Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. September 2016, Teil 5

Romana Reich

Berlin  (Weltexpresso) – Auf der Berlinale hatte der neuseeländische Film  MAHANA noch den Zusatz: Der Patriarch. Und so wird er auch international genannt. Aber schon richtig, wenn es nun eine Maori-Saga heißt, in der eben die Patriarchen von gestern auch heute noch das Sagen haben.


Die Maori? Das sind die indigenen Bewohner Neuseelands, also diejenigen, die dort seit dem 13. Jahrhundert lebten, während die europäischen Seefahrer in mehreren Schüben das weithin unbewohnte Neuseeland besiedelten und mit den in Stämmen lebenden Maori nichts zu tun haben wollten, aber gerne ihnen ihr Land abnahmen. Heute ist ihr Anteil unter den Einwohnern unterhalb von 15 Prozent. Uns sind sie vor allem durch ihre auffälligen Tätowierungen bekannt.

In den heutigen Zeiten gilt die staatliche Sorge schon länger auch in Neuseeland denen, die in der Moderne Hilfe brauchen. Das ist just das Gegenteil von staatlichem Handeln in Neuseeland vor ungefähr 1960. Aber seither gibt es eine Gerichtsbarkeit für die Maori und einen gesellschaftlichen Schutz. Sogar Entschädigungen sind bezahlt worden und auf die heutigen sieben Stämme aufgeteilt worden, einschließlich des Grundbesitzes.

Das muß man aber gar nicht wissen, wenn man diese Geschichte, die Lee Tamahori, selbst ein Maori, der in Übersee in Hollywood berühmt wurde,  erzählt und die einem Roman eines Witi Ihimaera folgt.  Es geht um einen Clankonflikt: hie die Mahanas, dort die Poatas. Schafscherer sind sie alle. Und sie haben ihr Auskommen, wenn sie die Weißen, die Herren über die großen Farmen sind, beschäftigen.

Und genau darum geht es in diesem Film, der in den Sechziger Jahren spielt, also genau zu der Zeit, die Ausgangspunkt für eine gesellschaftliche Aufwertung der Eingeborenen wurde, aber auch deutlich das soziale Gefüge der Großfamilien, also des Clans zeigt, wo – wie in allen alten bäuerlichen Gruppierungen – der Älteste, hier der Großvater Tamihana Mahana (Temuera Morrison) sagt, was Sache ist. Er ist es, der die Arbeit verteilt und damit jedem in der Familie seinen Anteil zuteilt, sei es ungerecht, gemein oder sonst was.

Und das ist es, wie der Zuschauer gleich mitbekommt. Ja, er, der so oft auf dem Pferd daherkommt, übt irgendwie die Westernregeln auch in Neuseeland aus, daß die Alten die Welt bestimmen. Und daß wir so gegen diesen Altvorderen eingestellt sind, bringt der Film mit sich, der aus der Perspektive des Enkels Simeon (Akuhata Keefe)  erzählt wird, der sich Ungeheuerliches leistet: er verliebt sich in eine aus dem Poata-Clan.

Das ist Anlaß genug, daß seine Kleinfamilie vom Patriarchen verstoßen wird, allerdings unterkommt im Haus, das der Großmutter gehört, die Frauen waren also nicht rechtlos. Allerdings wird Simeons Familie vom Großvater auch das Schafescheren verboten, bzw. er beteiligt sie nicht an den Aufträgen. Aber da gibt es auch noch die einheimischen Wettbewerbe und die Jungen lassen sich nicht unterkriegen, so daß Festgefahrenes in Bewegung gerät…

Eine interessante Geschichte, wo alles Bekannte neu erzählt wird und die mit einer völlig unerwarteten Wendung aufwartet, die vieles erklärt.



Unsere ausführliche Besprechung von der Berlinale:
http://weltexpresso.de/index.php/kino/6591-mahana-der-patriarch