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Kategorie: Film & Fernsehen
f favouriteSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Januar 2019, Teil 6

N.N.

London (Weltexpresso) - Obwohl Lanthimos sich tief in Dynamiken psychologischer Abhängigkeiten begibt und sich dabei für zwischenmenschliche Streitereien interessiert, bildet die von Mythen umrankte Regentschaft Königin Annes das Fundament von THE FAVOURITE „Ich interessierte mich primär für diese drei weiblichen Figuren, ihre Macht und ihre fragile Beziehung zueinander. Wie hat das Verhalten dieser Personen den Lauf des Krieges beeinflusst? Welche Auswirkungen hatte es auf das Schicksal des Landes? Für mich ist der Film zudem eine Liebesgeschichte, die streckenweise sehr lustig bzw. dramatisch ist und überaus dunkel wird”, erläutert Lanthimos.

Königin Anne ist vielleicht Englands unbekannteste Monarchin, nicht zuletzt, weil sie trotz sagenhafter 17 Schwangerschaften keinen Nachkommen hatte. Es ist tatsächlich sogar so, dass es, hätte eines ihrer Kinder überlebt, vielleicht keine Vereinigten Staaten gegeben hätte, weil Georg III. möglicherweise nie König geworden wäre. Sie bestieg zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Thron, weil es im Hause Stuart keinen anderen protestantischen Kandidaten gab. Sie wurde just in dem Moment Königin von England, als dem Land gewaltige Veränderungen bevorstanden. Anne leitete den Krieg mit Frankreich, einen Krieg, der heute als der erste der modernen Zeiten gilt und vereinte vereinte England mit Schottland zu Großbritannien. Zu ihrer Zeit begann ein neue Ära, in der sich Whigs und Tories erbittert bekämpften. Das neue Zweiparteiensystem war geboren.

In einer Welt enormer persönlicher, politischer und gesellschaftlicher Veränderungen lag es nicht unbedingt auf der Hand, dass Anne Königin wurde. Sie war notorisch krank, ewig kleinlaut und ob ihrer Haut- und Gelenkprobleme wenig ansehnlich. Zudem war sie wenig gebildet und galt als überaus leicht zu manipulieren und beeinflussen.

Dies führte dazu, dass eine Vielzahl von Leuten Anne umgarnte, versuchte, ihr Vertrauen zu gewinnen – und vielleicht auch ihr Herz.

Lanthimos’ bekannt ureigener Stil ließ die Produzenten rätseln, wie er sich wohl der vielschichtigen Person Königin Annes und ihrer vieler Machtkämpfe annähern würde. „Yorgos’ Stil kann gleichzeitig elegant, einfach und kompliziert sein”, räsoniert Produzentin Ceci Dempsey. „Er ist ein rätselhaftes Individuum und versteht es bestens, mittels seiner Filme zu kommunizieren. Es gibt da diesen unterschwelligen Zauber in seiner Art Geschichten zu erzählen. Seine Filme haben so eine bestimmte Chemie. Man sieht sie sich an – und noch Tage später hat man immer wieder neue Fragen. Er ist im besten Sinne ungeheuer provokativ.”

Zwei Frauen dringen tief in Annes Allerheiligstes vor. Zusammen bilden sie ein mächtiges weibliches Triumvirat, in damaligen Zeiten genauso selten wie in heutigen – und erst recht für die Tage vor der Aufklärung.

Die erste war Lady Sarah Churchill, die legendär kluge und verführerische Herzogin von Marlborough, Annes beste Freundin seit Kindheitstagen, die in dem Moment, in dem Anne den Thron bestieg, ihre wichtigste politische Beraterin und – glaubt man zumindest den seit Jahrhunderten kursierenden Gerüchten – auch ihre Liebhaberin wurde. Die zweite war Abigail Masham, Annes Cousine, die, als ihre Familie in den Bankrott stürzte, vollkommen verarmte und als Magd eine niedere Anstellung am Hof antrat. Dies führte letztendlich zu einer epischen Schlacht um die Gunst der Königin, Abigail machte sich für Anne unerlässlich und verfolgte stets die entgegengesetzten Ziele ihrer Rivalin Lady Sarah.

Soweit die historischen Tatsachen. Die Geschichte des Films behandelt jedoch andere Themen, es geht um die psychologischen und sinnlichen Momente dieser Dreiecksbeziehung, die in keinem Geschichtsbuch nachzulesen sind. Alles fing mit einem Drehbuch von Deborah Davis an, das die Produzentin Ceci Dempsey und ihre Firma Scarlet Films vor zwei Dekaden zu entwickeln begann. „Die erste Fassung tauchte wie aus dem Nichts auf meinem Schreibtisch auf“, erinnert sich Dempsey. „Es war eine tolle Geschichte über Betrug. Man las etwas, was man so selten zu lesen bekommt: Die Story zweier brillanter Frauen, die sich unglaublich schlecht benehmen. Und der Umstand, dass das Ganze auf Tatsachen beruht, machte das Skript noch reizvoller. Seit jenen Tagen wurde das Drehbuch vielfach umgeschrieben. Der Kern ist aber derselbe geblieben: Drei Frauen ringen um die Oberhand und tun alles, um die jeweils anderen zu besiegen.”

Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller: 
OLIVIA COLMAN
EMMA STONE
RACHEL WEISZ
NICHOLAS HOULT
JOE ALWYN

Abdruck aus dem Presseheft