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Kategorie: Lust und Leben
kpm Moaweya 8756Ein Syrer als „Bufdi“ im psycho-sozialen Rosengarten

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) - Im Psychosozialen Zentrum Rosengarten besuchten wir Moaweya Arouf, der aus Syrien stammt. Als Mitarbeiter des Bundesfreiwilligendienstes absolviert er dort ein soziales Jahr. Heute kocht er ein deutsches Essen in der Tagesstätte des Rosengartens. Aber, so verrät er, durch seine Gewürze habe er den „syrischen Geschmack“ hinbekommen. So richtig orientalisch kocht er oft, etwa Falafel, die Knödel aus Kichererbsen oder gefüllte Teigtaschen Fatyir. „Die Klienten lieben das“, sagt er stolz, „sie fragen oft, wann gibt es das denn wieder?“

Seit zwei Jahren lebt der 29-Jährige in Schlüchtern, besitzt den begehrten „Blaupass“ (Reiseausweis für Flüchtlinge) und arbeitet als „Bufdi“ ein Jahr lang im Bundesfreiwilligendienst in der Tagesstätte. Die betreut chronisch psychisch kranke Menschen oder Personen in Krisen, um ihnen Tagesstruktur und Sicherheit zu bieten. Dadurch können für viele Psychiatrieaufenthalte vermieden oder verkürzt werden. Mit diesen Klienten unternimmt Moaweya viele alltägliche Aktivitäten, bei denen man gut ins Gespräch kommen und sich besser kennenlernen kann: Spazierengehen, kochen, einkaufen...

Angst vor psychisch auffälligen Menschen hatte er zum Beginn seiner Tätigkeit nicht. „Ich lache mit allen, sie akzeptieren mich und wir sind schnell in Kontakt gekommen.“ Immerhin hat er in seiner Heimat eine dreijährige Ausbildung als Krankenpfleger absolviert und war mehrere Jahre lang in seinem Beruf tätig. Zuletzt hat er sich fast nur noch um schwer verwundete Opfer des Bürgerkriegs gekümmert. „Drei Jahre habe ich im Krieg gearbeitet“, erzählt Moaweya, „auch in einigen Hilfsorganisationen.“ Jedoch über seine Erlebnisse möchte er nicht weiter reden.

2014 kam er als Kriegs-Flüchtling nach Deutschland, zunächst nach Ludwigshafen. Er hatte Probleme mit seiner Anerkennung als Krankenpfleger, absolvierte jedoch schnell alle Sprachkurse bis zum höchstmöglichen Zertifikat C 1. Man merkt im Gespräch, dass seine Deutschkenntnisse hervorragend sind. Um als Krankenpfleger zu arbeiten, hätte er die Ausbildung neu beginnen müssen. „Das wollte ich nicht“, sagt er, „deshalb habe ich etwas nicht weit von meinem alten Beruf gesucht.“ Als er eine Anzeige des Rosengartens las, der einen „Bufdi“ suchte, bewarb er sich dort und wurde sofort engagiert.

Gerne würde der Syrer wieder in sein Geburtsland zurückkehren, gemeinsam mit seiner Frau Reem (22), die er über das Internet kennenlernte und hier in Deutschland heiratete: „Doch so lange die Verhältnisse in Syrien so schrecklich sind, will ich auf keinen Fall zurück“, erklärt er. Man merkt ihm an, dass er seine Heimat wirklich liebt. Ständig schweift er im Gespräch ab und erzählt, wie ähnlich das syrische Klima dem deutschen sei, wie wunderbar Damaskus ist oder seine Heimatstadt Idleb. Zum Ende seines Dienstes im Spätsommer beginnt er in der Vogelsbergschule in Lauterbach eine Ausbildung als Erzieher. Durch das freiwillige Jahr konnte er viele Erfahrungen für die Schule machen, die Zeit wird als Praktikum anerkannt. Moaweya hat gemerkt, dass ihm die soziale Unterstützung von Erwachsenen liegt: „Solche Arbeit passt mir gut und macht Spaß.“

Mit seiner Frau lebt er in einem großen Haus in Herolz bei einer älteren Familie, deren erwachsene Kinder fortgezogen sind. „Wir machen oft gemeinsam Gartenarbeit und reden viel miteinander“, erzählt er. Beide Seiten genießen diesen Zustand: Moaweya und Reeb haben Kontakt mit Deutschen und die älteren Leute bekommen Unterstützung im Alltag. Das war bereits vorher so: Eine afrikanische Familie, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, wohnte dort bis es ihnen mit ihren vier Kindern zu eng wurde.

Eckhard Siebers, Leiter der Tagesstätte, betont: „Wir freuen uns, Moaweya im Team zu haben. Mit seiner Freundlichkeit, seinem Humor und Einfühlungsvermögen passt er bestens zu uns. Ins Team bringt er sich stark durch Rückmeldungen und Ideen ein.

Foto:
© Hanswerner Kruse