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Kategorie: Zeitgeschehen

Madeleine Albright KopieMit faschistoiden Bemerkungen fängt es an, beim offenen Faschismus kann es enden

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Nicht erst vor kurzem ist die Rückkehr faschistischer wie auch ‚nur so‘ nebenbei eingespeister, ‚halbwegs‘ unter der Decke gehaltener Faschismen in Diskurse und Parlamente vor sich gegangen. Wörtlich oder ‚tätlich‘. Wie im Debakel von Thüringen, als die CDU die Abgrenzung von der AfD nur widerwillig zu leisten imstande war.


Die AfD hat auf die strukturell konservative Politik abgefärbt, da diese sich auch im Niedergang befindet und weil Menschen eben partout nicht gleichwertig oder zumindest nicht wenigstens sich sehr ähnlich sein sollen - im Guten wie im Schlechten.


Madeleine Albright ging im Diskurs schon 2018 an die Spitze

Nicht nur auch, weil sie sich mit Trump konfrontiert sah. Als Emigrantin aus dem Prag der Dreißiger Jahre hat sie genug Hintergrund und weiß, worüber vorrangig ein Nachdenken anzustellen wäre. Sie hält die Politik für befangen im 19. Jahrhundert. Politik reagiere nicht auf die Spaltungen und Disparitäten in der Gesellschaft. Abgründige Naturen nutzten das aus, „indem sie nach Sündenböcken suchen“. Die Hauptrolle spielen hierbei dann die Einwanderer. Zu bedenken sei, dass der Faschismus Schritt für Schritt komme, bis es dann schon zu spät sein könne. Da Hindenburg seine justiziable Finanzsituation kaschieren wollte, hat er Hitler zum Reichskanzler ernannt, der ihn vor der Justiz rettete. Das langsame Kommen des Faschismus bezeichnet Albright als das langsam vorgehende „Hühnchen-Rupfen“. Der Faschismus wirke innerhalb des Systems, indem seine Anhänger die Demokratie untergraben und die Institutionen verunglimpfen.

Eine Steigerung hin zum Faschismus bedeute auch, soweit Trump die Presse als Feind des Volkes dargestellt habe. Mit den Fake News, also der organisierten Gerüchteküche, würfen Menschen mit faschistischem Gedankengut um sich, verhehlten aber vor sich selbst die damit verbundene gefährliche Tendenz.

Die wachsende Ungleichheit hat Amerika gespalten

Tea Party 1Das bietet die Chance für den Typ des Faschisten. Wir selbst würden ihn als einen bezeichnen, der aus welchen Gründen auch immer, stinkig geworden ist und auf Rache im stillen Kämmerlein sinnt, wie der Attentäter von Hanau, der im Netz nach NS-Orden und Nazi-Uniformen sucht. Madeleine Albright sieht den amerikanischen Traum im Niedergang begriffen. Eltern glaubten nun zum ersten Mal nicht mehr, „dass ihre Kinder ein besseres Leben werden führen können“. Trotz herausfordernder neuer Technologien erscheint das höhere Bildungssystem und die dem entsprechenden hoch-technologischen Arbeitsplätze immer unerreichbarer. Trump sei kein Faschist, aber er verschlimmere alles nur noch; er untergrabe die Justiz und die Presse, er verachte den Wahlprozess und Minderheiten. - Kürzlich haben die Republikaner wieder an der Wahlrechtspraxis gedoktert, indem sie u.a. die Wahlkreise zu Lasten der Black Lives neu zuschnitten. - Das verschärft Spaltungen. Daher sei sie sehr besorgt. Sie beruft sich auf einen Satz des Heimatschutzes: „Wenn du etwas beobachtest, sag etwas“, mit der Konsequenz, auch etwas dagegen zu tun.

Sehr ernst zu nehmen ist ihr Diktum, dass mit Trump der Stuhl des Führers der freien Welt leer sei. Osteuropa werde immer autoritärer, Orbán spreche von einer illiberalen Demokratie. Polen sei ein Imitat Ungarns. Auch europäische Staaten setzten auf den Angstfaktor. Politiker seien mehr nur an ihrer Macht interessiert. Wie die allüberall neu aufgetretenen Autokraten und Despoten.

Putin, der viel von Propaganda und den Möglichkeiten der informationellen Technologien verstehe, habe die Abwesenheit der USA im Nahen Osten ausgenutzt. Er bringe größere faschistische Tendenzen ein, wie sein Repressionsapparat erkennen lässt. Mit ihm sei Russland gefährlich. Seine Agenda bestehe darin, Russland wieder groß zu machen und er wolle die USA von ihren Verbündeten „separieren“. – Generell verkündet Albright: „Wir müssen aufpassen“.

3 Jahre später: Die wieder auffällige „Bewegung für Reiche“ in der Politik

Tea Party 2Silke Ötsch hat verschiedentlich schon Glanzstücke der Interpretation des gegenwärtig vor sich Gehenden in der FR geliefert. Gerade erst schrieb sie in syllogistischer Abfolge von Vorgängen und Zusammenhängen, die so dicht gewebt sind, dass man es schwer hat, sie nicht mit dem ganzen Artikel zu zitieren - also abzuschreiben und sie so wiederzugeben. Er handelt von der Beziehung der Vermögenssteuer und ihren Reichen, die sie auf keinen Fall wollen. Es gibt auch Ausnahmen, wie der Gründer von Liqui Moly, Ernst Prost, dem „Roten Kapitalisten“. Sonst aber geht es aufs Verrecken darum, ja keinen Cent sich entgehen zu lassen.- Silke Ötsch weiß nun, dass die vorletzte österreichische Regierung gestürzt wurde, weil Reiche Vermögenssteuern verhindern wollten. Das hatte Auswirkung auf Kanzler Kurz, der sich als Windfahne, die er ist, zum Führer der Anti-Vermögenssteuer gemacht habe. Weiter ging es in entsprechender Taktung, wie beim Ausfahren billiger Ware, durchs Viertel. „Aus Gerechtigkeit wurde ‚Neue Gerechtigkeit‘, eine Chiffre für Antimigrationspolitik, Steuersenkungen und das Gegeneinander-Ausspielen von schlecht Bezahlten und Sozialleistungs-Beziehern. Eine rechtslastige Regierung kam an die Macht. Korruptionsaffären und Regierungskrise folgten“.

Der Alte Jakob der Bibel ist anscheinend das Modernste, was es gibt und keinesfalls passe. Wie Recherchen ergeben, wurde in den USA schon im frühen 19. Jahrhundert „Angst vor kommunistischer Verschwörung geschürt“, um das Land zwischen Arbeitern und Massen aufzuspalten. Roosevelts New Deal aber habe die feindselige Frontstellung durch den New Deal überwunden und damit einen amerikanischen Faschismus verhindert. Aber das war doch nicht das Ende der unseligen Geschichte. „Über Jahrzehnte bauten Reiche marktideologische Think Tanks auf und beeinflussten über Lobbying und kulturelle Strategien Politik und Gesellschaft“.

Langfristig entstand in der Tradition uralter Gegnerschaft dann die Tea Party und inszenierte sich als Graswurzelbewegung. Generell gilt: wer Demokratie plakativ auf die Fahnen schreibt, will betrügen. Damit sei eine Mosaikrechte entstanden, ein Sammelbecken aus Reichen und solchen mit Abstiegsängsten. Hierzu gehöre auch die republikanische Story der „angeblich produzierenden Klasse gegen ‚unproduktive Eliten und faule Unterschichten´“: pauschal gesagt: 'die kommunistische Verschwörung´. Die Bewegung für Reiche ist auch in Deutschland fest etabliert, richtet sich gegen „Staatliche Regulierung“ und das Schreckgespenst der „Transformation“. Und nun kommt´s Beste: „Die Corona-Krise sei ein ‚Great Reset‘, bei dem Prinz Charles und globale Eliten ein marxistisch-totalitäres Regime einführen wollen“. Letztere Mutmaßung erinnert sogleich an die Querdenker- und Reichsbürger-Bewegung, die genau das Wort vom ‚Reset‘ im Munde führen und damit eine Radikalisierung verfolgen. Die Querdenker-Bewegung ist zunehmend gewaltbereit, wie insbesondere ihre zunehmenden Angriffe auf die Presse und die ihre Tätigkeit ausübenden JournalistInnen offenbaren.

Fotos :
Tea-Party 1© the-latest.com
Tea-Party 2© t-online.de
Madeleine Albright© dianerehm.org

Info:
„Und die Regierungen geben Antworten aus dem 19. Jahrhundert“, FR 16.07.2018, Madeleine Albright im Interview mit Michael Hesse.
Gastwirtschaft: „Bewegungen für Reiche“, Was uns der Blick in die USA lehrt; Silke Ötsch, FR 24.04.2021