Bildschirmfoto 2021 11 15 um 23.54.04Israels Berufung gegen die Inhaftierung des Ehepaars Oaknin auf Dienstag verschoben

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Affäre um das wegen «Spionage» gegen die Türkei in einem dortigen Gefängnis auf einen Prozess wartende israelische Ehepaar Natali und Mordy Oaknin gibt es aus israelischer Sicht wenig Neues zu berichten. Außer vielleicht der am Montag in großer Schlagzeile von der «Jerusalem Post» veröffentlichten Tatsache, dass die Türkei dem israelischen Konsul bis jetzt offenbar nicht gestattet, das in Istanbul (getrennt) verhaftete Paar zu besuchen.

Pro Memoria: Dem Touristenpaar Oaknin wird vorgeworfen, verbotenerweise den Palast von Präsident Recep Tayyep Erdogan fotografiert zu haben. Dazu Premier Naftali Bennett: «Wir tun alles um unsere unschuldigen Landesbürger nach Hause zu bringen». Im Felde aber scheinen die offiziellen israelischen Bemühungen zu diesem Zweck vorerst von wenig Erfolg gekrönt zu sein. Andersherum ausgedrückt: Offizielle Vertreter des Jüdischen Staates sind auf Befehl Jerusalems angehalten, sich in ihren öffentlichen Äußerungen zum heiklen Thema bewusst zurückhaltend zu geben. Was das heißt, bewies der israelische Anwalt, der zur Verteidigung des israelischen Paares nach Istanbul gereist war, auf schon fast krasse Weise: Seine Äusserungen vom Sonntagabend gegenüber dem israelischen Fernsehen waren nicht weit entfernt von einer eigentlichen Lobeshymne an die Adresse der türkischen Offiziellen, deren «korrektes Benehmen» die einzige konkrete Bemerkung war, zu der der israelische Rechtsvertreter sich hatte hinreissen lassen.

Dass er bisher noch keinen direkten Kontakt mit den Oaknins hatte aufnehmen können, erwähnte er nur in einem halben Nebensatz. Israelische Medien wiesen schließlich darauf hin, dass die für Montag vorgesehen gewesene Einreichung des Appells des Ehepaars gegen die Verhaftung auf Dienstag verschoben worden sei. Inzwischen verstärkt sich in nicht-offiziellen israelischen Kreisen die Vermutung, dass die übertriebene und mit jedem Tag unverständlichere Haltung der offiziellen Türkei den beiden israelischen Touristen gegenüber vielleicht im Zusammenhang mit der in der Knesset eingereichten Gesetzesvorlage zu sehen ist, welche einen Jahrestag zum Andenken an die 1915 erfolgte Ermordung des armenischen Volks durch das ottomanischen türkische Reich einführen will. Solche Vorlagen gibt es in Jerusalem immer wieder, doch wurden sie bisher stets abgelehnt, womöglich mit Rücksicht auf das bilaterale Verhältnis Israels zur Türkei. Das könnte sich dieses Mal vielleicht ändern. In der israelischen Öffentlichkeit machen sich inzwischen Stimmen breit, die für die Ersetzung der als Ferienziel beliebten Türkei durch ein anderes Land plädieren. Dass es sich dabei nicht um einen Pappenstiel handelt, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass heute (noch) täglich 13-15 Flugzeuge israelische Touristen in die Türkei fliegen.

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©tachles

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 15. November  2021