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Kategorie: Wissen & Bildung
israelnetzDie Meldungen von der Schließung der Kluften im Bildungswesen ist und bleibt eine Mär

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Auch nach über 70 Jahren des Bestehens des jüdischen Staates sorgt die Bildungskluft zwischen Aschkenasen und Sefaraden weiter für täglichen Diskussionstoff. Seit Jahren reden und schreiben jüdische und israelische Organisationen, bis hinauf zu den wichtigsten Jerusalemer Regierungsstellen, wiederholt davon, dass die Benachteiligung der sefaradischen Kinder und Studenten im Vergleich zu ihrer aschkenasischen Umgebung schon seit Jahren hätte verschwinden müssen.

Dass diesbezüglich in Tat und Wahrheit nichts oder nur ungenügend viel geschehen ist, enthüllt jetzt eine Studie, über die am letzten Freitag in der Zeitung «Haaretz» ausführlich berichtet wurde. Die Studie durchgeführt haben Professor Yinon Cohen von der Columbia University in New York, Professor Yitzchak Haberfeld und Professorin Sigal Alon von der Universität Tel Aviv, sowie Dr. Oren Heller und Dr. Miri Endewald vom Nationalen israelischen Versicherungsinstitut. Die Ergebnisse der Studien wurden letzte Woche an einer akademischen Konferenz der Open University präsentiert. Die Konferenz fand anlässlich des 50. Jahrestags der israelischen Black-Panther-Bewegung und des 40. Jahrestags der Publikation des Buchs über ethnische Ungleichheit von Professor Shlomo Svirsky statt.

Die Studie gelangt zum Schluss, dass die Kluften in der akademischen Erziehung zwischen Aschkenasen und Sefaraden in den letzten drei Generationen – in Israel geborene Leute, deren Elttern schon in Israel zur Welt gekommen waren – nicht nur nicht kleiner geworden sind sondern eher noch zugenommen haben. Ergebnisse der Studie widerlegen die bisher vorherrschende Annahme, dass im Laufe der Jahre die Unterschiede zwischen den zwei Gruppen an Wichtigkeit verloren hätten. In Bezug auf das Einkommen haben sich die Kluften zwischen Aschkenasen und Sefaraden ebenfalls alles andere als geschlossen. Die Daten vermitteln das Bild einer klaren Hierarchie:  Aschkenasische Männer oder Männer aus gemischtem Hintergrund sind an der Spitze der Einkommensleiter, gefolgt von sefaradischen Männern. Weit abgeschlagen am Ende figurieren alle Frauen, wobei die sefaradischen Frauen den Abschluss bilden. Wir überspringen das reichhaltige Zahlenmaterial der Studie in «Haaretz» und wenden uns einigen Schlussfolgerungen zu.

«Die Studie», heisst es etwa, «wendet sich gegen die akzeptierte Weisheit von Leuten im Bereich der Erziehung sowie andere Experten, die sagen, die ethnischen Lücken seien nicht relevant und werden durch soziale Prozesse, wie inter-ethnische Heiraten geschlossen. Das sagt Professor Yossi Dahan, vom College für Gesetz und Geschäft in Ramat Gan, der auch Vorsitzender des Adva-Zentrums ist. Seiner Meinung nach dokumentieren die Resultate starke Trends der Ungleichheit, die auf einen Zusammenhang zwischen ökonomischen Mitteln einerseits sowie der Ethnizität und Bildungserfolge andererseits hinweisen. Das sei laut Dahan keine neue Schlussfolgerung. Es sei aber wichtig, dass sie wiederholt werde. Erstens wegen der Legitimation, die das Oberste Gericht vor zwei Jahren Schulgeldern gegeben hatte, welche die Lücken vertiefen würden und zweitens wegen der Weigerung des Statistischen Zentralbüros, eine der zentralen Diskrepanzen in der israelischen Gesellschaft zu untersuchen.

Foto:
©israelnetz.com

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 14. 6. 2021