Drucken


Die extrem nahen Bild-Ausschnitte irritieren ebenso wie weiße Leerstellen, verwischte Gebilde oder unwirkliche Licht- und Schatteneffekte. Diese visuelle Herausforderung wird durch die dick aufgetragenen, seltsam matten und pastösen Farben noch erheblich gesteigert. Man möchte die schroffen Bildoberflächen berühren, über sie streichen - die Werke haben ebenfalls eine stark haptische Anmutung. Erstaunlicherweise hat Rausch nichts dagegen, dass der Besucher seine Arbeiten berührt, um diese zu „begreifen.“

hwk jens rausch 2 1„Wir treffen uns gewissermaßen auf der Leinwandoberfläche“, erklärt der Maler einige Wochen später im Gespräch. „Ich will im künstlerischen Gestalten naturhafte Kreisläufe verstehen, dazu male und gestalte ich sie mit dem Pinsel auf der Leinwand.“ Mit den Händen zeichnet er beim Erzählen ringförmige, gegenläufige Bewegungen in die Luft, um die natürlichen Prozesse des Werden und Vergehens darzustellen, die ihn interessieren. Klar, wenn er genau formulieren könnte, was ihn daran so sehr interessiert, müsste er die Kreisläufe nicht in der Kunst erforschen. Seine Bilder haben eine große Tiefe, „einen unwägbaren Rest“ (Adorno), der auch die Betrachter berührt und fasziniert. Rausch ist in der Nähe eines Waldes aufgewachsen - Wälder sind für ihn Entdeckungs- und Sehnsuchtsorte geblieben, wie er sagt, sie machen ihn neugierig, regen ihn an.

„Die benutzte Asche sind verbrannte Bäume, das eingesetzte Bitumen war vor Millionen Jahren mal ein ganzer Wald...“ Auch wenn der Maler viel über Kreisläufe spricht und seine künstlerische Arbeit sehr intensiv reflektiert, so ist er kein Konzeptkünstler. Jedoch ist er auch nie Geschichtenerzähler, selbst wenn seine Bilder, wie in der Serie „Nachtschatten“, bisweilen schauerlich und märchenhaft wirken. Seiner Arbeit gehen keine Konzepte, sondern Neugier und sinnliche Wahrnehmung voraus. „Erst im Nachhinein verstehe ich dann meine Bilder“, sagt er.

Zum Gestalten verwendet Rausch in der Malerei unübliche Gemische aus Asche, Ruß oder Eisenoxid mit Öl sowie Bitumen. Diese Mittel stammen aus naturhaften Prozessen und sind selbst mitunter noch Veränderungen unterworfen, Bitumen beispielsweise arbeitet auf der Leinwand weiter. Gelegentlich verändert er mit Feuer seine Bilder. Nicht durch kräftige Farben, sondern durch das Material selbst entstehen bei ihm lebendige Malereien. Selbst im Stillleben mit vertrockneten Pflanzen, die sich auf van Goghs sattgelbe Sonnenblumen beziehen.

Rausch hat „schon immer“ gerne gemalt, doch nach dem Abitur studierte er an der Fuldaer Fachhochschule Soziale Arbeit und hoffte, künstlerische Mittel als Medium in seiner beruflichen Tätigkeit nutzen zu können. Das gelang ihm, schließlich führte ihn seine sozialpädagogische Tätigkeit sogar nach Hamburg, wo er in der Psychiatrie tätig war. „Nachts habe ich gemalt, tagsüber gearbeitet, irgendwann ging das nicht mehr“, erinnert er sich.

Seit 2016 wirkt er als freier Künstler und findet mit seinen Werken viel Anerkennung. „Reich werde ich dadurch nicht“, meint er lachend, „aber es ist ein Glück, dass ich von meiner außergewöhnlichen Arbeit leben darf.“ Der Maler macht viele Ausstellungen und freut sich, dabei unmittelbares Feedback zu bekommen. Auch in Landenhausen hat er zwei große Bilder verkauft.

Fotos: 
© Jens Rausch

Info:
Übersicht zu den verschiedenen Werkgruppen bei www.jensrausch.de