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Kategorie: Film & Fernsehen
vierwandeSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos von Mittwoch, 6. Juli 2022, Teil 5

Bernabé Rico

Sevilla (Weltexpresso) -  „Durch meine private Freundschaft und der beruflichen Beziehung zu Juan Carlos Rubio hatte ich die Gelegenheit, all seine Werke in verschiedenen Rollen als Regisseur, Autor oder Drehbuchautor zu lesen oder zu sehen. Eines Tages gab er mir ein Buch, das er in einigen Monaten uraufführen wollte – „100 m2 “. Schon beim Lesen erahnte ich das Potenzial, aber es auf der Bühne im Teatro Lara zum Leben erweckt zu sehen, war überwältigend. Jede Szene berührte mich emotional und verlangte geradezu nach Nahaufnahmen und Bildkompositionen, welche nur das Kino bieten konnte. 

Das Stück ist sowohl Komödie als auch ein universelles Drama, welches uns und den beiden Protagonistinnen Lola und Sara eine Geschichte über Emotionen und Gefühle, über Freundschaft und Einsamkeit und über all das erzählt, was mit uns passiert, während wir mit anderen Plänen beschäftigt sind. Kurz gesagt über all das, was wir Leben nennen. Und die Reaktion des Publikums während dieser Aufführung hat mich dazu gebracht, über die Grenzen der vierten Wand hinauszugehen, um mit den Mitteln der siebten Kunst, des Films, die ganze Bandbreite der Zuschauer anzusprechen. Und zum ersten Mal verspürte ich das Bedürfnis, das kurze Format zeitweise loszulassen, um eine Geschichte zu erzählen, deren Komplexität mehr Länge erforderte.

Ich hatte also ein klares Ziel: Das Wesen der Geschichte und ihrer Figuren zu bewahren und den Eindruck wiederzugeben, den diese bei den Zuschauern des Theaterstücks hinterlassen hatten. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich noch nicht den Weg, den ich einschlagen und beschreiten musste, um erfolgreich zu sein. Ich wusste aber, dass ich ihn zusammen mit Juan Carlos Rubio und Olmo Figueredo gehen wollte. Sich Hals über Kopf in den kreativen Prozess mit Juan Carlos zu stürzen war schon Motivation genug, aber dies auch noch gemeinsam mit Olmo, der mich auf zahlreichen Abenteuern begleitet hat und von dem ich beruflich viel gelernt habe, war die beste Garantie dafür, dass die Verfilmung des Stücks diesem so gerecht wird wie irgend möglich.

Neben dieser hervorragenden Ausgangslage brauchte es noch eine weitere, wesentliche Zutat für diesen Film: die Besetzung mit erstklassigen Schauspielern! Allen voran die Hauptdarstellerinnen Juana Acosta und Kiti Mánver, sie „sind“ einfach der Film! Meine Beziehung zu Kiti besteht aus fünfzehn Jahren Freundschaft und gemeinsamer Arbeit, was für die Erschaffung ihrer Figur unerlässlich war und sie hatte jene besondere Chemie mit Juana, lange bevor ich diese kennenlernte.

Auch die Zusammenarbeit mit José Sacristán ging auf meinen Wunsch zurück, frühere gemeinsame Erfahrungen zu wiederholen und daher schrieb ich eine Szene für ihn, welche den Film wunderbar bereichert. Carlos Areces und Daniel Grao bewunderte ich schon lange, und sie sind ein Traumpaar für einen Debütfilm. Ein Jahrzehnt nach jenem bemerkenswerten Tag im Teatro Lara und nach Vollendung des Films wird mir klar, dass sich seine Entstehung als Matrjoschka entpuppt hat, deren Wesen sich mir erst im Laufe der Jahre nach und nach erschloss.

Auf die Frage, ob ich damit zufrieden bin, antworte ich: „Es ist der Film geworden, der er werden sollte, aber nicht der Film, den ich anfangs drehen wollte“. Unmerklich hat sich der Film, den ich zu wollen glaubte, schleichend neue Erzählperspektiven bemächtigt, ganz wie bei den Matrjoschka-Puppen, die immer neue Facetten zeigen und deren Kern erst am Ende sichtbar wird. Und als ich nach dem letzten Drehtag dachte, ich hätte die letzte Puppe in den Händen, wurde mir im Schnitt gezeigt, dass dem nicht so ist. Erst da wurde mir bewusst, dass dies die letzte Matrjoschka war, dass „100 m2 “ endlich eine andere Ausdrucksform gefunden hatte, die sich zwar in der Sprache und den Elementen unterscheidet, aber der Essenz des Ursprungs treu bleibt: VIER WÄNDE FÜR ZWEI.“ 

Foto:
©Verleih

Info:
VIER WÄNDE FÜR ZWEI (El inconveniente)
von Bernabé Rico, E 2020, 94 Min.
mit Juana Acosta, Kiti Mánver, Carlos Areces, José Sacristán, Daniel Grao, Ana Fernández
nach Theaterstück, vonJuan Carlos Rubio
Komödie / Start: 07.07.2022