden großen Respekt und richtige Zuneigung zu ihm gewinnen.  Dazu allerdings verhilft ihm auch sein schlauer Freund, der mit den feuerroten lockigen Haaren, klar Sommersprossen hat er auch.

Im Ernst ist das ein Film, der niemandem weh tut, aber durch den realistischen Hintergrund der Adoleszenz und die witzige, natürlich übertriebene, aber darum zum Lachen reizende filmische Umsetzung für Jugendliche ein Gewinn ist, von dem auch Erwachsene etwas haben, wenn sie sich darauf einlassen.

Also dieser Alfons muß auf seinen Vater verzichten, doch die muntere Mutter (ALEXANDRA MARIA LARA) hat längt einen neuen Freund, Jack (SAM RILEY), der auf die quirlige, leicht überforderte Mutter mit den vielen Ideen, durch lässiges Ja-Sagen reagiert, was für alle die, die wissen,d aß die beiden im wirklichen Leben ein Ehepaar sind, zusätzlich amüsant ist. Aber Jack lebt wohl auch etwas in den Wolken – das ist wohl der ganzen Familie eigen - , denn ihm passiert das Mißgeschick, das der Zuschauer genau mitbekommt und darum der Handlung immer etwas voraus ist, was die Folgen angeht.

Es geht um Folgendes: Alfons schläft so was von fest, den Wecker, ach ja, den Wecker hatte er dann doch ausgestellt, auf jeden Fall merkt die Mutter, daß es höchste Zeit ist, loszufahren, denn der Bus, der Alfons Klasse zur Ostsee bringt, wird nicht warten. Lauter kleine Augenzwinkereien zwischen dem Regisseur und dem Publikum sind eingebaut, wenn die Lehrerin sich darüber freut, daß Alfons wohl verspätet ist und eisern darauf behaart, pünktlich um 8 Uhr abzufahren, denn dieser Junge bringt doch immer Aufregung mit sich. Fein, wenn er zu Hause bleibe muß. Und sehr 'pägagogisch', denkt sich die Zuschauerin. 

Währenddessen hatte Alfons in Windeseile alles mögliche in seinen Koffer geschmissen, ist die Treppe runter gesegelt, den Koffer ins Auto, wohin Jack auch den Koffer seine Mutter verstaut; die beiden wollen die Zeit nutzen, Jack Deutschland zu zeigen. Doch beim Einladen fällt eine Koffermarkierung herunter, Jack bückt sich, schaut irritiert und befestigt sie mit Schulterzucken an einem der Koffer. Ha, der aufmerksame Zuschauer weiß sofort: das wird was geben. Und als erst einmal alle laut und lange gelacht hatten, als Alfons in letzter Sekunde den Bus gerade noch erreichte und nicht gemerkt hatte, daß er noch seine Schlafanzughose anhatte, will er in einer Pause seine Hose aus dem Koffer holen – und sieht die Wäsche seiner Mutter! Vertauscht. Was nun? Das ist eine Quelle von langanhaltenden Witzen. 

Das Ganze ist nämlich deshalb so peinlich, weil Alfons in die Klassenkameradin Leonie verschossen ist. Er weiß zwar nicht so genau, was das ist, verschossen zu sein, aber er möchte einfach bei ihr gut dastehen. Und der Zuschauer hat längst gemerkt, daß es Leonie nicht anders geht. Diese Spannung macht den Film aus, in dem die grottige Unterkunft der Klasse kurzentschlossen durch einen Ortswechsel in eine richtig gemütliche Jugendherberge getauscht wird und die Schüler miteinander die tollsten Dinge tun und erleben. Auch Alfons und Leonie.

P.S.
Ach, übrigens sind noch zwei Dinge wichtig. Alfons Zitterbacke ist der Held sehr vieler Kinder-und Jugendbücher von Gerhard Holtz-Baumert, die in der DDR Kult waren. Auch dieser Film basiert auf seinen Geschichten, verfilmt aber nicht ein Buch, sondern kompiliert. 

Foto:
©Verleih

INFO:
DARSTELLER

DIE JUGENDLICHEN
ALFONS ZITTERBACKE.     LUIS VORBACH
LEONIE                                LENI DESCHNER
NICO                                    RON ANTONY RENZENBRINK
BENNI                                  LEOPOLD FERDINAND SCHILL
EMILIA                                 LISA MOELL
KEMAL                                DENNIS KHARAZMI
MAX                                     EGON WERLER
BODO                                  JONAS HEINRICH
FRODO                                ARVED KUHNARDT

DIE ERWACHSENEN
HERR FLICKENDORF        THORSTEN MERTEN
LAILA HOFFMANN             HALEY LOUISE JONES
LOUISE ZITTERBACKE      ALEXANDRA MARIA LARA
JACK                                  SAM RILEY
HERBERGSVATER FRED   GOJKO MITIĆ
ZORBINGTRAINER.           SIMÓN ALBERS
IMMOBILIENHAI                WOLFGANG BECKER
ALS ER SELBST                GERHARD SCHÖNE

S T A B

REGIE            MARK SCHLICHTER
DREHBUCH  MARK SCHLICHTER UND JOHN CHAMBERS

NACH DEN BÜCHERN ALFONS ZITTERBACKEGESCHICHTEN EINES PECHVOGELS,
ZITTERBACKE HAT WIEDER ÄRGER,
ALFONS ZITTERBACKES NEUER ÄRGER
VON GERHARD HOLTZ-BAUMERT
ERSCHIENEN IN DER LEIV LEIPZIGER KINDERBUCHVERLAG GMBH