fullerGÖTTINNEN DES JUGENDSTIL. Eine kurzweilige Ausstellung im Schloß Karlsruhe bis 19. Juni 2022, Teil 5

Claudia Schulmerich

Karlsruhe, (Weltexpresso) - Wir wollen nicht vergessen, weiterzuschreiben, denn die Ausstellung geht ja noch bis über Mitte Juni! Und es kommen hoffentlich bessere Zeiten, wo man sich leichter auf den Weg macht, um Ausstellungen zu besuchen! Zumal dies eine ist, die wirklich Spaß macht, wenn man die Bandbreite der Ausstellungsobjekte betrachtet.

Und richtig, es geht nicht nur um Kunst im herkömmlichen Sinn wie Raffael und Dürer, das auch, aber es geht auch um die Kunst, in einem bestimmten Gewerbe einzigartig zu werden, ja dieses überhaupt erst zu propagieren. Und wenn wir GEWERBE schrieben, so mit Absicht, denn es ist schon lustig, daß dieses alte deutsche Wort, dessen Substantivierung aus dem Verb werben erwuchs, was wiederum ‚bewegen, drehen, sich bemühen, tätig sein, betreiben‘ bedeutete, und erst einmal im Gewerberecht, dem Gewerbegebiet etc. uns offiziell entgegenkommt, dann gleich mit entsprechenden Adjektiven eine völlig andere Bedeutung erhält: das älteste Gewerbe der Welt!

Jeder versteht das, was ja eigentlich unverständlich sein müßte, mit dem Begriff horizontales Gewerbe heute längst auch eingedeutscht liegendes Gewerbe genannt wird, die käufliche Liebe, so zusagen wertneutral, aber mit Hurerei schon eindeutig abgewertet und mit Prostitution sozusagen versachlicht und in den Bereich der Besteuerung gelangt. Was das mit Jugendstil zu tun hat? Zumindest das eine, daß Frauen in dieser Epoche, also vor und nach 1900, sehr viel wagemutiger als zuvor sich als handelnde Menschen verstanden und, obwohl die Frauenrolle einer selbständigen, geschäftsfähigen, kreativen, eigensinnigen, künstlerisch begabten Person noch nicht en vogue war als gesellschaftliches Modell als Frauenemanzipation noch nicht verallgemeinert war, einfach taten, wozu sie begabt waren und wozu sie Lust verspürten.

fuller2Fangen wir mit Loïe Fuller(1862-1928) an, die Sie in der Ausstellung tanzen sehen können. Und wenn sie die wirbelnden Seidenwolken betrachten, die sie bei ihrem Schlangentanz produzierte, wirklich ein wunderschöner, den Alltag vergessen machender Seidentraum, dann wissen Sie auch, wie ein Richard Strauss in seiner Salome auf den

Daß Loïe Fuller damit nur aufnahm, was seit der Antike an Schleiertänzen bekannt ist, ist nicht wichtig, sie war innovativ, in dem sie den Schleier vergrößerte und auf ihn Lichteffekte projizierte, was andere aufnahmen, auch Mata Hari. Das waren Ausdruckstänze, die die Welt eroberten und auch zurückführten nach Ägypten, woher sie einst kamen. Es war das Orientalische am Schleiertanz, was die westliche Welt goutierte und was eine andere Amerikanerin, Maud Allan zu ihrem Markenzeichen machte.

Denn für uns ist der Schleiertanz natürlich mit dem der SALOME von Richard Strauss verbunden, wozu man eigentlich sagen müßte mit der SALOME von Oscar Wilde, was ja die szenische Grundlage ist. Der Tanz der Salome, den Herodes sich wünscht, ist ein Sieben-Schleier-Tanz, der eigentlich damit endet, daß ein Schleier nach dem anderen abgeworfen wird, was aber nicht sein muß, auch wenn nicht alle Schleier fallen (bei Moreaus Salome (18877)ist es allerdings genau so!), gehört diese Musik zum Erotischsten, das je komponiert wurde. Wußten Sie, daß die Figur der Salome auf viel ältere vorderasiatische Mythen zurückgeht. Die Salome heißt auch Friede (Schalom) und war als Priesterin in Wahrheit eine Göttin, die hinabsteigen konnte in die Unterwelt.

kerzevorneAber zurück zu Loïe Fuller und ihrem Gewerbe, das sie selbsttätig entwickelte, was auch die Voraussetzung für die Selbstständigkeit ist: Heute heißt es: „Ein Gewerbe ist jede erlaubte wirtschaftliche selbständige Tätigkeit, die auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf eine gewisse Dauer mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird“ und wird damit deutlich abgegrenzt zum Begriff des freien Berufes. Künstler können beides sein.

Bleiben wir bei endlich bei Loïe Fuller, der Künstlerin, Erfinderin und Unternehmerin! Sie war in Amerika schon eine Berühmtheit, als ihr gesagt wurde, wenn sie ein Weltstar werden wolle, ginge das nur in Paris. Sie ging nach Europa, trat aber zuerst in der WALDBÜHNE in Berlin auf, dann in Paris ab 5. Dezember 1892 in den Folies Bergère mit ihren Tänzen, von denen der Serpentinentanz der berühmte wurde, den sie 1893 mit Kostüm, Bewegungsabläufen und ‚Aber zurück zu kerzehintenLoïe Fuller und ihrem Gewerbe, das sie selbsttätig entwickelte, was auch die Voraussetzung für die Selbstständigkeit ist: Heute heißt es: „Ein Gewerbe ist jede erlaubte wirtschaftliche selbständige Tätigkeit, die auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf eine gewisse Dauer mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird“ und wird damit deutlich abgegrenzt zum Begriff des freien Berufes. Künstler können beides sein.

Bleiben wir bei endlich bei Loïe Fuller, der Künstlerin, Erfinderin und Unternehmerin! Sie war in Amerika schon eine Berühmtheit, als ihr gesagt wurde, wenn sie ein Weltstar werden wolle, ginge das nur in Paris. Sie ging nach Europa, trat aber zuerst in der WALDBÜHNE in Berlin auf, dann in Paris ab 5. Dezember 1892 in den Folies Bergère mit ihren Tänzen, von denen der Serpentinentanz der berühmte wurde, den sie 1893 mit Kostüm, Bewegungsabläufen und  Bühnenvorrichtungen zur Erzeugung von Illussionseffekten in Paris und London patentieren ließ. Übrigens hat sie nicht nur den damaligen Schleiertanz erfunden, als eine richtige Choreographie entwickelt, sondern hat die in inhaltliche Zusammenhänge gebracht: Geschichten erzählt. Und darum muß auch gesagt werden,d aß ihre Darstellung der Salome mit ihren Schleiern im Tanz schon zehn Jahre auf der Bühne stattfand, bevor Richard Strauss seine Salome und seinen Schleiertanz auf die Bühne brachte.

Wichtig bleibt, daß dazu der Ort Paris nötig war, damals kulturelle Hauptstadt der Welt, den ja etwas später auch eine weitere amerikanische Tänzerin zur Berühmtheit werden ließ: Josephin Baker (1906-1975). Doch da sind wir über die Epoche des Jugendstils längst hinaus, das nannte sich dann Ausdruckstanz, aber der Bühnenauftritt der Fuller, das sie in der Ausstellung in einer Filmaufnahme bewundernd betrachten können, hat dem ganzen Genre des Tanzes eine neue Bühnenpräsenz beschert.

Zurück zu Paris. Die Fuller zeigt in ihren Choreographien mit den meterlangen Seidenstoffen ein Urmotiv des Jugendstils französischer Richtung: die Rundung, die Bewegung, die fließende Linie, die Linie überhaupt. Das zeigt uns, daß wir doch noch einmal auf ART NOUVEAU und den JUGENDSTIL eingehen müssen.

Fortsetzung folgt

Fotos:
Fuller ©Badisches Landesmuseum
Der Kerzenleuchter hat nichts mit dem Text, aber alles mit dem Jugendstil zu tun. Der versilberter Kerzenleuchter ist reinster floraler Jugendstil. Hält man ihn in der Hand, funktioniert er wie ein Handschmeichler. Er ist so austariert, daß er trotz einer langen Kerze nicht umfällt. Er wurde von mir 1979 in Polen gekauft, wo der Jugendstiil sehr verbreitet war. 
©privat


Info:
18.12.2021 –19.6.2022
„Göttinnen des Jugendstils“
Sonderausstellung, Schloss Karlsruhe
Di – So, Feiertage 10 – 18 Uhr,
25. und 31.12. geschlossen, 1.1. ab 13 Uhr geöffnet
12 Euro, erm. 9 Euro, Kinder 4 Euro
www.landesmuseum.de
Es gibt einen Katalog, den wir noch vorstellen