Es ist eine kindergerechte Inszenierung, in der die bis zu 4000 Jahre alten, sehr gut erhaltenen Originale eingebunden sind in Themenbereiche wie die Tier- und Pflanzenwelt am Nil, das Alltagsleben und die Jenseitsvorstellungen in Alt Ägypten. Vor allem wird es dann um die Mumifizierung gehen, immer aber Hand in Hand von Original und Erklärungen des Vorgangs, was in interaktiven Multimediastationen geschieht.

 

Zu den Multimediastationen erklärt Ausstellungskuratorin Almut Nee: „Die Nilüberschwemmung stellen wir beispielsweise als aufwendige Projektionen auf ein Flußmodell dar. Sie vermittelt die große Bedeutung des Nils für die Landwirtschaft und das Leben der Menschen im Alten Ägypten. Bei ihrem Rundgang können die jungen Besucherinnen und Besucher ein wissensdurstiges Forscherteam bilden und sich auf eine spannende Expedition in die Welt des Alten Ägyptens begeben.“

 

Das ist wirklich phantasievoll und anregend gestaltet. Ob man im Papyrusdickicht des Nils steckt und ein altägyptisches Boot erkundet, ob man rechts und links schaut und die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt des längsten Flusses der Welt kennenlernt oder zur Papyruswerkstatt weitergeht, wo man lernt, für wie viele Dinge diese Pflanze nützlich ist. Zum Schreiben sowieso. Es ist diese Handlungskomponente, die den kulturhistorischen Ausflug so spannend macht und im Kind bewahren wird. Denn was man selbst erfahren hat, hält sich in der Erinnerung sehr viel länger, als angehäuftes Wissen.

 

Auf diesem Hintergrund haben dann auch die weiteren Stationen ihre Haltpunkte, wenn es um die Bedeutung der Tiere für die Götterwelt und vor allem das, was das Leben von Alt Ägypten bestimmte: das Leben nach dem Tode. Hier hat man zusätzlich in einem rekonstruierten Tempel diese fremdländischen Tiergötter versammelt, diese Mischwesen aus Menschen und Tieren, die wie das eine Mädchen gerade bemerkt, eigentlich so seien wie die Kinder in ihrer Klasse: mal böse, mal lieb. Andrea S., 7 Jahre, machte diese Aussage, als sie auf Bastet und Sachmet stieß, die Göttin der Liebe und ihre Schwester, die des Hasses, der Feindschaft, des Krieges. Dualismus ist so ein Stichwort, das Kinder nicht als Begriff erlernen, aber im Erfahren verinnerlichen, also damit umgehen.

 

Vorrangig aber geht es um das Begreifen der vorgefundenen Welt und was Menschen alles anstellen, um mehr über sich und das frühere Leben auf Erden herauszubekommen. Deshalb ist die Grabungsstation in der Ausstellung unabdingbar und die Arbeit von Archäologen wird anschaulich. Zwei der Fünfjährigen haben sich sofort entschieden, später diesen, für sie unaussprechlichen Beruf des Archäologen zu ergreifen. Und wir hoffen, daß dies auch Mädchen wollen, denn die Ausstellung zeigt zu Beginn, wie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Ägypten ins Interesse von Mitteleuropa geriet und welche Forscher sich dort einen Namen als Ägyptologen machten, bzw. warum bestimmte Museen voller ägyptischer Schätze stecken und andere nicht. Männer, nichts als Männer.

 

Das ändert sich derzeit schon, wenn man die Studiengänge für Archäologie an den Universitäten  betrachtet. Hauptsächlich das weibliche Geschlecht. Wir sind sicher, daß dieser kulturhistorische Ansatz, den diese beiden Ausstellungen in Speyer verfolgen, auch die zukünftige Lesart von derartigen Ausstellungen sein wird: nicht allein die Betrachtung der Statuen, Stelen, Gebrauchs- und Kultgegenstände, die als Wert und Kunst für sich bestehen bleiben, die aber eingebunden werden in den kulturhistorischen Ansatz, sich zu fragen, was sie den Menschen damals bedeutet haben: letzten Endes, wie wir uns das Leben im Alten Ägypten vorstellen können.

 

Wichtig bleibt, daß Kinder und Erwachsene dabei eingedenk sind, daß es unsere Erfahrungen sind, auf dessen Hintergrund wir die Gegenstände auf das lebendige Leben von damals hinterfragen. Daß das eigentliche Leben damals, wie ein kleiner Junge fühlt, oder was das Lebensziel eines Sklaven ist, der die Pyramiden baut, oder gar das des Pharao, der kein Gott ist, aber dessen Stellvertreter auf Erden, daß wir dies nicht wirklich wissen können, aber nachempfinden können und mit den altägyptischen Originalen  unsere Phantasie nutzen. Und das ist schon sehr viel und macht Geschichte lebendig.

 

 Bis 2. September 2012

 

Offiziell heißt es, daß sich die Ausstellung an Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren richtet. Aber Sie können auch mit kleineren Kindern und auch mit Jugendlichen die Ausstellung besuchen. Und Erwachsene haben auch sehr viel davon!

 

Das reichhaltige Begleitprogramm mit Ferienwerkstatt, Workshops und Lesenacht entnehmen Sie bitte der Webseite.

 

Lern-, Spiel- und Bastelmappe: Die Ägypten-Box: In leuchtendem Türkis begrüßt auf dem Umschlag ein junger Ägypter, das Ankzeichen in der Hand, den, der die Mappe aufschlägt.

Ramose heißt er, entdeckt man auf der Innenseite, und liest seine Aufforderung, auf die spannende Zeitreise ins Reich der Pharaonen mitzugehen. In 25 Themen und einem ägyptischen Kalender wird vom Leben im Alten Ägypten über die Bastelbögen zum Ausschneiden der Tempelanlagen und die Schrift dann noch eine Spielanleitung für das Schlangenspiel geboten. Eine wunderbare Zusammenstellung von Wissens-, Handeln- und Spielteilen, die perfekt als Nachbereitung der Ausstellung für die nächsten Wochen dient. Wir haben sie aber zusätzlich auch als Vorbereitung für den Besuch benutzt.

 

Dabei haben wir dazugelernt: Kinder stürzen sich auf die Bastelbögen. Vorsicht. Wenn einer daneben schneidet oder gar den Bogen nicht völlig auffaltet, schneidet er die Rückseite falsch aus. Was tun? Mit Tesafilm kleben oder im Shop des Museums die Ausschneidebögen umtauschen können. Das ist bisher nicht vorgesehen, aber unser Tip, diese Bastelbögen in größerer Auflage zu drucken und gegen versehrte umtauschen zu können. Dann kommen die Kinder auch noch häufiger in die Ausstellung!

 

 

www.art-of-kara.de

www.aegypten.speyer.de

Foto: Peter Haag-Kirchner/Historisches Museum der Pfalz