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Marlice Hinz und Ernst Dryden, zwei der führenden Zeichner der Dame, sind mit umfangreichen Werkgruppen in der Grafischen Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) vertreten. Die Ausstellung zeigt zum ersten Mal etwa 150 Zeichnungen der beiden Illustratoren aus den Jahren 1920 bis 1935.


„Ein deutsches Journal für den verwöhnten Geschmack“

So lautet der Untertitel der Berliner Zeitschrift Die Dame. 1912 vom Ullstein Verlag gegründet, entwickelt sie sich zu einer der führenden Zeitschriften der 1920er Jahre. Sie erscheint wöchentlich und wendet sich vor allem an ein weibliches Publikum. Die moderne Frau der Weimarer Republik gibt sich weltoffen. Auch aus heutiger Sicht erscheint das Frauenbild erstaunlich modern und emanzipiert. Zahlreiche Autoren wie Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Arthur Schnitzler veröffentlichten hier ihre Texte. Künstler und Künstlerinnen wie der sozialkritische Maler George Grosz, die Berliner Collage-Künstlerin Hannah Höch oder die Fotografin Madame d’Ora senden Arbeiten ein. Besonders die Titelbilder gehören zu den begehrtesten Aufträgen für Künstler. Die polnische Malerin Tamara de Lempicka schafft ihr berühmtes Selbstbildnis im grünen Bugatti ursprünglich als Titelbild für Die Dame. Neben den freien Mitarbeitern gibt es Illustratoren, die regelmäßig Zeichnungen zu vereinbarten Themen fertigen. Zu ihnen gehören Marlice Hinz und Ernst Dryden. Der Ullstein Verlag wird 1937 enteignet, und Die Dame erscheint fortan im Deutschen Verlag. Sechs Jahre später wird die Produktion eingestellt.


Marlice Hinz (1903–1978)

Geboren 1903 in eine gutsituierte Berliner Familie, beginnt Marlice Hinz mit 18 Jahren ein Studium an der privaten Kunstschule Reimann und lernt dort zunächst das Schneiderhandwerk. An der renommierten Schule legt man besonderen Wert auf Mode und Illustration. Nach dem Studium gibt Marlice Hinz das Schneidern auf und wendet sich der Illustration zu. Als Modeillustratorin hat sie schnell Erfolg; ihre feinen Federzeichnungen in schwarzer Tusche treffen den Geschmack der Zeit. Sie erhält Aufträge von Modehäusern und Verlagen und veröffentlicht ihre Zeichnungen in vielen Zeitschriften der Weimarer Republik, darunter Die Jugend, Die Form, oder Sport im Bild. Daneben schafft sie eine größere Zahl von Zeichnungen für Anzeigen und Prospekte. Mit dem Ullstein Verlag und der Zeitschrift Die Dame hat sie einen festen Vertrag und liefert regelmäßig Illustrationen für redaktionelle Beiträge. 1928 heiratet Marlice Hinz und zieht nach

Hamburg, von wo aus sie weiter für Berliner Modemagazine arbeitet. Nach 1933 ist sie zunehmend weniger gefragt, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg – sie ist damals erst Anfang vierzig – gelingt es ihr nicht, an ihre früheren Erfolge anzuschließen. Marlice Hinz stirbt 1978 in Hamburg. 2015 erhält das MKG von ihren Erben Bibi und Fritz Chrambach den zeichnerischen Nachlass als Schenkung.


Ernst Dryden (1887–1938)

Der am 1887 in Wien als Ernst Deutsch geborene Dryden gehört zu den gefragtesten Modezeichnern seiner Zeit. Seine Lehre absolviert er bei Gustav Klimt in Wien, zieht aber 1910 nach Berlin und beginnt eine erfolgreiche Karriere als Plakatkünstler. Am ersten Weltkrieg nimmt er abenteuerlustig als österreichischer Kampfpilot teil. Als man ihn in Berlin des Plagiats bezichtigt, ändert er seinen Namen in „Dryden“ und kehrt zurück nach Wien. Hier spezialisiert er sich auf die Modezeichnung, schafft Entwürfe für das Modehaus Knize und die Boutique Hello, die seiner Freundin Helene Wolff gehört. 1926 geht Dryden nach Paris und übernimmt von dort aus für sieben Jahre die künstlerische Leitung der Berliner Zeitschrift Die Dame. Auf Pariser Modeschauen ist der extravagante Dandy ein gerngesehener Gast und versorgt, stets im Sakko und mit Zeichenblock, Die Dame mit seinen gezeichneten Berichten aus der Pariser Szene. 1933 wandert Dryden nach New York aus und entwirft mit großem Erfolg Mode für Kaufhäuser wie Macy‘s und Saks Fifth Avenue. Aber bereits nach einer Saison zieht es ihn nach Hollywood und in das Filmgeschäft. Regisseur Billy Wilder, für den er Kostüme entwirft, bezeichnet ihn als den „elegantesten Mann der Welt“. Dryden stirbt 1938 an einem Herzinfarkt. Das MKG kann 1991 mithilfe der Campe’schen Historischen Stiftung einen beträchtlichen Teil seines Nachlasses erwerben.

Foto: 
© MKG Hamburg