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Kategorie: Kunst
IMG 0606Die 59. Biennale in Venedig, Teil 9

Hanswerner Kruse & Hannah Wölfel

Venedig (Weltexpresso) - Heute wollen wir (uns) an die Pavillons der Laänder Deutschland und Slowenien  erinnern, die wir bisher noch nicht besprochen hatten.

Einer der schönsten Pavillons der Nationen befindet sich in einer großen Halle im Arsenale. Hier im slowenischen Pavillon herrscht rabenschwarze Nacht, der Boden ist mit feinem Sand bedeckt, rundherum an den Wänden leuchten surreale Bilder aus der Dunkelheit. Gehörnte und andere fremdartige Wesen, die auf Menschen treffen. Ein Fisch aus dem ein Nikolaus schaut. Seltsame, noch nie entdeckte Landschaften. Zu leisen elektronischen Klängen taucht man sofort in eine andere Welt ein, bekommt das Gefühl unter Wasser zu schweben oder zwischen Wolken zu treiben. Doch Wasserlandschaften zeigen lediglich zwei der durch Strahler beleuchteten Gemälde auf Leinwänden, es sind keine Lichtkästen wie man zunächst vermutet.

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wpo IMG 0607Die slowenischen Kuratoren haben das Thema der Hauptausstellung dieser Biennale aufgegriffen und in Szene gesetzt: „Die Milch der Träume“. Genau diesen ästhetischen Anspruch setzt die Installation um, wie in einem Traum erlebt man die „milchige“ surreale Welt, in die uns Marko Jakše mit seinen Arbeiten entführt.
Zitat:
„In dem Kinderbuch „The Milk of Dreams“ beschreibt die Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011), eine magische Welt, in der sich jeder verändern, transformieren, etwas oder jemand anderes werden kann. Die Ausstellung The Milk of Dreams nimmt Carringtons jenseitige Wesen und andere Verwandlungsfiguren mit auf eine imaginäre Reise durch die Metamorphosen von Körpern und Definitionen des Menschen.“
Kuratorin Cecilia Alemani

Wir hatten ja schon gesagt, dass die Ausstellungen der Länder in den angemieteten oder eigenen Gardini-Gebäuden frei gestaltet werden (können) und parallel zur kuratierten Biennale-Schau mit ihrem Thema gezeigt werden. Deshalb ist diese gelungene thematische Verknüpfung des slowenischen Pavillons nicht selbstverständlich.

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Überraschend war unser Besuch im deutschen Pavillon. Im Laufe der Jahrzehnte wurden viele Ausstellungsgebäude der Nationen in den Giardini seit 1895 umgebaut oder ausgeweitet. Auch das deutsche Haus war einst ein kleiner bayrischer Bau und wurde später von den Nazis zu einem Monument der Herrenmenschen aufgeblasen. Damit setzten sich bereits einige Kunstschaffende auseinander, die mit der Gestaltung des deutschen Pavillons betraut wurden. Anne Imhof ließ 2017 das Haus von Schäferhunden bewachen und zog Glasscheiben als Böden und Wände ein, unter und hinter denen ihre Performances, abgesondert und doch wahrnehmbar - wie einst die Verbrechen der Nazis - stattfanden. Hans Haacke hackte 1993 die Fußböden auf, damit man in das Fundament der Vergangenheit sehen konnte.



Ähnliches unternahm auch die diesjährige Konzeptkünstlerin Maria Eichhorn, die zur Gestaltung des Pavillons ausgewählt wurde. Recht lustlos sind wir um und in das Gebäude gegangen, um die Spurensuche der Künstlerin nachzuvollziehen. „Im deutschen Pavillon gibt es wie immer viel zu denken“, meinte Sandra Danicke in der Frankfurter Rundschau zur Vorankündigung. Das mag wohl sein, aber Eichhorn ästhetisierte ihre Eingriffe in Wände und Böden, um die Geschichte des Hauses spürbar zu machen. Dazu ließ sie richtig tief die Fundamente freilegen.Wie immer hat sie akribisch ihre Recherche dokumentiert, der Katalog mit 400 Seiten muss jedoch nicht hinzugezogen und gelesen werden, um ihre Arbeit zu erfassen.

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Fotos:

(c) Hanswerner Kruse

Info:
Die 59. Biennale dauert noch  bis zum 27. November 2022.
Weitere Infos

Bisherige Berichte:
Zum achten Teil
Zum siebten Teil
Zum sechsten Teil
Zum fünften Teil
Zum vierten Teil
Zum dritten Teil
Zum zweiten Teil
Zum ersten Teil