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Kategorie: Kulturbetrieb
gartengrunDer Neue Städel Garten in Frankfurt wartet mit Überraschungen auf, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Es kann nur schöner werden“, war sich Nicolai Levin vom Büro Levin Monsignyy sicher, Gartenarchitekten aus Berlin und durch die Gestaltung der Museumsinsel Berlin bekanntgeworden, als er sich den Vorplatz des Städel anschaute und dem Städeldirektor Philip Demandt seine Neugestaltung zusagte. „Es kann nur schöner werden“, denkt man unwillkürlich, wenn man die noch kümmerlichen, gerade erst im Rasen in ausgehobenen Quadraten eingesetzten Efeupflanzen, weiße Röschen......anschaut.

Aber mit Phantasie und efeuerfahren, kann man sich gut vorstellen, wie das werden wird und ist sicher, daß der Efeu so dominieren wird, daß die anderen Pflanzen froh sind, noch ans Licht zu kommen. Das wird Narzissen im Frühjahr, Zierlauch im Sommer und Schmetterlingsflieder im Herbst sicherlich gelingen.

st 3erIm Ernst. Es konnte nur schöner werden und ist schon deshalb schöner geworden, denn in den letzten Jahren war der gesamte Vorplatz und die Rasenflächen des durch einen hohen eisernen Zaun umrandeten Museums Baustelle, bzw. Baudepot für die ununterbrochenen baulichen und kunstoptimierenden Maßnahmen des Städel. In der Erinnerung fing es mit der Sanierung der Infrastruktur des Gebäudes an, Heizung, Klimaanlage, etc. verbunden mit einer Neugestaltung der Räume durch intensive farbliche demandtGestaltung, neue Hängung etc. Dann kam das Großereignis mit der Untertunnelung, dem großen unterirdischen Erweiterungsbau, Gartenhallen genannt, mit den 195 kreisrunden Lichtquellen von oben mit einem Durchmesser von bis 2, 5 Metern, die in der Rasenfläche des Gartens hinter dem Städel sogar betreten werden dürfen.

Doch dann ging es erst richtig los!  Doch zuvor ein kurzer Blick zurück zum durch den Krieg verheerend zerstörten Altbau von 1878, der von Oskar Sommer im Stil der Neorenaissance – in einem Atem mit dem schon gebauten Frankfurter Hof, dem bald folgenden Frankfurter Opernhaus und 1888 dem Frankfurter Hauptbahnhof - , als Gemäldegalerie für das 1815 gegründete Städel errichtet wurde und fortlaufend Anbauten erhielt. Im Nachhinein kann man die gestalterische Qualität der durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten Seitenteile und der Hauptfassade nach den Plänen von Johannes Krahn nur bewundern. Der Wiederaufbau mitsamt der vorkragenden Risalite war 1963 abgeschlossen und gibt dem Gesamtgebäude eine durchaus strenge klare Struktur, was 2019 in einer Mainufer- Fassadenrestaurierung mit Erneuerung der Fenster fortgesetzt wurde, was sich jetzt auch – positiv - auf die Gartengestaltung des Vorplatzes, der wie gesagt seit vielen vielen Jahren Bauplatz war, auswirkt.

PflanzenDafür haben die Gartenarchitekten eine interessante Lösung gefunden. Der bisher zum Main leicht abfallende Boden wurde bei den Rasenflächen rechts und links des repräsentativen Eingangs mit Steintreppen auf eine Ebene angehoben. Das sieht garten rechtsman sofort an den Begrenzungen der Rasenflächen, die sich von einer normalen Begrenzung zu einem kleinen Mäuerchen steigern. Und auch die vertieften Felder im Rasen, in denen die Skulpturen stehen und -wie ausgeführt - noch auf das Wachsen der frischen grünen Pflanzen warten, sind verständlich. Angesichts dessen, daß es hierzulande nie mehr regnet und jeder Garten ausgetrocknet erscheint, freut einen hier die saftig grüne Rasenfläche, die man sogar betreten darf! Und umwelt- und trinkwasserschonend wurden zwei Zisternen zur Regenwassergewinnung und Bewässerung für Rasen und Planzen errichtet.

Frankfurter seiteAlle nicht Rasenflächen, der eigentliche Vorplatz und der Weg um rechts die Ecke (oben inks im Bild) sind einheitlich gepflastert. Die Pflasterung besteht aus Basaltlava aus Mayen/Eifel. Diese ist besonders hart und kann die schweren Aufbauten und Fahrzeuge, die bei Ereignissen wie dem Museumsuferfest nötig sind, aushalten. Überhaupt sind bei allen Maßnahmen sowohl die Funktionalität wie auch Klimaüberlegungen berücksichtigt. Alles wurde auf LED-Beleuchtung umgerüstet.

Es stimmt ja, womit Hausherr Philipp Demandt die Pressekonferenz, auf der der Neue Garten vorgestellt wurde, eröffnete, daß dieser Vorplatz das Entrée des Städels sei, gewissermaßen der erste Ausstellungssaal, was die 14skyline Skulpturen auf insgesamt 5 200 Quadratmetern vormachen. Bisher sei in TV Aufnahmen vom Städel immer dessen Rückseite ins Bild gekommen, jetzt aber könne endlich die ansehnliche Vorderseite punkten.

hlbeinDas gilt ja nicht nur für die Fernsehzuschauer. Auch, wer am Schaumainkai vorbeiläuft, dem Sachsenhäuser Teil des Musumsufers beidseitig des Mains, wagt sicher einen Schritt durch die Tore, die Kassen zum Museumseintritt befinden sich ja erst im Gebäude. So ist das auch gedacht, daß sich nicht nur Museumsbesucher am Neuen Garten erfreuen, denn jetzt kommt das Besucherfreundlichste. Es sind auf den Rasenflächen vor dem Gebäude und rechts um die Ecke bis zum Städelanbau, dem Peichlbau, in dem derzeit übrigens die wirklich interessante Ausstellung „FREI.SCHAFFEND. Die Malerei Ottilie W. Roederstein“ gezeigt wird, formschöne Stühle, Bänke und Sitzgruppen aufgestellt, in Schwarz, was weniger auffällt als Weiß, aber bei solchem Wetter ein so deutliches Signal aussendet, daß unmittelbar nach der Pressekonferenz auf jeden Fall alle sehr formschönen und dazu bequemen Stühle besetzt waren. Hier dürfen die Leute auch ihre Mitbringsel essen und trinken.

dachDas alles ist ohne Museumskarte möglich. Die kommende Sensation allerdings erfordert eine Karte für’s Städel: es wird ab Ende August eine Besucherterrasse auf dem Dach des Städel gebaut, was mit Kranaufstellung aufwendig werden jetziges dAchwird, denn dort oben sind derzeit Aufbauten ohne Funktion, was abgetragen werden kann und muß. Wir Journalisten durften schon einmal auf abenteuerlichen Treppen hochsteigen und ein Panorama bewundern, das auf den oberen Fotos festgehalten wurde,  von dem man heute schon weiß, daß es die Skylinefotos um eine neue Perspektive erweitert. Wirklich sensationell, da oben zu stehen und einen Blick auf das Hochhauspanorama, nein, nicht zu werfen, sondern sich satt zu sehen an der vielgliedrigen Silhouette. Nein, eine Bewirtung wird es bei der Öffnung im Sommer 2023 da oben nicht geben – und eigentlich ist man froh drum. Wie das mit den mitgebrachten Broten und Getränken sein wird, muß man sehen. Auf jeden Fall wird dem Städel damit ein weiterer Besuchermagnet zukommen.

Und noch eine Baumaßnahme, eine fertige, konnte der Städeldirektor sehr zufrieden verkünden. Links der Eingangstreppe, des Haupteingangs, wurde eine Aufzugsanlage für mobilitätseingeschränkte Besucher eingebaut, der direkt in die Eingangshalle zu den Kassen und Informationen führt. Allein dieser, sehr schwierige Einbau kostete über 600 000 Euro. Daß die Neugestaltung des Gartens allein rund 3 Millionen gekostet hat, ist leicht zu verschmerzen, weil alles durch private Spenden finanziert wurde.

Auf die Skulpturen, den kunstgeschichtlichen Teil des Neuen Städelgartens gehen wir im Folgeartikel ein, aber man kann auch ohne die Kunst sagen, daß der Neue Garten schöner geworden und sicher ein angenehmer Aufenthaltsort für viele wird, ja schon ist. Und vielleicht fällt für den einen oder anderen auch die Hemmung vor einem Museumseintritt weg, denn nach wie vor ist ins Museum zu gehen, kulturelle Praxis, die man erwerben muß, wenn sie einen nicht in die Wiege gelegt wurde.

P.S. Es gab schon mal einen Gartenaufbruch vor Jahren. Das war der Kräutergarten rechts des Städels, den die verstorbene Frau des ehemaligen und nun auch verstorbenen Städeldirektors Klaus Gallwitz angelegt hatte und eine barocke Anmutung ausstrahlte, in letzter Zeit allerdings nicht mehr gepflegt wurde. Demandt betonte, er habe Gallwitz extra angerufen und ihm die Sachlage geschildert, der die Auflösung dieses Kräutergartens bedingt. Er habe aus vollem Herzen zugestimmt. Das ist schön, auch, daß Demandt noch mit ihm telefonieren konnte.

Fotos:
©Redaktion