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Kategorie: Film & Fernsehen
f rodin1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. August 2017, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nicht einfach, einen Künstler wie Rodin mit dem Anspruch in einen Film zu zwingen, sowohl sein Künstlertum wie auch seine physische und psychische Existenz uns so vor Augen zu führen, daß es bei einem lebendigen Menschen bleibt und Erstarrung vor dem Genie ausbleibt.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann haben das Regisseur Jacques Doillon und Vincent Lindon als Auguste Rodin nicht schlecht gemacht. Und wenn dann noch eine so aufregende und schwierige Frau wie Camille Claudel (Izia Higelin) in ihrer Doppelrolle als Geliebte und gleichwertige Künstlerin hinzukommt, wird das Ganze auch nicht leichter. Und darum sagen wir, angesichts so viel Ballastes, der erst mal abgeräumt werden muß, ist der 121 Minuten lange Film teilweise sogar richtig schön und ergreifend. Nämlich immer dann, wenn die beiden um die Form ringen. Daß Bildhauern ein sinnlicher Prozeß ist, das vermittelt dieser Film auf jeden Fall.

Er beginnt, als auch Rodins Karriere den steilen Aufstieg nimmt. Er hat im Jahr 1880 mit vierzig Jahren den ersten Staatsauftrag erhalten. DAS HÖLLENTOR nach Dantes Göttlicher Komödie soll zum Bronzeportal des Eingangs des neuen Kunstgewerbemuseums im Pariser Louvre werden. Kunstgeschichtler leben noch heute davon, aus welchen Figuren sich das sechs Meter hohe und vier Meter breite monumentale Bronzerelief zusammensetzt. Viele davon werden später als Einzelbronzen Namen erhalten wie DER DENKER, DER KUSS ...das alles sind nicht nur Inkunabeln der Moderne, sondern Figuren, die fest im kulturellen Gedächtnis unserer Zeit verankert sind.

Es war also eine heiße Situation, in der der so skandalisierte wie erfolgreiche Bildhauer gekommen war und die er mit Kraft und Intuition – und mit Camille Claudel meistern konnte. Weiß man um die Tragik der Camille Claudel, die letzten Endes von zwei Männern abgemeiert und ins Irrenhaus gesteckt wurde – vom, ihrer überdrüssigen Rodin und ihrem, auf den guten Ruf achtenden verachtenswerten Bruder und Nobelpreisträger Paul Claudel, so ist der Part in diesem Film noch befrachteter. Da ist es eine weise Entscheidung, die Zukunft noch nicht vorwegzunehmen und erst mal so zu tun, als ob wir dem Entstehen dieser gemeinsamen Arbeit jetzt genau zuschauen, ohne zu wissen, wie es weitergeht.Denn der Ruhm wird allein auf seiner Seite sein. Sehr sehr lange, letzten Endes bis heute.

Was das gemeinsame Schaffen angeht, kommt man bei diesem Film auf seine Kosten. Das Material, ob Ton, ob Bronze, das Modellieren, die ewige Frage, welche die höhere Kunst sei, die saubere Malerei oder die dreckige Bildhauerei, wird hier einfach mit dem Skulptieren beantwortet. Wie sich dieses Beziehungsgeflecht: Material - die beiden Künstler – die gestaltete Skulptur im Atelier entwickelt, bezieht uns in den künstlerischen Prozeß ein, ohne daß dies überdreht, peinlich oder unwahr würde. Erstaunlich, wie gekonnt der Schauspieler die Bewegungen des Modellieren ausführt. Wenn man dann hört, er habe ein Jahr lang Bildhauerei studiert, nein, praktiziert, ist das ein Weg, der verständlich macht, warum dies nicht hölzern wirkt, sondern der Film etwas Organisches ausstrahlt, ohne nun allzu dolle zu sagen: schaut hin, ich bin Rodin.

Bei aller Schauspielerei wird nie verhehlt, daß uns vorgeführt wird, wie es gewesen sein könnte, als der berühmt-berüchtigte Bildhauer mit der 24 Jahre jüngeren Geliebten zusammenlebte und zusammenarbeitete und der Bauerntochter Rose Beuret zu Hause, die er ganz am Lebensende dann endlich doch noch heiratete. Dies ist ein Spielfilm und keine Dokumentation, das ist das Gute daran, denn jeder Regisseur darf sich seinen eigenen Rodin schnitzen, seine eigene Claudel, so es nicht gegen die guten Sitten verstößt. Das hält Regisseur Doillon ein.

Foto: © Verleih

Info:

Besetzung

Auguste Rodin       Vincent Lindon
Camille Claudel      Izïa Higelin
Rose Beuret           Séverine Caneele
Victor Hugo            Bernard Verley
Rainer Maria Rilke  Anders Danielsen Lie
Claude Monet        Olivier Cadiot
Paul Cézanne         Arthur Nauzyciel
Octave Mirbeau      Laurent Poitrenaux
Juliette Drouet        Guylène Péan
Sophie Postolska   Magdalena Malina
Jessie Lipscomb    Léa Jackson