Bildschirmfoto 2019 07 12 um 08.34.09Konferenz „Africa Europe Week“ der Maleki Group

Aviva Freudmann


Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Afrika hat junge Arbeitskräfte, reichlich natürliche Ressourcen und ein enormes Wachstumspotenzial. Dennoch meiden europäische Investoren den Kontinent.

Europa nimmt Afrika, den vormalig „vergessenen Kontinent“, wieder wahr. Europäische Politiker und Wirtschaftsführer appellieren an private Investoren, auf die Zukunft Afrikas zu setzen. Sie verweisen auf die robuste Wachstumsrate, die junge Bevölkerung und reichlich natürliche Ressourcen.

„Afrika ist der Kontinent der Zukunft“, sagt Jakob von Weizsäcker, Chefvolkswirt des Bundesfinanzministeriums. „Es hat ein enormes menschliches und wirtschaftliches Potenzial und steht vor großen Herausforderungen. Es bedarf dringend öffentlicher und privater Investitionen.“

Ende Mai sprach er in Frankfurt auf der von der Maleki Group, der Weltbank und der Industrie- und Handelskammer Frankfurt finanzierten Konferenz „Africa Europe Week“. Die Redner betonten die komplementären Interessen europäischer Investoren und afrikanischer Unternehmen. Außerdem müsse Chinas wachsendem Einfluss in Afrika entgegengewirkt werden. Potenzielle afrikanische Migranten benötigten Anreize, zu Hause zu bleiben. Die tatsächliche Entwicklung ist jedoch nicht sehr ermutigend. Bisher ist die Vision, durch europäische Gelder Wachstum in Afrika zu finanzieren, nicht verwirklicht. Besonders privatwirtschaftliche Investoren zögern.

Laut der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UN Conference on Trade and Development – UNCTAD) betrugen die ausländischen Direktinvestitionen 2017 42 Milliarden Dollar, 21 Prozent weniger als im Vorjahr. 2018 gab es dann einen Zuwachs von 11 Prozent, hauptsächlich aufgrund von Investitionen in Südafrika.

Nur vier der zehn wichtigsten Kapitalgeber in Afrika zwischen 2011 und 2016 kamen aus Europa: Britannien, Frankreich, Italien und die Schweiz. Der Rest kommt aus Nordamerika, Asien und Afrika. Für Weizsäcker lautet die Schlüsselfrage: „Warum ist es so schwierig, das Potenzial Afrikas und das Kapital der Europäer zusammenzubringen?“

Die Gründe dafür sind vielfältig. Teilweise macht Weizsäcker die mangelnde Koordination europäischer Regierungen dafür verantwortlich: „Anstatt sich zusammenzuschließen und mit einer Stimme zu sprechen, gehen immer noch drei nationale Minister aus Europa jede Woche nach Tunesien, um nationale Prestigeprojekte zu fördern.“ Die größte Verantwortung trügen aber die afrikanischen Führungskräfte und das dortige Geschäftsumfeld.

Ike Chioke von der Investmentbank Afrinvest sieht die Dinge ähnlich. „Ich beschreibe das Geschäftsumfeld in Nigeria als VUKU – volatil, unsicher, komplex und uneindeutig.“ Suleiman Dauda Umar, Nigerias Generalkonsul in Deutschland, erkennt das Problem an. Ihm zufolge bemüht sich Nigeria jedoch, „die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, die einen Mehrwert bei uns schaffen“.

Korruptionsbekämpfung und die Gestaltung fairer und transparenter Gesetze und Vorschriften haben oberste Priorität. „Wir brauchen Reformen und Verbesserungen im Steuerumfeld für die digitale Wirtschaft“, sagt Eme Essien von der International Finance Corporation (IFC), die Teil der Weltbank-Gruppe und für die Privatsektorförderung zuständig ist.

Privatinvestoren kritisieren zudem, dass öffentliche Institutionen afrikanischen Kreditnehmern oft bessere Konditionen bieten, als es privaten Institutionen möglich ist. Direktinvestitionen von multilateralen Banken könnten private kommerzielle Finanzierungen verdrängen, meint Paul Wade von der norwegischen Entwicklungsorganisation NORAD.

Laut Olga Sclovscaia von der Weltbank wollen multilaterale Institutionen gerade genug öffentliche Mittel bereitstellen, um private Investitionen zu fördern. Für Sclovscaia besteht die Kunst darin, festzustellen, „wie viel öffentliche Mittel benötigt werden“.

Geld in Afrika einzuwerben ist schwierig. Selbst wenn ausländische Privatinvestitionen zunehmen sollten, müssten Afrikaner immer noch lokale langfristige Gelder beschaffen, argumentiert Jaloul Ayed, Vorsitzender der Vega Group, eines tunesischen Unternehmens. „Wir haben eine Infrastrukturlücke von 60 bis 100 Milliarden Dollar“, sagt Ayed. Der Privatsektor könne all diese Bedürfnisse nicht erfüllen. „Wir müssen afrikanische Länder ermutigen, Anleihemärkte in lokalen Währungen zu entwickeln“, schlussfolgert er.


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Die Lebensmittelverarbeitung hat in Afrika großes Potenzial: Saftherstellung in Kenia
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Info:
Dieser Artikel erschien in der Juli-Ausgabe des Entwicklung und Zusammenarbeit Magazins und wird mit Genehmigung des Herausgebers erneut veröffentlicht