Deutscher Buchpreis 2025, Teil 3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wie immer höchste Aufmerksamkeit auf die Zwanzigerliste des Deutschen Buchpreises, mit dem traditionell seit 2005 der Endlauf beginnt, der am Vorabend der Buchmesse im Frankfurter Römer mit der Auswahl des Einen, der Einen endet. 20 Romane hat die Jury für diesen Deutschen Buchpreis 2025 nominiert. Seit Ausschreibungsbeginn hat sie 229 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2024 und dem 16. September 2025 (Bekanntgabe der kurzen Liste) erschienen sind oder noch erscheinen. Dabei kommen die Romane auf unterschiedliche Weise zu den Juroren. Dazu gleich mehr.
Am allermeisten interessieren die nominierten Romane, hier in alphabetischer Reihenfolge
- Kathrin Bach: Lebensversicherung (Verlag Voland & Quist, Februar 2025)
- Marko Dinić: Buch der Gesichter (Paul Zsolnay Verlag, August 2025)
- Nava Ebrahimi: Und Federn überall (Luchterhand Literaturverlag, September 2025)
- Dorothee Elmiger: Die Holländerinnen (Carl Hanser Verlag, August 2025)
- Kaleb Erdmann: Die Ausweichschule (park x ullstein, Juli 2025)
- Annett Gröschner: Schwebende Lasten (Verlag C.H.Beck, April 2025)
- Dmitrij Kapitelman: Russische Spezialitäten (Hanser Berlin, Februar 2025)
- Jina Khayyer: Im Herzen der Katze (Suhrkamp Verlag, Juli 2025)
- Jehona Kicaj: ë (Wallstein Verlag, Juli 2025)
- Michael Köhlmeier: Die Verdorbenen (Carl Hanser Verlag, Januar 2025)
- Jonas Lüscher: Verzauberte Vorbestimmung (Carl Hanser Verlag, Januar 2025)
- Thomas Melle: Haus zur Sonne (Verlag Kiepenheuer & Witsch, August 2025)
- Jacinta Nandi: Single Mom Supper Club (Rowohlt Hundert Augen, Juni 2025)
- Gesa Olkusz: Die Sprache meines Bruders (Residenz Verlag, März 2025)
- Lena Schätte: Das Schwarz an den Händen meines Vaters (S.ִ Fischer Verlag, März 2025)
- Lina Schwenk: Blinde Geister (Verlag C.H.Beck, August 2025)
- Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft (Ecco Verlag, März 2025)
- Peter Wawerzinek: Rom sehen und nicht sterben (Penguin Verlag, September 2025)
- Christine Wunnicke: Wachs (Berenberg Verlag, März 2025)
- Feridun Zaimoglu: Sohn ohne Vater (Verlag Kiepenheuer & Witsch, Februar 2025)
Zugleich mit den Autorinnen und Autoren, früher schaute man automatisch, wie viele Frauen dabei sind, heute guckt man nicht mal mehr und wenn dann nur, um zu sichten, wieviele männliche Autoren darunter sind, zugleich also mit den Schreibenden gilt der erstzweite Blick den Verlagen. Und da war es selten so überdeutlich wie diesmal, wo der Hanser Verlag insgesamt fünf Nominierungen erhält, denn auch der immer noch recht selbständig agierende Paul Zsolnay Verlag gehört zu Hanser. Das ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte für den Verlag! Und es ist auch eine Erfolgsgeschichte für Michael Köhlmeier, der wiederholt für den Deutschen Buchpreis nominiert war und ihn noch nie erhielt. Leider. Vor Jahren übrigens nahm Suhrkamp diese führende Rolle ein, diesmal mit gerade einem Romen vertreten. Auch Rowohlt bleibt bei einem Roman, Kiepenheuer & Witsch ist mit zwei Ausgewählten gut vertreten, Dumont fehlt völlig und von den Schweizer Verlagen ist überhaupt nichts zu entdecken und aus Österreich gerade einmal der Residenzverlag, wobei stark zu unterscheiden ist zwischen den Verlagsländern und den Ländern der Nominierten. So ist Dorothee Elminger, auf deren Buch man sicher besonders gespannt sein darf, Schweizerin und Michael Köhlmeier lebt in Österreich. Daß Ullstein dabei ist, muß man rühmen, während man den Wallstein Verlag gerne in jedem Jahr dabei hätte!
Zu den Ausgewählten können wir erst im Zusammenhang mit ihren Romanen etwas sagen und das wird dauern, zumal einige ja noch nicht erschienen sind. Das ist ein leidiges Thema: Zeitpunkt des Erscheinens. Es hat sich über die Jahre herausgestellt, daß das letzte Vierteljahr des Vorjahres nur wenige Male bei der Nominierung berücksichtigt werden. Diesmal kein einziges Mal! Das ist schlecht. Denn man müßte den Autoren und den Verlagen raten, im vierten Quartal gar keine Romane zu veröffentlichen, das ist aber gerade deshalb kontraproduktiv, weil vor Weihnachten die allermeisten Bücher gekauft werden. Aber im Ernst: das geht einfach nicht, daß, wenn es um ein ganzes Jahr geht, ein Quartal inzwischen systematisch herausfällt. Gerade Romane sind keine verderbliche Ware. Die von 4/2024 gehören zum Deutschen Buchpreis 2025!
Jurysprecherin Laura de Weck, Schweizer Radio und Fernsehen:
„Sprachgestaltung, Erzählverhalten und die beängstigende Gegenwart haben uns im fragilen Jahr 2025 unter anderem in der Jury-Debatte geleitet. Unsicherheit bestimmt unsere Zeit. Aber eines ist sicher: Die diesjährige Longlist versammelt 20 herausragende Romane, die in aller Vielfalt unsere wackelige Wirklichkeit spiegeln – in klassischen Erzählformen, Redeteppichen und wilden Listen, in historischen Panoramen, Gegenwartsbeobachtungen und Dystopien, in autobiografischen und fantastischen Geschichten. Debüts und etablierte Autor*innen, die uns mit Irrwitz belustigen und erschüttern. Wie sind wir bloß dahin gekommen, wo wir heute stehen? Und was machen die Verhältnisse mit uns? Um die Zukunft muss man sich Sorgen machen, nicht aber um die der Literatur.“
Informationen:
Der Jury gehören neben Laura de Weck an: Maria Carolina Foi (Universität Triest), Jürgen Kaube (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Friedhelm Marx (Universität Bamberg), Kathrin Matern (Frau Rilke Buchladen, Neustrelitz), Lara Sielmann (Deutschlandfunk Kultur), Shirin Sojitrawalla (freie Kritikerin).
Im nächsten Schritt wählen die Jurymitglieder aus den Titeln der Longlist sechs Romane für die Shortlist aus, die am 16. September 2025 veröffentlicht wird. Erst am Abend der Preisverleihung erfahren die sechs Autor*innen, an wen von ihnen der Deutsche Buchpreis geht. Der oder die Preisträger*in erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 13. Oktober 2025 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt und wird live übertragen.
Der Deutsche Buchpreis wird von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergeben. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main.
Die nominierten Romane kennenlernen: Leseproben und Blogger*innen-Rezensionen
In Kürze ist das Taschenbuch „Deutscher Buchpreis 2025: Die Nominierten“ deutschlandweit in vielen Buchhandlungen kostenlos erhältlich. Es enthält Leseproben aller Bücher und Informationen zu den Autor*innen und lädt zum Entdecken der Geschichten ein. Das Lesebuch erscheint beim Verlag des Technologie- und Informationsanbieters MVB.
Unter dem Hashtag #buchpreisbloggen stellen in den kommenden Wochen 20 Literaturblogger*innen je einen nominierten Titel vor. Die Rezensionen werden unter www.deutscher-buchpreis.de/news gesammelt und über die Social-Media-Kanäle des Deutschen Buchpreises geteilt.
Weitere Informationen zum Deutschen Buchpreis 2025:
Der Hashtag zum Deutschen Buchpreis 2025: #dbp25
Foto:
©Tagesspiegel