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Kategorie: Film & Fernsehen
f madame aurora und der duft von fruehling aurora bild 09 JPG I3TiberiusFilmSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. April 2018, Teil 10

N.N.

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Erzählen Sie uns, wie es zu diesem Film kam.

So wie es des Öfteren passiert, ergab sich das Thema für den Film aus einer persönlichen Erfahrung. Ich hatte extreme Angst davor, vierzig Jahre alt zu werden. Bis heute verstehe ich nicht, warum ich eine solche Angst davor hatte, älter zu werden, während all meine männlichen Freunde diese Sorgen nicht im Geringsten teilten. Ich habe schnell realisiert, dass Frauen in ihren Fünfzigern nicht im Kino gezeigt werden. Wie also soll man sich so fühlen, wenn man ein Alter erreicht, das geradezu unsichtbar ist?

Ich sah viele Frauen um mich herum, die schließlich in furchtbarer, liebloser Einsamkeit endeten; alles unglaubliche, wunderschöne und talentierte Frauen, deren Exfreunde aber alle in der Lage waren, sich ein neues Leben für sich selbst aufzubauen. Mein Film sollte eine Hommage an diese Frauen sein, und ihnen - aber auch mir selbst - den Mut und die Freude schenken, älter zu werden. MADAME AURORA UND DER DUFT VON FRÜHLING war also ein Mittel, um meine eigenen Sorgen zu vergessen und diese zu heilen (lacht).


Bei der Hauptfigur Aurora häufen sich einige Probleme an: Sie lebt getrennt, ist finanziell nicht abgesichert und mitten in den Wechseljahren...

Aber sie nimmt ihr Leben in die Hand. Sie hat einen sehr starken Charakter und erfährt, wenn sie mit Diskriminierung konfrontiert wird, die Solidarität von vielen Frauen um sich herum. So wird ihr klar, dass immer noch alles möglich ist. Wie immer wollte ich auch dieseGeschichte mit viel Humor erzählen, damit man über DDinge lachen kann, die eigentlich nicht wirklich lustig sind.


Gleich in den allerersten Szenen des Films thematisieren Sie die Menopause, als Aurora ein Gespräch mit ihrer jüngeren Tochter Lucie hat.

Ich liebe es, Tabu-Themen anzusprechen, beziehungsweise sie am Schopf zu packen. Die Beziehung zwischen den Generationen, die ich auch schon in „Zouzou“, meinem ersten Kinofilm, zum Thema gemacht habe, ist mir sehr wichtig. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, wie unsere Mütter und Großmütter großgezogen wurden. Natürlich haben sich seitdem viele Dinge verändert. Frauen haben das Recht zu wählen, zu arbeiten und sie verwenden Verhütungsmittel, aber trotzdem gibt es auch heute noch offensichtliche, eklatante Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten.


Tatsächlich würde die jüngere Tochter Lucie jederzeit alles für ihren Freund tun und die ältere Tochter erzählt ihrer Mutter, dass schwanger zu sein das Beste sei, was ihr in ihrem bisherigen Leben passiert ist. Die beiden leben also nicht gerade Feminismus und Gleichberechtigung...

Ich dachte, es könnte lustig sein zu zeigen, wie Frauen wie Aurora und ihre Freundin Mano mit Entsetzen das Verhalten ihrer eigenen Mütter bei dieser jüngeren Töchtergeneration wiedererkennen. Ich habe nichts davon erfunden.

Darüber hinaus geht es in dem Streit zwischen Marina und ihrer Mutter eher um Hormone, die bei beiden verrücktspielen: Marina weint, weil sie schwanger ist und Aurora, weil sie in den Wechseljahren ist. Diese Szene war mir sehr wichtig: Ich wollte damit zeigen, dass es nicht so einfach ist, jemandem zu sagen, dass man ihn liebt und dass man manchmal einen schrecklichen Streit haben muss, um an diesen Punkt zu gelangen. Außerdem fällt es Aurora auch schwer, sich mit dem Gedanken abzufinden, Großmutter zu werden.


Zu Beginn ist sie nicht so stark in die Schwangerschaft involviert, bis zu dem Moment in der Entbindungsklinik, in dem sie in die Arme von Totoche (ihrer Jugendliebe) läuft...

Sie verliebt sich erneut in ihn und auf einmal fühlt sie sich, als wäre sie wieder fünfzehn. Ich finde es zutiefst bewegend, dass Liebe so beständig ist, selbst wenn der andere in der Zwischenzeit in einer langen Beziehung war.


Aurora ist wirklich in einer Phase von Dekonstruktion und Rekonstruktion. In einer Phase von Rückzug einerseits und Neubeginn andererseits. Sie liebt, ohne zu wissen, ob es erwidert wird, ihre jüngere Tochter wiederum löst sich von Zuhause ab...

Dieser Lebensabschnitt, in dem sie sich gerade befindet, ist wie ein Gegenpol zum Erwachsenwerden. Sie entdeckt die neugefundene Freiheit, an die sie noch nicht gewöhnt ist, und die sich zunächst in dem Gefühl von Verlust ausdrückt.

In Filmen werden Eltern oft sehr entspannt dargestellt, wenn deren großgewordene Kinder das Elternhaus verlassen. Aber um mich herum sehe ich viele Freunde, die emotional sehr berührt sind, wenn ihre Kinder von Zuhause ausziehen. Bevor sie erkennen, dass sie ab diesem Moment mehr Zeit für sich selbst haben und neue Dinge entdecken können, müssen vor allem die Frauen erst einmal durch eine sehr gefühlsbeladene Umbruchsphase gehen.


Es handelt sich also um eine Art Emanzipation...

Ganz genau. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Rollen, die wir spielen, im Laufe unseres Lebens immer wieder verschieben. Vor allem die Rollen von Müttern und Töchtern, die sich für eine bestimmte Zeit im Leben voneinander distanzieren müssen, um danach wieder zueinander finden zu können.Genau das passiert zwischen Aurora und ihren Töchtern, die wieder zueinander finden, nachdem jede von ihnen eine neue Entwicklungsstufe erreicht hat.


Es gibt im Film viele starke und eindrucksvolle Szenen, so wie die, in der Aurora schließlich Putzfrau geworden ist und ein Gespräch mit ihrer Kollegin über die Vorstellung von Diskriminierung führt.

Das war nicht einfach. Damit diese Szene gut zur Wirkung kommt, musste die Figur ab dem ersten Moment authentisch und präsent dargestellt werden. Ich wandte mich an eine Laiendarstellerin - eine tunesische Kosmetikerin, die mir einmal erzählt hatte, dass es ihr großer Traum sei, in einem Film mitzuspielen. Sie ist eine sehr elegante,klare Frau mit einem starken Akzent. Ich wusste, dass sie diese Figur verkörpern und den Text rüberbringen konnte.


Gibt es noch weitere Laiendarsteller im Film?

Vier oder fünf. Ich mag diese Art der Zusammenstellung sehr gerne. Es macht die professionellen Schauspieler etwas verletzlicher und sensibler, denn die Laiendarsteller lösen etwas aus, das sehr menschlich ist, nämlich das Gefühl von Solidarität. Die ältere Damein der Alten-WG ist eine von ihnen. Die Rolle war für Thérèse Clerc geschrieben, die tragischerweise kurz vor Drehbeginn verstorben ist. Aus diesem Grund bot ich die Rolle ihrer besten Freundin Iro an. Ich war fasziniert von ihrem Charisma, ihrer Stimme und ihrer Persönlichkeit. Sie konnte sehr glaubwürdig darstellen, dass sie diesen besonderen Ort leitet. Aber auch Iro starb, bevor sie den fertigen Film sehen konnte.

Foto:
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Info:
Besetzung
Agnès Jaoui                          Aurora
Thibault de Montalembert    Christophe (Totoche)
Pascale Arbillot                     Mano
Sarah                                    Suco Marina
Lou Roy-Lecollinet .              Lucie
Eric Viellard                           Hervé
Philippe Rebbot                    Nana