wpo solawi 2555"Solidarische Landwirtschaft" als Zeichen

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (weltexpresso) - Mittlerweile haben sich im Altkreis Schlüchtern 33 Haushalte dem Projekt „Solidarische Landwirtschaft“ (Solawi) angeschlossen und damit die Zahl der Unterstützer seit dem Start des Projektes vor einem Jahr verdoppelt.


Die Morgensonne scheint in Hildegard von Rockenthiens Garage, in der sie bereits Kisten zurechtgestellt hat. Gemeinsam mit Kurt Eidmann verteilt sie die heutige Lieferung. Freitagmorgens bringt er aus Rommerz biologisch hochwertiges Gemüse, Salate und Eier des zertifizierten Öko-Bauern Josef Benkner. Etliche Leute aus dem Altkreis kommen dann, um ihre Kisten abzuholen. Begeistert erzählt der Mitinitiator des Projekts und Schlüchtern-Koordinator Heino Ackermann, was es jetzt in der Hochphase alles gibt: Kartoffeln, Brokkoli, Salate, Tomaten, Äpfel, Knoblauch und sogar Pak Choi, den milden asiatischen Kohl: „Alles von bester ökologischer Qualität.“

Der pensionierte Oberstudienrat weist darauf hin, dass bei vielen das Bewusstsein dafür gewachsen ist, dass es mit Intensivlandwirtschaft und Massentierhaltung so nicht weitergeht. „Viele Leute, auch ich, möchten gesunde biologische Erzeugnisse essen und die Natur vor Pestiziden und Herbiziden schützen. Dafür wollen wir uns praktisch engagieren und dem Wahnsinn etwas entgegensetzen!“ In der „Solidarischen Landwirtschaft“ kooperieren mittlerweile 81 - meist - Berufstätige aus Schlüchtern, Neuhof und Fulda mit dem Bauern aus Rommerz, dessen Sohn Fabian nun den Hof übernimmt. Derzeit sind für einen Anteil monatlich 80 Euro zu zahlen, 40 Euro für einen halben. Dafür gibt es jede Woche eine bzw. eine halbe Kiste mit Gemüse, Salat und Obst; das Eier-Abo kostet extra.

Das Engagement macht Ackermann viel Spaß, der lange Vorsitzender der BISS-Fraktion im Schlüchterner Stadtrat war: „Deshalb habe ich ja auch einen grünen Hintergrund“, meint er lachend. Die Teilnehmer unterstützen nicht nur die Abnahme der Erzeugung, sondern helfen auch solidarisch: Da müssen schon mal massenhaft Wildkräuter (nicht Unkraut!) gerupft oder Kartoffelkäfer eingesammelt  werden. „Man erlebt auch die Unbilden für die Landwirtschaft wie Trockenheit oder Stürme hautnah mit. Das Risiko tragen wir alle! Dadurch kriegt man ein Bewusstsein, wie aufwendig und arbeitsintensiv der ökologische Anbau ist und warum die Produkte mehr kosten“, erklärt Ackermann.

Die Unterstützer planen gemeinsam mit dem Bauern, was weiterhin oder neu erzeugt werden soll. Gerade am Vorabend trafen sie sich und überlegten, ob man durch den Kauf eines teuren Hühnermobils mehr Eier produzieren sollte. Oder ob und wie man die Produktpalette um Fleisch, Käse oder Milch erweitern könnte.

„Die Zahl der Interessierten wächst bei uns“, meint Ackermann, „aber so langsam erreichen wir wirklich unsere Grenze.“ Er macht noch mal deutlich, dass das Mitmachen Umdenken erfordert: „Du musst lernen mit dem zu Kochen was Du hast - also was es saisonal und regional gibt.“

Die Idee Solawi...
...ist ganz einfach. Ein ökologischer Bauernhof in der Region versorgt eine Gruppe privater Haushalte mit Lebensmitteln. Die verpflichten sich dafür die ganze landwirtschaftliche Produktion zu finanzieren. So teilen sich alle Beteiligte nicht nur die Ernte und die Kosten, sondern auch die Verantwortung und das Risiko. In Deutschland gibt es derzeit etwa 300 solcher Initiativen, die ein deutliches Zeichen setzen.

Foto:
(c) Hanswerner Kruse
In der Garage der Hildegard von Rockenthien, Kurt Eidmann