Drucken
Kategorie: Kulturbetrieb
Bildschirmfoto 2018 09 18 um 15.54.0229.8.2018, vormittags 11 Uhr, Presse-Konferenz im Schloßparktheater, Berlin mit Hausherrn Dieter Hallervorden

Wolfgang Mielke

Weltexpresso (Berlin) - Herrliches, spätsommerliches Wetter! Der Hausherr, Dieter Hallervorden, der in wenigen Tagen 83 Jahre alt wird, was man ihm nicht ansieht, im Gegenteil: er strotzt von Spielfreude, Energie und Geistesgegenwart, empfängt die Vertreter der Presse. Gute Gene, nicht nur fürs Theater. Aber ohne ihn hätte es einen regulären, funktionierenden Spielbetrieb in diesem Traditionstheater Berlins nicht wieder gegeben!

2008 erhielt Hallervorden den Zuschlag für das Haus, das er anschließend auf eigene Kosten (1,7 Millionen Euro) renovieren und instand setzen ließ, wofür er vom Senat eine Mietbefreiung auf 5 Jahre erstattet bekam. Aber ordentliche Subventionen erhält das Theater seit nun fast 10 Jahren immer noch nicht. Eine unverständliche Benachteiligung und Hintansetzung im wörtlichen Sinne gegenüber dem BE, dem Deutschen Theater, der Schaubühne, dem Renaissance-Theater und den Opernhäusern ohnehin. Es muss also der Hausherr selbst sein, der dieses Theater mit jährlich ca. 100.000 Euro am Leben erhält. Aus eigener Tasche.

Offenbar wird das Theater, das im Schloßparktheater stattfindet, vom Senat als minderwertig angesehen. Gustaf Gründgens (1899 - 1963), in einem SPIEGEL-Interview gefragt, ob denn Theater auch ohne Subventionen möglich wäre, wobei ihm der SPIEGEL das Beispiel Max Reinhardts (1873 - 1943) nannte, dessen Theater als Aktiengesellschaft geführt wurden, sagte dazu nur: "Der könnte sich heute in keinem Winkel der Bundesrepublik halten." - Denn nicht alle Kosten sind auf die Eintrittskarten umlegbar, um sie in einem noch vielen Zuschauern erschwinglichen Rahmen zu halten. - Daher also die Erfindung der Subventionen; in Dieter Hallervordens Beispiel dagegen die regelmäßigen Selbsteinschüsse. - Zwar mag dieses Theater ein Lieblingskind Hallervordens sein; ein Hobby ist es deswegen noch lange nicht! Dazu auch wird der Stadt mit diesem Haus zu Vieles angeboten.

Neun erfolgreiche Spielzeiten hat Dieter Hallervorden mit seinen Mitarbeitern seit der prachtvollen Wiedereröffnung des Hauses, 2009, hinter sich gebracht; die Presse-Konferenz fand nun zu Beginn der 10. Spielzeit statt. Ein kleines Jubiläum also schon. - Sechs Eigenproduktionen werden in dieser Spielzeit, neben einer Vielzahl qualitätvoller ergänzender Veranstaltungen, herausgebracht werden:

- Zuerst Rolf Hochhuths (*1931) Stück "Der Stellvertreter" (von 1961), das 1963 an der Berliner Freien Volksbühne unter der Regie Erwin Piscators (1993 - 1966) uraufgeführt wurde. (Die Freie Volksbühne spielte zu der Zeit noch im Theater am Kurfürstendamm; das neue Haus in der Schaperstraße wurde erst drei Monate später, am 1.5.1963, eröffnet, die Aufführung dann dorthin übertragen.) - Das Schloßparktheater hat eine eigene Fassung erarbeitet, die die Handlung des Stücks auf ca. eineinhalb Stunden konzentriert. Regisseur ist der erfahrene Philip Tiedemann (*1969). Der Papst Pius XII. wird von Georg Preusse (*1950) gespielt werden.

"Abwechslung ist die Seele des Lebens!" - soll Bismarck (1815 - 1898) geäußert haben. Der berühmte Theaterkritiker Alfred Kerr (1867 - 1948) zitiert diesen Auspruch einmal in seiner Kritik. Das trifft für alle Unterhaltung, Theater, Musik, Malerei zu. Dem ersten Stück über den "Stellvertreter" Gottes auf Erden, das zum dokumentarischen Theater gerechnet wird, folgt die leichte Komödie "Der letzte Raucher", inszeniert von der intelligenten Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Irene Christ (*1966) und gespielt von Johannes Hallervorden (*1998). Zugleich mit dieser Inszenierung wird ein zweiter, intimerer Spielort im Schloßparktheater aktiviert werden, nämlich die Champagnerhalle, der geräumige Festsaal hinter dem reizvollen langgestreckten Foyer. Übrigens 'leicht': Kenner wissen, dass es nichts Schwierigeres im Schauspiel gibt als eine Komödie wirklich gelungen und leicht hinzulegen! (Tragödie ist einfacher, vor allem für uns Deutsche ...)

"Was zählt, ist die Familie" - heißt die Inszenierung, die sich daran anschließt. Anita Kupsch (*1940) und Dagmar Biener (*1946) spielen wesentliche Rollen darin. Inszeniert wird das Stück, das in einer italienischen Familie in New York spielt, von dem Wiener Regisseur Anatol Preissler (*?).

"Monsieur Claude und seine Töchter" werden einige schon durch den gleichnamigen Film kennen, in dem die vier Töchter jeweils in eine andere Ethnie hineinheiraten. Also ein Zeitstück, das ebenfalls von Philip Tiedemann mit einer ansehnlichen Schauspielerriege inszeniert wird; und, wie wir annehmen, intelligenter und weniger plump als im Film.

Es schließt sich an: "Mörder und Mörderinnen", das ebenfalls als Komödie bezeichnet wird. Aber das muss noch näher erklärt werden, ist ungenau. Denn das Stück wird eine freie Weiterentwicklung des Stückes "Die Affäre Rue de Lourcine" (1857) von Eugène Labiche (1815 - 1888) sein. Das Stück ist aber eher eine Groteske als eine Komödie. Komödien-Elemente gibt es darin natürlich. Schon die Grundsituation, die hier nicht verraten werden soll, kann man als ebenso grotesk wie komisch auffassen. Das Stück wurde erst 110 Jahre später, also 1967, in Deutschland erstaufgeführt. Und wer die Aufführung der Berliner Schaubühne von 1988 mit Peter Simonischek (*1946) und Udo Samel (*1953) gesehen hat, wird also auf diese Weiterentwicklung im Schloßparktheater gespannt sein dürfen. Regie führt darin Thomas Schendel (*1956), der gegenwärtig auch als Schauspieler in "Volpone" zu sehen ist; sein Spiel, gleich ob ernst oder komisch, besteht in einem, könnte man sagen, wehleidig-kalten Expressionismus.

"Ruhe, wir drehen!" heißt die sechste Inszenierung der Spielzeit 2018/19; ein Stück, das Dieter Hallervorden aus dem Französischen, - und wie er sich bestätigen ließ: brauchbar - übersetzt hat. Die Stars, die in dieser Inszenierung spielen werden, stehen aber noch nicht fest, es wird gegenwärtig noch verhandelt, und daher herrscht hier noch Schweigen, das natürlich Neugierde und Spannung erzeugt, - die aber so vom Spielplan 2018/19 eingelöst werden wird.

Foto:
© Wolfgang Mielke