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Kategorie: Messe & Märkte
EU-Kommissionschefin Von der Leyen überreicht EIB-Präsident Hoyer den PreisEuro Finance Summit

Notker Blechner

Frankfurt/ Main (Weltexpresso) - Kommt jetzt der große Konjunkturaufschwung nach Corona? Ist die deutsche Klimawende schaffbar? Wie hart trifft die Nullzins-Phase die Banken? Über diese und andere Fragen diskutierten Top-Vertreter aus Banken und Wirtschaft beim Euro Finance Summit. Am Abend gab’s auch noch hohen Besuch aus Brüssel.

Während die meisten Frankfurter die Fußball-EM verfolgten oder den lauen Sommerabend genossen, kam EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Stippvisite in den Römer - fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. "Uschi" hielt die Laudatio auf den europäischen Banker des Jahres, Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank. Er sorge dafür, dass die EIB ihren Vorsprung als die Klimabank halte und ausbaue, lobte sie.

Von der Leyen würdigt Europas Banker des Jahres

Hoyer bedankte sich artig und hielt dann eine bemerkenswert kritische Rede. Der EIB-Präsident mahnte, dass die Zeit bis 2030 die "letzte Chance ist, eine Katastrophe abzuwenden". Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten die EU-Staaten jährlich 350 Milliarden Euro in Innovationen investieren. Hoyer warnte auch davor, die Corona-Pandemie jetzt schon für beendet zu erklären. Im Rennen gegen Corona gebe es keine Zeit zu verlieren. Die Europäische Investitionsbank engagiert sich nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für den Kampf gegen Covid-19. So vergab die EIB ein Darlehen von 100 Millionen Euro an den Mainzer Impfstoffhersteller BioNTech.

Nach der von einem Orchester gespielten "Ode an die Freude" hätten alle Besucher ermutigt aus dem Römer gehen können. Dann aber wollte Andreas Scholz, Geschäftsführer des Konferenz-Veranstalters Deutscher Fachverlag, den Gästen noch erklären, warum im Kaisersaal vier Kaiser-Bilder abgehängt worden seien. Das habe nur mit einem Wasserschaden zu tun, beruhigte er.

Schließlich gab der frühere Bloomberg-Journalist den Gästen noch eine Geschichtslektion mit auf den Weg. Schon Johann Wolfgang von Goethe sei vom Römer angezogen worden. Als 15-Jähriger wollte er zur Kaiserkrönung in das Gebäude und wurde angewiesen. Erst als er eine Bedienstete überredete, gelangte er über einen hinteren Eingang in den Römer und konnte doch noch der Kaiserkrönung beiwohnen. Mit dieser Anekdote sorgte "Hobby-Historiker" Scholz dann doch noch für Gelächter bei der sonst eher steifen Preisverleihung.

BDI-Präsident kritisiert übereilte Klimaschutz-Ziele

Deutlich ernster ging es beim voran gegangenen Euro Finance Summit zu, der als Hybridveranstaltung online und physisch im Hilton-Hotel stattfand. Dort kritisierte BDI-Präsident Siegfried Russwurm das verschärfte Klimaschutz-Gesetz der Bundesregierung. Es sei ungeklärt wie das Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen um 60 Prozent und bis 2045 um 88 Prozent zu reduzieren, erreicht werden soll. Noch immer würden wichtige Leitungen fehlen, die den Strom aus Windenergie von Norden nach Süden transportieren würden.

Auch die Top-Banker zeigten sich erstaunlich kritisch und warnten vor einer zu strikten Regulierung in Europa. "Wir sind an einem Punkt, wo wir den Bogen überspannen", haderte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. "Wir müssen aufpassen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben." So müssten die Geldhäuser immer mehr Belastungen durch den europäischen Abwicklungsfonds tragen. Alleine 2021 summierten sich die Beiträge auf zehn Milliarden Euro - 60 Prozent mehr als 2016, Das, so Sewing, läge nicht daran, dass die Risiken im europäischen Finanzsystem gestiegen wären, sondern dass die lockere Geldpolitik der EZB die Bilanzen immer weiter aufblähe.

Deutsche-Bank-Chef: "Der Bogen ist überspannt!"

Die US-Banken brauchen solche Belastungen nicht zu stemmen. In den USA gibt es keinen Abwicklungsfonds wie in Europa. Kein Wunder, dass die deutschen und europäischen Geldinstitute immer mehr von den US-Banken abgehängt werden.

Zwar schreiben die Deutsche Bank und sogar die Commerzbank wieder schwarze Zahlen, kämpfen aber - wie viele andere Geldinstitute - mit den Nullzinsen und der zunehmenden Regulierung. Um sich im schwierigen Marktumfeld zu behaupten, drückt die Commerzbank massiv die Kosten, schließt Filialen und schickt Mitarbeiter mit 56 Jahren in den Vorruhestand. Die schleichende Gebührenerhöhung wurde vorerst gestoppt. In einem wegweisenden Urteil untersagte der Bundesgerichtshof (BGH) den Banken, nachträglich Gebühren von Kunden zu kassieren, ohne dass diese zugestimmt hätten. Das Urteil dürfte die Geldinstitute hunderte Millionen kosten.

BGH-Urteil kommt die Banken teuer zu stehen

Dementsprechend angespannt war die Stimmung auf der Konferenz. Nur ING-Deutschland-Chef Nick Jue zeigte sich entspannt. Die Direktbank kommt relativ gut durch die Corona-Krise und hat nach dem BGH-Urteil sämtliche Preiserhöhungen wieder rückgängig gemacht. Dass seine Bank am selben Tag aber ankündigte, Negativzinsen nun auch für Einlagen schon ab 50.000 Euro zu verlangen, erwähnte Jue auf der Konferenz mit keinem Wort.

Foto:
©Europäischen Investitionsbank (EIB)