p wahlenbayUnorthodoxe Betrachtung einer Hausfrau zum Wahlausgang in Bayern

Adele Hübner-Neuwerk

Insel Neuwerk (Weltexpresso) – Aus der Ferne betrachtet hat mir Bayern immer gefallen, besonders angetan haben es mir die Brez’n. So nennen die Bayern ein Laugengebäck, das sie schon in der Früh zur Weißwurst essen. Ich mag das auch, aber nur im Urlaub. Nach dem politischen Erdbeben vom Sonntag frage ich mich, ob die Brez’n jetzt teurer werden wird, oder ob es dabei bleibt, dass nur ein paar Köpfe rollen, was weniger schlimm wäre, wenn es die Richtigen träfe.

Aber wie so oft werden wahrscheinlich die Kleinsten in den sauren Apfel beißen müssen. Natascha Kohnen von den bayerischen Sozialdemokraten hätte es am wenigsten verdient. Sie soll jetzt den Kopf für das hinhalten, was Andrea Nahles in Berlin verbockt hat. Die meinte zum Wahlausgang: „Sicherlich ist einer der Gründe für das schlechte Abschneiden die schlechte Performance der Großen Koalition in Berlin.“ Im Duden lese ich, dass darunter eine Art künstlerische Aktion zu verstehen ist. Das halte ich für etwas hoch gegriffen, wenn ich nur an den Fall Maaßen denke. Das war doch keine künstlerische Aktion, sondern Schmierentheater. So ein Stück würde in jedem Komödienstadel durchfallen.

Da muss man sich nicht wundern, wenn die SPD in Bayern auf 9,7 Prozent abrutscht. Damit ist sie noch hinter die AfD mit ihren 10,2 Prozent zurückgefallen. Mir geht das ziemlich an die Nieren, weil wir die SPD doch brauchen, wenn die Demokratie nicht baden gehen soll. Hoffentlich begreifen die das in Berlin endlich. Immer nur der CDU und Frau Merkel die Hand unter den Hintern halten, zahlt sich nicht aus. Und irgendwann ist immer Zahltag. Ohne tabula rasa wird die SPD aus dem Tal der Tränen nicht herauskommen. Mit Andrea Nahles und Olaf Scholz an der Spitze schon gar nicht. Der ist für mich die reinste Nullnummer.

Dass neue Leute an der Spitze was ausmachen können, sieht man bei den Grünen. 17,5 Prozent haben sie in Bayern erreicht und sind jetzt hinter der CSU zweitstärkste Partei. Und das hauptsächlich mit einem einzigen Thema: Naturschutz. Das versteht jeder, dabei ist das nicht neu. Früher haben die Leute SPD gewählt, wenn es ihnen nicht so besonders ging. Oder aus Tradition. Aber wer weiß denn schon, auf welcher Seite sie heute steht? Ob Wolfgang Schäuble Finanzminister ist oder Olaf Scholz von der SPD macht doch keinen Unterschied. Aber ohne dass man den Reichen was nimmt, kann man den Armen nichts geben. Klar, das gibt Ärger, aber so ist das nun mal.

Die Schwarzen haben ihre Leute nie im Stich gelassen. Wenn es der Autoindustrie wie jetzt wegen des Dieselskandals an den Kragen geht, ist Angela Merkel sofort zur Stelle und sagt, der Industriestandort Deutschland darf nicht gefährdet werden. Bloß mit den Flüchtlingen hat sie sich übernommen. Das war zuviel des Guten. Da haben die Rechten geschrieen: Das Volk ist in Gefahr. Wer deutsch bleiben will, muss AfD wählen. Der CSU hat das nicht gefallen, weil rechts von ihr nur die Wand sein darf. Trotzdem wollte sie die AfD rechts überholen. Das hat jetzt den Crash gegeben. 10,5 Prozent verloren. Nur noch 37,5 Prozent, aber mit den Freien Wählern kann sie weiter regieren. Die sind so was wie die AfD, heißen nur anders und kommen eigentlich von der CSU. Die FDP hat Glück gehabt – 5,1 Prozent.

Wird Seehofer als CSU-Vorsitzender gehen müssen? Dabei hat er die CDU ziemlich klein gekriegt mit seiner Obergrenze für Flüchtlinge. Dort heißt es jetzt, keine Panik, in zwei Wochen wählen die Hessen, dann sehen wir weiter. Im Aussitzen war die CDU-Vorsitzende schon immer Spitze. Bei der SPD wird das nicht gehen. Wie sagte der frühere Münchner SPD-Oberbürgermeister Ude: „Im freien Fall kann man nichts aussitzen“. Und das mit der Brez’n? Na, bis zum nächsten Urlaub ist es ja noch eine Weile hin.

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