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Kategorie: Film & Fernsehen
fragenVERSO SUD 28, das Festival des italienischen Films im Deutschen Filminstitut und Filmmuseum Frankfurt (DFF), Teil 5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auch diesmal wird das Gespräch vom Mitveranstalter aus Rom, Made in Italy: Franco Montini, geführt. Auf Italienisch natürlich, und daß wir so gut folgen können, verdankt sich der Übersetzerin Marina Grones , die inzwischen im Festival institutionell genauso verankert ist wie Montini. Da kann man nur hoffen, daß die eine zeitlang wechselnde Leitung seitens des DFF nun bei Andreas Beilharz verbleibt, wofür auch alles spricht, denn das auch durch Corona gebeutelte Festival schlingerte leicht und hat in Beilharz seinen fachkundigen Bewahrer gefunden.

Dieses Gespräch zu übersetzen, muß eine Freude gewesen sein. Denn, wie ARIAFFERMA den vollbesetzten Saal – endlich bekamen die, die einfach kamen, keine Karte mehr! Auch wenn das für die Spontanen schmerzlich ist, ist es doch für das Festival und überhaupt das Kino des Filmmuseum ein sehr gutes Zeichen! - wie also der eben gezeigte Film die Gemüter bewegte, konnten die Zuschauerreaktionen aufzeigen und die an das Fachgespräch anschließenden Zuschauerfragen mußten wegen des nächstfolgenden Films sogar abgebrochen werden.

In diesem Jahr sind es ja nicht berühmte Filmschauspieler, auch nicht Regisseure, die Rede und Antwort stehen, sondern die meistens weniger erwähnten Drehbuchschreiber, die aber für den Film das Gerüst bilden und damit auch die Qualität der Filme vorgeben. Nun gibt es das öfters, daß Regisseure mit bei den Drehbuchautoren zeichnen, so daß zwei Personen dafür verantwortlich sind. Wenn es aber hier gleich drei sind, ist das schon erwähnenswert. Denn neben dem Regisseur, wie gesagt durchaus häufig, ist für das Drehbuch auch Bruno Loiviero verantwortlich. Wie die anwesende Valia Santella mit den beiden Mitschreibern zurecht kam, war dann eine der Fragen von Franco Montini! Schließlich handelt es sich dazu um ein ausgesprochenes Männerstück, das sei für Frauen doch schwierig, meinte er dazu. Nur die Direktorin, noch dazu Ranghöchste, ist eine Frau, die ist allerdings nach sechs Minuten Film verschwunden. Auf die nächsthöhere Position versetzt. Eine zwar leise, aber wahrnehmbare Ironie des Drehbuchs. Ob die von der Anwesenden kam, wurde leider nicht gefragt.

Valia Santella hatte viel zu sagen, und gab öfter auch mal eine ganz andere Antwort als der Frager vermutet hatte. So erfuhren wir auch von der Ursprungsidee, die beiden in Italien hoch angesehenen Schauspieler Toni Servillo und Silvio Orlando, die hier einmal den Staatsdiener und einmal den inhaftierten Mafiaboß geben, die im Zusammenspiel die kitzelige, ja leicht ausufernde Verlegung der letzten Gefängnisinsassen in eine Rotunde mit Zellenanschluß durch gemeinsame Aktionen im Friedlichen belassen, ja sogar mit neuen Wohlgefühlen für die Gefangenen sowie das Personal, daß diese beiden Schauspieler ursprünglich in der Gegenposition agieren sollten. Der stoisch blickende, grundsolide Gaetano wäre der Mafiaboß gewesen, den hier aber Silvio Orlando mit solcher Grandezza und wissendem Lächeln, ja richtig hinterfotzigem Mienenspiel perfekt verkörpert. Macht schon Spaß, sich den Rollentausch zu überlegen, andererseits sind beide in den jetzigen Rollen so perfekt, daß sich ein Weiter- oder auch Zurückdenken nicht so recht lohnt.l

Die Rollen waren auf den Leib geschrieben. Das bringt zurück, wie die Zusammenarbeit denn war?

Ausgegangen war der Fragesteller von der Vermutung, der eine habe die Sprechrollen ausgestaltet, die Dialoge also zugespitzt, der andere die Grundhandlung entworfen oder einzelne Szenen alleine bearbeitet. Nein, alles falsch, antwortete Valia Santella. Es gab keine Aufteilung beim Drehbuchschreiben. Sie haben wirklich immer zusammengesessen und zusammengearbeitet, die Szenen wie im Rollenspiel weiterentwickelt.

Gewürdigt wurde in Frage und Antwort auch der Ort. Keine filmische Kulisse. Ein echtes, ein verlassenes Gefängnis, einsam in den Bergen, das man erfinden müßte, stünden die Mauern nicht dort. Ein Unort sei es, sagte Santella, ideal für die Szenen, die sie konzipiert hatten und wo immer etwas Gemeinsames, die Grundsituation, hier verkörpert durch die Rotunde, mit den einzelnen Schicksalen, den einzelnen Häftlingen in ihren rundherum gruppierten Zellen gegenüber stünde. Und wichtig: die endlosen Gänge, mit dem Auf- und Zuschließen als Ritual der Wärter. Ein ganz langer Gang wird zudem in einer Szene zum Hauptort, wo sich der junge Fantaccini (Pietro Giuliano) versteckt, weil er sich und seine Tat selber nicht aushält.

Fortsetzung folgt

Fotos:
©Redaktion

Info:
VERSO SUD
28. Festival des italienischen Films | 25.11.-7.12.2022
Das gesamte Programm finden Sie im PDF des Festivalkatalogs und auf der webseite www.dff.film.
Tickets für alle Vorführungen können Sie ab sofort kaufen.