Bildschirmfoto 2020 09 26 um 03.30.40Eine Hitliste der Tageszeitung «Jerusalem Post» verschafft Einblicke in Realitäten und deren Lücken

Redaktion tachles

Jerusalem (Weltexpresso) - um neuen Jahr hat die israelische Tageszeitung «Jerusalem Post» eine Hitliste der 50 einflussreichsten Juden des Jahres 2020 erstellt. Zwei Dinge fallen besonders auf. Zum einen, dass der Großteil der genannten Persönlichkeiten amerikanische oder israelische Juden sind. Europäer kommen so gut wie gar nicht vor. Zum anderen sind jüdische Künstler unterrepräsentiert.

Auf den Plätzen Eins bis Fünf, wie kann es anders sein, werden die sogenannten «Friedensstifter» genannt. Fünf Männer, die Donald Trump und Binyamin Netanyahu nahestehen: Jared Kushner und Avi Berkowitz als Trumps Top-Diplomaten bei den Verhandlungen zwischen Bahrain, den Emiraten und Israel und – das darf man nicht vergessen – die Hauptautoren des bereits gescheiterten Friedensplans zwischen Israelis und Palästinensern. Hinzukommen Mossad-Chef Yossi Cohen und Israels Botschafter in Washington, Ron Dermer. Last but not least: der US-Botschafter in Israel, David Friedman, der sich häufig eher als Sprecher der Siedlerbewegung geriert denn als Botschafter seines Landes.

Auf weiteren Plätzen an der Spitze finden sich, verständlicherweise, eine Reihe von Namen, die im Zusammenhang mit dem Kampf gegen das Corona-Virus stehen. So etwa Tal Zaks, der medizinische Chef der Firma Moderna, die derzeit in der dritten Testphase einen Impfstoff gegen Covid-19 testet. Natürlich werden auch «Corona-Zar» Ronni Gamzu oder der Chef des Tel Hashomer-Krankenhauses in Tel Aviv, Yitshak Kreiss, genannt.

Doch daneben gibt es eine Reihe von «Promis», die nur deswegen als wichtig eingeschätzt werden, weil ein grosser Teil der Journalisten der JP US-amerikanische Juden sind. Wer in Europa kennt schon Paul Packer oder Aryeh Lighstone, die hinter Donald Trump stehen. Und warum soll Gilad Erdan als Botschafter bei der UN so wichtig sein? Soviel ist klar: wenn eine europäisch-jüdische Zeitung diese Hitliste erstellt hätte, wäre sie komplett anders ausgefallen. Aber wen in den USA oder in Israel interessieren schon europäische Juden?

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Mossad-Chef Yossi Cohen hat es auf die Liste geschafft
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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 23. September 2020