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Kategorie: Alltag
walhalla fachverlagVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 422

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Das BMI unter Leitung von Nancy Faeser (SPD) hat am 01. August 2023 Diskussionsentwürfe für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung und zu Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht vorgelegt. Laut BMI beruhen diese Vorschläge auf den Beschlüssen der MPK vom 10. Mai und sollen im weiteren Verlauf mit den Ländern und Kommunen erörtert werden. Anschließend sollen Referent*innenentwürfe erstellt und das reguläre Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden. Der Paritätische blickt den geplanten Änderungen mit großer Sorge entgegen und befürchtet umfassende Einschränkungen der Grundrechte von Migrant*innen.


Das BMI hat zwei Diskussionsentwürfezur Änderung u.a. des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes vorgelegt. Einer der Entwürfe befasst sich mit Anpassungen von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht, v.a. dem Datenaustausch über das Ausländerzentralregister (AZR). Der Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung enthält hingegen zahlreiche Änderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht, die nachfolgend schlaglichtartig dargestellt werden, zunächst ohne diese einer detaillierten Bewertung zu unterziehen.
Erleichterung von Abschiebungen

Vorschriften zur Ankündigung der Abschiebung sollen gestrichen werden. Dies betrifft vor allem Personen, die sich seit mehr als einem Jahr geduldet in Deutschland aufgehalten haben (§ 60a Abs. 5 AufenthG-E). Bisher muss diesen ihre Abschiebung spätestens einen Monat im Voraus angekündigt werden. Diese Regelung soll nun ersatzlos gestrichen werden. Ähnliches schlägt der Diskussionsentwurf für Personen in Haft vor, die bisher eine Woche vor der Abschiebung über diese informiert werden mussten (§ 59 Abs. 5 AufenthG-E).

Die Befugnisse zum Betreten von Wohnungen und Räumen zum Zwecke der Abschiebung sollen ausgeweitet werden (§ 58 Abs. 5 AufenthG-E). Während bisher nur gezielt die Wohnung bzw. das Zimmer der abzuschiebenden Person von den Behörden betreten werden durfte, soll es den durchführenden Behörden künftig auch erlaubt sein, die Wohnung anderer Personen und andere Räumlichkeiten einer Gemeinschaftsunterkunft zu betreten. Zudem soll es erleichtert werden, Wohnungen zum Zwecke der Abschiebung auch nachts betreten und durchsuchen zu können (§ 58 Abs. 7 AufenthG-E).

Der Entwurf sieht auch Änderungen bei Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam vor. Laut Diskussionsentwurf soll der Verstoß gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote künftig als eigenständiger Grund für die Anordnung von Sicherhungshaft normiert werden (§ 62 AufenthG-E). Zudem wird beabsichtigt, Personen zukünftig auch dann in Abschiebehaft genommen werden können, wenn sie nach legaler Einreise vollziehbar ausreisepflichtig geworden sind. Daneben soll auch die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage verlängert werden (§ 62b AufenthG-E). Der Vollzug des Ausreisegewahrsams soll darüber hinaus auch nicht mehr an die Nähe zu einer Grenzübergangsstelle geknüpft sein.

Dem Entwurf zufolge soll zudem der begründete Verdacht der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung im Sinne des § 129 StGB als besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse normiert werden (§ 54 Abs. 1 AufenthG-E). Für die Annahme eines Ausweisungsinteresses muss dabei keine strafrechtliche Verurteilung in Verbindung mit der Zugehörigkeit vorliegen.
Weiterreichende Befugnisse der Behörden zur Identitätsfeststellung

Auch hinsichtlich der Identitätsklärung werden in den Diskussionsentwürfen einige Änderungen vorgenommen. Während bisher nur die Person selbst und von ihr mitgeführte Sachen auf für die Identitätsklärung relevante Unterlagen und Datenträger durchsucht werden durften, soll dies zukünftig auch für die Wohnung und andere Räumlichkeiten gelten (§ 48 Abs. 3 AufenthG-E).

Der Diskussionsentwurf reagiert auch auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), in dem die bisherige Praxis des pauschalen Auswertens mobiler Datenträger von Asylbewerber*innen durch das BAMF als unverhältnismäßig zurückgewiesen wurde (BVerwG, Urt. v. 16.02.2023, Az. 1 C 19.21). Nun soll es mit dem neu geschaffenen § 15a AsylG eine gesetzliche Grundlage für das pauschale Auslesen von Datenträgern geben, wenn kein Pass oder Passersatzdokument vorliegen. Auch die dafür notwendigen Zugangsdaten für ein Auslesen der Datenträger sollen zur Verfügung gestellt werden. Eine ähnliche Änderung wird auch im Aufenthaltsgesetz vorgenommen (§ 48 Abs. 3a AufenthG-E).
Wenige Erleichterungen

Abschließend sind in den Entwürfen auch einzelne Erleichterungen zu erkennen, u.a. bei der Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Aufenthaltserlaubnissen für subsidiär Schutzberechtigte, Aufenthaltsgestattungen sowie Niederlassungserlaubnis oder Daueraufenthalt-EU.

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