IMG 4678... und die Geburt des Rossini-Festivals in Wildbad

Sabine Zoller

Bad Wildbad (Weltexpresso) - Als Gründer und langjähriger Vorsitzender des Fördervereins Königliches Kurtheater e.V. erinnert sich der 86-jährige Neurologen und Kulturfreund Dr. med. Eckhard Peterson an die bewegenden Anfänge. Dass es diese Spielstätte überhaupt noch gibt, verdankt die Stadt vor allem seinem Engagement.
Und jeder, der heute das Königliche Kurtheater betritt, spürt die besondere Atmosphäre eines historischen Spielorts, der seit Jahrzehnten junge Talente fördert und Kultur auf höchstem Niveau erlebbar macht. Alles begann 1983 mit einem dramatischen medizinischen Einsatz - und ueute wird das Königliche Kurtheater nicht nur als Spielstätte für Rossini genutzt, sondern bietet mit einem zusätzlichen Kulturprogramm ein breites Spektrum an Konzerten und Aufführungen für ein vielfältiges Publikum.

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Der renommierte Pianist Justus Frantz hatte einen Unfall in China und musste zur Behandlung nach Deutschland gebracht werden. „Helmut Schmidt, der eng mit Frantz befreundet war, rief mich an“, erinnert sich Dr. Eckhard Petersohn, damals Leiter der Neurologie in der Rommel Klinik in Bad Wildbad. Er flog nach Hamburg und übernahm die medizinische Einschätzung. „Wir haben uns alles genau angesehen. Es war ein komplizierter Wirbelbruch. Ich sagte zu Helmut Schmidt: ‚Wir trauen uns zu, diese Behandlung konservativ durchzuführen. Es wird zwar dauern, aber wir sind zuversichtlich, dass Justus ohne Operation wieder schmerzfrei sitzen und spielen kann‘“, erzählt Petersohn.Dank dieser sorgfältigen Behandlung konnte Frantz nach einer intensiven Genesungsphase tatsächlich wieder aktiv musizieren. Damit begann eine Kette von Ereignissen, die das kulturelle Leben in Bad Wildbad für immer verändern sollte.

IMG 4418Während eines Spaziergangs im Kurpark, nachdem sich Justus Frantz wieder besser fühlte, entdeckte er das leerstehende Königliche Kurtheater. „Er wollte es unbedingt von innen sehen, und ich habe dafür einen Schlüssel bei der Tourist-Info besorgt“, erinnert sich Peterson. Kaum die Räumlichkeiten betreten, war Frantz begeistert und spontan entschlossen: „Ihr müsst alles versuchen, dieses neobarocke Theater zu retten. Ich übernehme die Schirmherrschaft.“

Das war 1983, und wenig später erreichte Wildbad die Nachricht vom Ministerium: Das Kurtheater sollte abgerissen werden. „Die einzige Möglichkeit, das historische Gebäude zu retten, war der Kauf vom Land. Innerhalb von nur zwei Wochen haben wir das Theater vom Innenministerium in Stuttgart für die symbolische Summe von einer D-Mark abgekauft“, erklärt Peterson, der sich mit großem Engagement für den Erhalt einsetzte und sich mit dem 1987 gegründeten Förderverein Kurtheater Wildbad e. V. als Vorsitzender für die Sanierung und Wiedereröffnung des denkmalgeschützten Theaters engagierte.

IMG 4517Peterson wandte sich an die Denkmalstiftung und bat um Unterstützung. Die Stiftung machte deutlich, dass für eine erfolgreiche Rettung des Theaters ein konkretes Nutzungskonzept vorgelegt werden müsse. Die Landesregierung Baden-Württembergs setzte dem Verein die Auflage, den tatsächlichen Bedarf an einer Spielstätte wie dem neubarocken Kurtheater durch Veranstaltungen nachzuweisen und Musikwochen zu organisieren.

Nach intensiven Recherchen im Archiv der Kurstadt stieß man im historischen Badeblatt auf eine überraschende Entdeckung: „Mr. Gioacchino Rossini, Compositeur de Musique, mit Gattin und Dienerschaft, stieg am Freitag, dem 13. Juni 1856, zu einer mehrwöchigen Kur im Hotel Bären ab.“

IMG 4676Dieses Wissen bildete die Grundlage für „Rossini in Wildbad“, das 1989 durch den neu gegründeten Förderverein als „musikalisches Sommerfest im deutschen Südwesten“ ins Leben gerufen wurde. Seit 1992 steht das Festival unter der Leitung von Jochen Schönleber. „Von Anfang an war das Festival ein Sprungbrett für junge Talente, aus denen teils große Künstler geworden sind“, so Peterson.

Peterson, der 1969 aus Göttingen nach Bad Wildbad kam, leitete über viele Jahre die neurologische Abteilung der Rommel Klinik. Neben seiner medizinischen Laufbahn prägte er ein Vierteljahrhundert lang entscheidend die Kulturszene der Region, zunächst als Vorsitzender des Fördervereins und seit 2015 als dessen Ehrenvorsitzender. „Wir haben es geschafft, ein kulturelles Zentrum zu etablieren, das Besucher aus Frankreich, der Schweiz und ganz Deutschland anzieht“, sagt Peterson stolz.

Heute wird das Königliche Kurtheater nicht nur als Spielstätte für Rossini genutzt, sondern bietet mit einem zusätzlichen Kulturprogramm ein breites Spektrum an Konzerten und Aufführungen für ein vielfältiges Publikum.

Foto: Impressionen Königliches Kurtheater und Eckhard Peterson © Sabine Zoller