p syrienusaSyrien und der militärisch-industrielle Komplex in den USA

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) – In Trümmern liegen jetzt nicht nur die vermeintlichen syrischen Giftgasproduktionsstätten, sondern auch der verbliebene Rest des Völkerrechts, auf das sich der Westen gern beruft, wie etwa bei der Einverleibung der Krim durch Russland. Damals fiel kein einziger Schuss, jetzt aber war alles nur blanke militärische Gewalt, eine bloße Strafaktion, die weder an der Situation in Syrien etwas ändert noch an der Lage auf dem Dauerkrisenherd Nahost.

Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da ein Ende der Kämpfe in Syrien in Sichtweite war, allerdings auch der militärische Sieg des Assadregimes über seine innenpolitischen Gegner. Das und weniger der Abwurf einer Giftgasbombe ist offenbar der Grund für die von Donald Trump und dem militärisch-industriellen Komplex in den USA eingefädelte, eher auf propagandistische denn auf tatsächliche Erfolge angelegte Militäraktion, mit der die Welt wieder einmal an den Rand eines Krieges bugsiert worden ist.

Für Baschar Hafiz al-Assad bestand keine Notwendigkeit für den Einsatz von Giftgas. So etwas konnte sich für ihn nur nachteilig auswirken. Einen Nutzen sowohl von dem sinnlosen Abwurf einer Giftgasbombe, als auch von dem nicht weniger sinnlosen, einzig von den ehemaligen Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien unterstützten militärischen Angriff der USA auf Syrien, haben nur die marodierenden Gegner Assads im eigenen Land und ihre Waffenlieferanten. Sie und die an der Macht über die Bodenschätze im Nahen Osten interessierten internationalen Konzerne scheint das bevorstehende Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien so in Panik versetzt zu haben, dass sie das Risiko eines Weltenbrandes in Kauf nehmen, um ihre unstillbare Profitgier zu befriedigen.

Dass Angela Merkel den Mut hatte, eine deutsche Beteiligung an der Kriegstreiberei des unberechenbaren amerikanischen Präsidenten abzulehnen, kann ihr nicht hoch genug angerechnet werden. Daran ändert auch nichts, dass sie sich hinterher, um den Rückhalt nicht ganz zu verlieren, den Weihrauchkesselschwenkern anschloss. Etwas scheint bei der Bundeskanzlerin hängen geblieben zu sein von der Sozialisation in der DDR und vom Wissen um den unheilvollen Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Begriff geht auf den amerikanischen Soziologen Charles Wright Mills zurück. Er sah in der engen Verflechtung von Militär, Industrie und Politik eine ernsthafte Bedrohung für den demokratischen Staatsaufbau und ein Risiko für militärische Auseinandersetzungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion.

Bekannt wurde der Begriff durch die Abschiedsrede des amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower vom 17. Januar 1961, in der dieser ausdrücklich vor den Verflechtungen und Einflüssen des militärisch-industriellen Komplexes in den USA warnte. Eisenhower wusste, wovon er sprach, war er doch selbst einst Generalstabschef der Armee. Wie Mills sah auch er die demokratischen Institutionen und die Demokratie schlechthin durch den militärisch-industriellen Komplex bedroht. Durch dessen Einwirkung auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft könne die politische Führung veranlasst werden, so Eisenhower, Konflikte eher militärisch als politisch lösen zu wollen und damit als verlängerter Arm der Lobby der Rüstungsindustrie agieren.

Vielleicht sollte Eisenhowers Rede allen Teilnehmern des bevorstehenden EU-Gipfels in Brüssel als Orientierungshilfe auf den Tisch gelegt werden, wenn sie über die Lage nach dem völkerrechtswidrigen militärischen Angriff auf Ziele in Syrien beraten. Immerhin haben sich zwei Mitgliedsstaaten offensichtlich ohne Absprache mit den Regierungen der Partnerländer an dem Willkürakt beteiligt. Wenn den Rechtspopulisten nicht Wasser auf die Mühlen gelenkt werden soll, werden die Regierungschefs deutlich machen müssen, dass die Europäer nicht die Erfüllungsgehilfen eines übergeschnappten amerikanischen Präsidenten sind.

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aktuell Abschuß der US-Raketen auf Syrien als Vergeltung für den Giftgasangriff, der Rußland zur Last gelegt wird, weshalb Putin die Vereinten Nationen einschaltete 
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