k handwerk und designPodiumsgespräch mit Christine Ax, Martin Bereuter, Amelie Klein und Kai Linke im Museum Angewandte Kunst Donnerstag, 22. November 2018, 19 Uhr

Sybilla von Suden

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Sind Design und Handwerk unvereinbare Disziplinen, wie einige Kritiker*innen behaupten? In der Geschichte des Designs hat es immer wieder Ansätze gegeben, die Zusammenarbeit zwischen Handwerker*innen und Gestalter*innen ins Zentrum der ästhetischen Praxis zu stellen – dafür standen in der Vergangenheit namhafte Institutionen wie das Bauhaus, die Deutschen Werkstätten Hellerau oder die Ulmer Hochschule für Gestaltung. Heute, wo als Gegenbewegung zur Wegwerfgesellschaft der Wunsch nach Erzeugnissen aus regionalen und ressourcenschonenden Produktionsverfahren wächst, erlebt das Zusammenwirken von Handwerk und Design eine neue Blüte. Das Museum Angewandte Kunst lädt am Donnerstag, den 22. November 2018, zu einem Podiumsgespräch ein.

Es soll diskutiert werden, wie es über den aktuellen Trend hinaus möglich ist, handwerkliche Dinge mit Designqualität zu schaffen, die den Zeitgeist und gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen. Bedarf es hierfür eines neuen Verständnisses von Handwerk und Design und wie ändern sich dadurch die Rollen von Designer*innen und Handwerker*innen? Und welche Form von Kulturvermittlung ist nötig, um die Entwicklung von handwerklichen Techniken und Fähigkeiten sowie regionale Fertigungsmethoden zu fördern?

Darüber diskutieren die Philosophin und Ökonomin Christine Ax, die Kuratorin Amelie Klein, der Architekt und Tischler Martin Bereuter und der Gestalter Kai Linke und geben zahlreiche Praxisbeispiele aus ihren unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern.

Zum Auftakt wird Amelie Klein Einblicke in die von ihr co-kuratierte Ausstellung Victor Papanek: The Politics of Design und somit in das Schaffen von Victor Papanek geben, der seit den 1960er Jahren als einer der wichtigsten Vordenker eines sozial und ökologisch orientieren Designansatzes gilt. In seinem Schlüsselwerk „Design for the Real World“ (1971) plädiert Papanek für Inklusion, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Anschließend wird Christine Ax ihren Ansatz von „Handwerk als Chance für Nachhaltigkeit“ vorstellen. Martin Bereuter und Kai Linke berichten vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Tätigkeiten über die Verbindung von Handwerk und Gestaltung. Dabei wird Bereuter sowohl seine eigene Arbeit als auch den vom Werkraum Bregenzerwald ausgelobten Wettbewerb „Handwerk + Form“ vorstellen, während Linke Einblicke in sein Wirken als Designer und Lehrender an der Kunsthochschule Kassel gibt. Darüber hinaus wird Linke über seinen Aufenthalt in Kyoto/Japan berichten, wo er spezialisierte Handwerksbetriebe besucht und sich mit traditionellen Materialien und manuellen Fertigungstechniken auseinandergesetzt hat.

Auf dieser Basis soll eine neue Arbeit entstehen, die bewusst auf digitale oder maschinelle Hilfsmittel verzichtet. Anschließend ist das Publikum dazu eingeladen, gemeinsam mit dem Podium zu diskutieren: über die Ausgangsfragen des Abends, die gehörten Beiträge und darüber, welcher Haltung es im Design, im Handwerk und in der Gesellschaft bedarf, um der Überproduktion globaler Märkte und dem überbordenden Konsum entgegenzuwirken.

Es moderiert Nicole Hohmann.

Podiumsgäste

Christine Ax (* 1953) ist Autorin, Ökonomin und Philosophin. Handwerk als Chance für Nachhaltigkeit: Mit diesem Aspekt hat sich Ax seit Jahrzehnten aus vielen Perspektiven beschäftigt – historisch, ökonomisch, philosophisch und natürlich auch ökologisch. Einen umfassenden Überblick über ihre Arbeiten gibt ein Aufsatz von Gert Hasenhütl, der im Journal of Modern Craft, Band 11, 2018 erschienen ist.

Martin Bereuter (*1973) ist Architekt und Tischler. Er lebt und arbeitet in Vorarlberg. Mit seiner Werkstätte entwickelt und realisiert er Möbel, Einrichtungen und Ausstellungen. Die Kooperation mit Handwerkern, Gestaltern und Künstlern ist wesentlich für seine Arbeitspraxis. Bereuter ist zudem Obmann vom Werkraum Bregenzerwald.

Amelie Klein (*1971) ist seit 2011 Kuratorin am Vitra Design Museum in Weil am Rhein, wo sie zuletzt an der internationalen Wanderausstellung Victor Papanek: The Politics of Design arbeitete. Klein war zweimal für den ART-Kuratorenpreis nominiert, einen vom gleichnamigen Magazin ausgeschriebenen Preis für die besten Ausstellungen des Jahres. Vor ihrer Tätigkeit am Vitra Design Museum absolvierte Klein in New York ein Studium in Design Criticism, davor war sie rund zehn Jahre lang als Designjournalistin tätig.

Kai Linke (*1980). Der Frankfurter Gestalter arbeitet mit seinem 2009 gegründeten interdisziplinären STUDIO KAI LINKE an der Gestaltung von Produkten, Ausstellungen, Interieurs und Objekten für den öffentlichen Raum. Seine Entwürfe wurden vielfach ausgezeichnet und sind in zahlreichen Sammlungen zu finden. Er war Stipendiat der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart und lehrt seit 2014 an der Kunsthochschule Kassel Möbel- und Ausstellungdesign mit Prof. Gebert. 2018 hat er ein Arbeitsstipendium an der Villa Kamogawa in Kyoto/Japan.

Mit der Podiumsreihe Blickwechsel – Zukunft gestalten ergänzt das Museum Angewandte Kunst Fragen nach einer guten Gestaltung um die gesellschaftliche Perspektive. Die von der Kunsthistorikerin und freien Kulturgestalterin Nicole Hohmann gemeinsam mit dem Museum entwickelte Reihe diskutiert vierteljährlich aktuelle Fragestellungen nachhaltiger Entwicklung. Die Veranstaltungen ermöglichen ein Zusammentreffen zwischen Expertinnen und Experten, Besucherinnen und Besuchern, die sich den wechselnden Inhalten kritisch widmen und die so den Diskurs zu ökologischen und sozialen Themen erweitern.

Foto:
Schreiner Philipp von Manz aus Breitenberg zeigt sein Können in
© muenchen.de

Info:
Der Eintritt zum Podiumsgespräch beträgt 5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro.
Eine Veranstaltung im Rahmen der Podiumsreihe Blickwechsel – Zukunft gestalten. Blickwechsel – Zukunft gestalten wird gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
www.museumangewandtekunst.de