Bildschirmfoto 2021 07 11 um 23.03.58Kundenservice der WELT zu Corona vom letzten Freitag, 20. 1

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - "Von einer Urlaubszeit und vielen Reisen geht in jeder Pandemie eine Gefahr aus", argumentiert NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im WELT-Interview. Daher sei eine Zunahme der Corona-Infektionen „realistisch, weil eine Pandemie davon lebt, dass Menschen viel unterwegs sind und viele Kontakte haben." Aber: Man müsse „auch festhalten, dass wir sehr niedrige Inzidenzen haben."

Am Freitag stieg die 7-Tage-Inzidenz leicht und lag bundesweit bei 5,5. Laut einer neuen Studie sorgen sich jedoch die meisten Deutschen davor, dass die Inzidenz zum Herbst hin nach oben klettern könnte: In einer Befragung des Hamburg Center for Health Economics gaben 87 Prozent der Befragten an, dass sie wegen neuen Virus-Mutationen beunruhigt seien. 51 Prozent machen sich sogar große bis sehr große Sorgen.

Wohl ebenfalls aus Sorge hat die Bundesregierung am Freitag Spanien – und zwar das gesamte spanische Staatsgebiet – als Risikogebiet eingestuft. Das bedeutet, dass das Auswärtige Amt mitten in den Sommerferien wieder von touristischen Reisen in das beliebteste Urlaubsland der Deutschen abrät. Praktische Folgen ergeben sich für Urlauber aber kaum: Wer mit dem Flugzeug aus Spanien nach Deutschland zurückkehrt, muss wie bisher einen negativen Test oder einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung dabeihaben. Damit entfällt dann die Quarantänepflicht.

Anders sieht es bei der ebenfalls sehr beliebten Urlaubsinsel Zypern aus, die am Sonntag als Hochinzidenzgebiet mit besonders hohen Infektionszahlen eingestuft wird. Wer dort Urlaub macht und nicht geimpft oder genesen ist, muss künftig für fünf bis zehn Tage in Quarantäne. Alle Corona-Entwicklungen können Sie hier verfolgen:
https://www.welt.de/vermischtes/live230889917/Corona-live-Erstmals-Doppelinfektion-bei-Menschen-nachgewiesen.html?cid=email.crm.redaktion.newsletter.corona


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Alle Bundesländer verzeichnen weiterhin eine 7-Tage-Inzidenz von unter 10. Allerdings variiert sie: So liegt der Wert in Hessen am Freitag bei 8,2, in Rheinland-Pfalz bei 6,5 und in Mecklenburg-Vorpommern bei 1,5. Eine interaktive Grafik mit den Werten je Region finden Sie hier.



DAS GESPRÄCH DER WOCHE

nora szechDr. Nora Szech (im Foto links) ist Ökonomin und lehrt am Karlsruhe Institute of Technology (KIT). Dort untersucht sie auch, wie Menschen durch bestimmte Anreize – zum Beispiel Prämien – zu etwas motiviert werden können. Im Interview mit WELT erklärt sie, welche Maßnahmen helfen könnten, um die Impfbereitschaft zu steigern.

WELT: Frau Dr. Szech, Sie forschen unter anderem zum Thema Impfbereitschaft, haben dazu auch eine Studie veröffentlicht. Wie können aus Ihrer Sicht mehr Menschen für Corona-Impfungen begeistert werden?

Szech: Der Zugang zur Impfung muss so einfach wie möglich sein. In Pforzheim impft beispielsweise eine Ärztin direkt vor dem Supermarkt. Zudem können Kompensationen sehr viel bewirken. Mit 100 Euro sind in etwa 80 Prozent der Menschen impfbereit, für 500 Euro sind es an die 90 Prozent.


WELT: Bergen Anreize, die nun erst eingeführt würden, nicht die Gefahr, dass sich diejenigen, die sich längst geimpft haben, ungerecht behandelt fühlen?

Szech: Natürlich müsste auch rückwirkend kompensiert werden.


WELT: Können Sie Beispiele nennen, wo Impfanreize in der Vergangenheit schon gewirkt haben?

Szech: Für die Grippeimpfung ist belegt, dass ein einfacher Zugang und vororganisierte Terminangebote die Impfbereitschaft erhöhen. Unsere Studien zeigen, dass das für die Corona-Impfung ebenso zu erwarten ist. Kompensationen werden bei Blutspenden sehr viel genutzt. Ohne Kompensationen kommt kein Land auf die benötigte Menge an Spenderblut. Bei vielen gängigen Impfungen haben Länder Impfpflichten eingeführt, was natürlich Kompensationen unnötig macht. In Deutschland haben wir solch eine Pflicht für die Masernimpfung, weil wir ansonsten nicht auf die notwendige Impfquote kommen. Italien hat nun auch bei Corona solch eine Pflicht eingeführt.


WELT: Haben Sie eine Erklärung, weshalb in Deutschland Impf-Anreize nicht von Anfang an in Erwägung gezogen wurden?

Szech: Da wir sehr wenig Impfstoff hatten, konnte lange ignoriert werden, dass die Impfbereitschaft der Menschen enorm wichtig ist. Viele Menschen waren ja auch bereit, sehr großen Aufwand auf sich zu nehmen, um eine Impfung zu bekommen. Aber längst nicht alle impfbereiten Menschen möchten sich so viel Aufwand machen.


WELT: Halten Sie Corona-Prämien für moralisch vertretbar?

Szech: Das ifo-Institut schätzt den sozialen Wert der Impfung auf 1.500 Euro. Vor diesem Hintergrund finde ich es mehr als angemessen, den Menschen einen Bruchteil davon als Kompensation abzugeben.


WELT: Wie wichtig wäre es, dass Corona-Prämien bundesweit einheitlich gehandhabt würden?

Szech: Solch ein übergreifender Ansatz wäre sicherlich wünschenswert.


WELT: Wie könnten denn Corona-Anreize finanziert werden?

Szech: Da der Wert für die Gemeinschaft laut ifo-Institut wie gesagt bei 1.500 Euro liegt, haben wir sehr viel Spielraum, Impfen zu kompensieren. Solange Sie weniger als 1.500 Euro an Kompensation auszahlen, gewinnen die Impfbereiten ebenso wie die Gemeinschaft.


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Nora Szech
© Karlsruhe Institute of Technology (KIT)