BelleSebastian1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Januar 2023, Teil 6

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Sebastian (Robinson Mensah Rouanet) ist 10 Jahre alt und lebt mit seiner allein erziehenden Mutter Cécile (Caroline Anglade) in Paris. Jetzt hat er, um einem anderen Jungen zu helfen, wieder mal über die Strenge geschlagen. Seine Mutter, die dringend zu einem Termin nach Prag muss, fragt deshalb ihre Schwester Noémie (Alice David), ob Sebastian bei ihr den Sommer verbringen kann.



Als Cécile den Jungen auf dem Bergbauernhof in den französischen Alpen abgibt, muss Noémie allerdings sofort weg, denn sie betreut zusammen mit ihrem Freund Gas (Syrus Shahidi) bergsteigende Touristen. Sie lässt den Jungen bei ihrer nicht gerade begeisterten Mutter Corinne (Michèle Laroque) zurück.

Sebastian soll auf dem Hof seiner Großmutter bei der Arbeit mit den Tieren helfen, doch er stellt sich recht ungeschickt an. Auch sonst ist nicht gerade viel los, womit sich ein 10jähriger Junge aus der Stadt gerne beschäftigen möchte.

Als er von den Jungen des Dorfes zu einer Mutprobe herausgefordert wird, trifft er auf dem Hof von Yves (Aurélien Recoing) auf eine schneeweiße Hündin, die dort gefangen gehalten wird und sich als recht angriffslustig erweist. Nachdem sie Sebastian angegriffen hat, wird sie in einen Käfig gesperrt. Sebastian, der sich dafür verantwortlich fühlt, will der Hündin helfen, die aber durch eine Unachtsamkeit wieder davon läuft.

Am nächsten Tag brechen Corinne und Noémie mit ihren Schafen auf die Sommerweiden auf. Dort muss Sebastian lernen, die Schafe zusammen zu halten, denn es gibt in der Gegend Wölfe. Doch dann begegnet Sebastian der weißen Hündin wieder. Das kluge Tier und der abenteuerlustige Junge werden unzertrennlich und streifen gemeinsam in den Bergen herum, auch wenn Gas, der Besitzer des Hundes, den Sebastian Belle nennt, nach ihm sucht. Denn der Junge ist wild entschlossen, Belle vor ihrem prügelnden Besitzer zu beschützen – besonders da Belle in der Lage ist, die Schafe vor den Angriffen von Wölfen zu schützen.

Doch wird Sebastian die Hündin auf die Dauer vor Gas verstecken können und wie wird der junge aggressive Mann reagieren, der selbst ein Geheimnis hat, wenn er herausbekommt, wer für das Verschwinden seines Hundes verantwortlich ist?


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Die Geschichten rund um Sebastian und die weiße Pyrenäenberghündin Belle sind im Laufe der letzten mehr als 50 Jahre mehrmals verfilmt worden. Entwickelt wurden die beiden Charaktere von der französischen Schauspielerin, Kinderbuchautorin und Fernsehregisseurin Cécile Aubry. Es entstand zwischen 1965 und 1970 eine französischen Fernsehserie mit 39 Folgen in 3 Staffeln, zu denen Cécile Aubry zwischen 1968 und 1973 auch 3 Kinderbücher veröffentlichte.

Weitere Adaptionen waren eine japanische Animationsserie ab 1981 und eine französisch-kanadische Animationsserie aus dem Jahr 2017 mit 52 Folgen, die ihre deutsche TV Premiere 2018 bei KiKA hatte und dort gerade auch wieder zu unregelmäßigen Zeiten läuft. Am 16.01.2023 vormittags beginnt die Serie wieder mit Folge 01 ″Der weiße Drache″.

Am bekanntesten wurden allerdings 3 französische Realverfilmungen, die während und kurz nach dem 2. Weltkrieg spielen: ″
Belle & Sebastian″ (2013), ″Sebastian und die Feuerretter″ (2015) und ″Belle & Sebastian - Freunde fürs Leben″ (2017).

Belle ist ein Patou genannter Pyrenäenberghund. Dies ist eine uralte Rasse von Herdenschutzhunden, die in Frankreich offiziell Chien de Montagne des Pyrénées und in Spanien Mastin del Pirinero heißen. Sie haben schon immer die Schafherden in den Bergen vor Wölfen, Bären und zweibeinigen Dieben verteidigt, daneben bewachen sie auch die größeren Anwesen.

Jetzt gibt es also eine neue Verfilmung des Stoffes. ″Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer″ ist im Gegensatz zu den letzten Verfilmungen in der Gegenwart angesiedelt, was auch mit dem französischen Originaltitel ″Belle et Sébastien: nouvelle génération″ deutlich gemacht wird.

Regisseur beim hier besprochenen Film war Pierre Coré nach einem Drehbuch des Regisseurs zusammen mit Alexandre Coffre.

Auch wenn hier zum x-ten Mal die Geschichte um eine Freundschaft zwischen einem schwierigen Jungen und einem großen verfolgten Hund erzählt wird, haben die Drehbuchautoren versucht, die Erlebnisse von Sebastian in den französischen Alpen in die Gegenwart zu transferieren.

Dabei ist ein spannender Abenteuerfilm für ältere Kinder und Jugendliche entstanden, der es wunderbar schafft, neben der Freundschaft zwischen dem Jungen und der Hündin auch Themen wie Tierwohl, Naturliebe und Umweltproblematik in die Story zu integrieren.

Es wird in dem Film versucht, die handelnden Personen nicht zu Stereotypen werden zu lassen. Natürlich wird Sebastian von ungelenken Stadtkind zu einem Jungen, der sich nicht nur mit einem riesigen Hund anfreundet, sondern er lernt auch, mit den Schafen seiner Großmutter umzugehen und der beginnt, sich in der Bergwelt wohlzufühlen.

Seine Großmutter Corinne steht dem Jungen zuerst ablehnend gegenüber und es wird erst im Laufe des Films deutlich, was hinter ihrer Ablehnung steht, während seine Tante Noémie zwar sofort bereit ist, ihrer Schwester zu helfen und Sebastian aufzunehmen. Sie kümmert sich dann aber nicht um das Kind, sondern lässt es einfach bei ihrer Mutter zurück. Doch alle drei kommen sich näher, wenn sie sich dann in den Bergen, um die Schafherde kümmern und auch versuchen müssen, die herum streichenden Wölfe von ihren Schafen fern zu halten.

Positiv ist, dass der Bösewicht des Films, Gas der Besitzer von Belle, der den Hund regelmäßig quält, nicht wie in vielen Kinderfilmen als Monstrum oder als lächerlicher Schwächling gezeigt wird, sondern als jemand, der versucht, von seinem Vater Yves erlernte patriarchale Strukturen bei dem Hund anzuwenden. Er gibt damit den innerfamiliären Druck, den man in einigen Szenen deutlich sieht, an Belle weiter.

Mit Yves, der versucht Corinne übers Ohr zu hauen und Gas, der seine Unbeherrschtheit am Hund und später auch an Sebastian auslässt, sind die Antagonisten Männer, während die selbstbestimmten Protagonisten Frauen sind, die versuchen, die Traditionen der älteren Generation aufzubrechen.

Neben der recht differenzierten Story lebt der Film vor allem von den fantastischen Naturaufnahmen von Kameramann Gilles Porte, den bemerkenswerten Hundeszenen und den sehr guten Schauspieler:innen – das schließt Robinson Mensah Rouanet in seiner ersten Hauptrolle als Sebastian ein. Als kleiner Kritikpunkt gibt es dann doch ein paar Szenen, die etwas übertrieben sind (Sebastian mit dem Gleitschirm), aber das stört den Gesamteindruck des Films nicht allzu sehr, denn das hohe Erzähltempo bietet jede Menge Spannung in den meisten Actionsequenzen.

BelleSebastian3Die Jury der d
eutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet den Film mit dem Prädikat ″Besonders wertvoll″ aus, da der Film zwar seine heile Welt baut, dabei aber doch Brüche zulässt. Damit ist ″Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer″ ein erstaunlich differenziert erzählter Kinderfilm.

Insgesamt ist das Drama ein gelungener emotionaler Film, mit hohem Erzähltempo und jeder Menge Spannung in ausgesprochen gut funktionieren Actionsequenzen. Er ist für Kinder und Jugendliche absolut sehenswert, begleitende Eltern werden sich ganz sicher auch nicht langweilen.

Foto 1: Sebastian (Robinson Mensah Rouanet) und die Berghündin Belle gehen durch dick und dünn. © Jerome Prebois / Splendid Film
Foto 2: Tante Noémie (Alice David) und Großmutter Corinne (Michèle Laroque) bringen die Schafe jeden Sommer zur Berghütte. © Jerome Prebois / Splendid Film
Foto 3: Sebastian (Robinson Mensah Rouanet) muss seiner Großmutter Corinne (Michèle Laroque) bei der Schafzucht helfen. © Jerome Prebois / Splendid Film

Info:
Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer (Frankreich 2022)
Originaltitel: Belle et Sébastien: nouvelle génération
Genre: Abenteuer, Jugendfilm, Familienfilm, Drama
Filmlänge: 96 Min.
Regie: Pierre Coré
Drehbuch:
Alexandre Coffre und Pierre Coré, nach den Werken von Cécile Aubry
Darsteller: Robinson Mensah Rouanet, Michèle Laroque, Alice David, Caroline Anglade, Syrus Shahidi u.a.
Verleih: Splendid Film GmbH
Vertrieb 24 Bilder
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 05.01.2023