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Kategorie: Heimspiel
atalsbi.commietwWichtiges Instrument zur Festlegung der ortsüblichen Miete

Günther Winckel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wie alle Großstädte hat Frankfurt ein Riesenproblem damit, vernünftigen Wohnraum für normale Familien und Einzelpersonen zu bezahlbaren Preisen zu garantieren. Blickt man von heute her zurück, dann rächt sich die in den 80er Jahren durch die damalige CDU-Mehrheit eingeführte Privatisierung von öffentlichen Wohnraum auf bittere Weise. Denn das ist eine Katastrophe mit Ansage. Frankfurt hatte seit dem Auftrieb des Neuen Frankfurt unter Stadtrat May eine außergewöhnlich große Anzahl von Häusern und Wohnungen bauen können, von denen die Stadt und ihre Bewohner jahrzehntelang zehrten. 

In den letzten Jahren ging es immer um die Vergleichsmieten und tatsächlich konnte die Stadt Frankfurt lange Zeit Mietpreiserhöhungen abwehren. Ab Mittwoch, 1. Juni, gilt in Frankfurt der neue qualifizierte Mietspiegel 2022, mit dem die ortsübliche Vergleichsmiete für Mietwohnungen im Stadtgebiet ermittelt werden kann. Das hat der Magistrat der Stadt am Montag, 16. Mai, beschlossen. Grundlage ist eine repräsentative Erhebung von fast 3500 Frankfurter Haushalten zur Art, Größe, (energetischen) Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der von ihnen gemieteten Wohnung. Zudem wurden in über 1100 Fällen weitere Informationen aus der schriftlichen Vermieterbefragung ausgewertet.

„Ein qualifizierter Mietspiegel, wie er von der Stadt Frankfurt am Main schon seit vielen Jahren erstellt wird, ist aufgrund der repräsentativen empirischen Basis besonders aussagekräftig. Er dient vor allem als anerkanntes Begründungsmittel für Mieterhöhungsverlangen, schafft Transparenz und Sicherheit“, sagt Planungsdezernent Mike Josef. „Mit Hilfe des Mietspiegels kann nachvollziehbar und begründet dargelegt werden, wie hoch die ortsübliche Miete für eine vergleichbare Wohnung ist. Damit trägt ein Mietspiegel dazu bei, den Rechtsfrieden zwischen Mietenden und Vermietenden zu wahren.“

Die in den vergangenen sechs Jahren veränderten Bestandsmieten und neuvereinbarten Mieten sind gegenüber der letzten Erhebung um 9,9 Prozent gestiegen. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 2,4 Prozent. Seit der letzten Erhebung für den Mietspiegel 2018 ist die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnraum in Frankfurt damit von 9,36 Euro auf 10,29 Euro gestiegen. Überdurchschnittlich gestiegen sind im Vergleich die neuvereinbarten Mieten, wenn eine Wohnung wieder oder zum ersten Mal vermietet wird.

Rolf Janßen, Geschäftsführer des DMB Mieterschutzverein Frankfurt am Main, sagt: „Der Mietspiegel 2022 soll Mieter*innen und Vermieter*innen gleichermaßen als praktikables Instrument bei der Überprüfung von Mieterhöhungen dienen. Ohne das Vorhandensein eines qualifizierten Mietspiegels für die Stadt Frankfurt am Main würde es bei Mieterhöhungen sowie bei der Überprüfung der Miethöhe zu erheblich mehr Streitfällen kommen. Bei der Bewertung des Mietspiegels 2022 stellen wir allerdings fest, dass trotz des verlängerten Betrachtungszeitraums für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre, eine Mietensteigerung von fast zehn Prozent vorliegt. Damit die Situation in angespannten Wohnungsmärkten wie in Frankfurt am Main nicht weiter eskaliert, ist der Bundesgesetzgeber dringend aufgefordert den Betrachtungszeitraum für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf mindestens zehn Jahre zu erweitern. Darüber hinaus halten wir es für unerlässlich, dass alle Bestandsmieten einer Kommune bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete miteinbezogen werden und nicht nur die teuren Neuabschlüsse.“

„Frankfurt ist weiterhin ein angespannter Wohnungsmarkt“, stellt Josef fest. „Das erfordert weiterhin entschlossenes politisches Handeln. Wichtig ist, dass mit einem Mietspiegel nicht die Höhe der Mieten festgelegt werde. Ein Mietspiegel spiegelt vielmehr im wörtlichen Sinne das Geschehen auf dem Wohnungsmarkt wieder.“ Die hohen Neubauquoten der letzten Jahre hätten einerseits in bestimmten Bereichen des Wohnungsmarktes für Entlastung gesorgt, andererseits prägten Ausstattung und Preisniveau des Neubaus auch den Mietmarkt. Ebenso zeige sich, dass gerade modernisierte Bestandswohnungen signifikante Preisunterschiede gegenüber Wohnungen mit baualterstypischer Ausstattung aufweisen. Dies müsse ein Mietspiegel differenziert ausweisen, was mit dem Mietspiegel 2022 auch gelungen sei.

Von Juli bis Ende November 2021 wurden trotz der Pandemiebedingungen die meisten Interviews vor Ort geführt. „Dabei wurden die Anforderungen des Infektionsschutzes beachtet“, betont Waltraud Meier-Sienel, Leiterin des für die Erstellung zuständigen Amtes für Wohnungswesen. Die Erhebung ist die Grundlage für den neuen Frankfurter Mietspiegel, den die Gemeinde jetzt als qualifizierten Mietspiegel anerkannt hat und der am 1. Juni den bis dahin geltenden Mietspiegel aus dem Jahr 2020 ablöst.

Für die Mietspiegelerstellung auf Grundlage einer repräsentativen Stichprobe nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden hat die Stadt Frankfurt am Main das Institut Wohnen und Umwelt aus Darmstadt und das IFAK Institut aus Taunusstein beauftragt. Begleitet wird der Erstellungsprozess traditionell von Anfang bis Ende durch die Mietspiegelkommission, in der Verbände und Vereine die Interessen und Expertise von Mietern und Vermietern einbringen.

In der Mietspiegelkommission haben das jetzige Modell anerkannt der DMB Mieterschutzverein, die Mieterberatung und das Amt für Wohnungswesen. Enthalten hat sich der DMB Mieterbund. Gegen die Anerkennung gestimmt haben die Vereinigung der Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer Frankfurt, die Vereinigung der Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer Bergen-Enkheim und Umgebung, die Vertreter des Verbandes der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft wie auch der Verein Mieter helfen Mietern Frankfurt. Die Nicht-Anerkennung durch einige Verbände in der beratenden Mietspiegelkommission steht laut den bundesweiten Kriterien einem „qualifizierten Mietspiegel“ nicht im Wege.

„Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, einen neuen Mietspiegel auf den Weg zu bringen“, sagt Josef. „Dazu zählen die beauftragten Institute IWU aus Darmstadt und IFAK aus Taunusstein sowie diejenigen, die sich an der Befragung beteiligt haben und auch die Mitglieder der Mietspiegelkommission. Denn nur so konnten wir einen Mietspiegel erstellen lassen, der ja die Lage auf dem Wohnungsmarkt möglichst genau darstellen soll.“

Der neue Mietspiegel ist in Kürze im Amt für Wohnungswesen und über den Buch- und Zeitschriftenhandel für 3 Euro erhältlich. Weitere Bezugsquellen sind die Tourist Information Römerberg und die Bürgerämter sowie die in der Mietspiegelkommission vertretenen Verbände.

Foto:
Stadtgebiet Frankfurt nach bevorzugten Wohngebieten
©atlasbi.com

INFO:
Beratung zum Mietspiegel erhalten Bürgerinnen und Bürger bei der Stabsstelle Wohnungsmarkt, Mietrecht, Innovative Wohnprojekte im Amt für Wohnungswesen. Die Mietspiegelberatung ist Montag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr unter der Telefonnummer 069/212-77088 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erreichbar. Die Mietspiegelbroschüre als PDF-Datei sowie weitere Informationen zum Frankfurter Mietspiegel sind unter frankfurt.de/mietspiegel abrufbar. Hier kann der Mietspiegel auch in gedruckter Form bestellt werden. In Kürze wird auch der Online-Mietspiegelrechner der Stadt aktualisiert unter frankfurt.de/mietspiegel-rechner erreichbar sein.