Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 6. Februar 2014, Teil 1
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - „alles inklusive“ ist der neue Film von Doris Dörrie, eine Tragikomödie mit kraftvollen Bildern sowie grotesken und poetischen Szenen, den die Regisseurin bewusst nicht bei der Berlinale vor ein paar Wochen eingereicht hat.
ALLES INKLUSIVE
„Tell your children, not to do what I’ve done“, klimpert Ingrid (Hannelore Elsner) auf der Gitarre, während sie im Bett den dicken Helmut (Axel Prahl) reitet, dann hockt er auf ihr und schmettert einen wilden Flamenco: „Ai jaijai jaijai…“ Die Betonburgen von Torremolinos im spanischen Andalusien sind die Kulisse für diesen Film, einst tummelten sich dort nackte Hippies, heute herrscht hier Ballermann-Stimmung. Apple (Nadja Uhl) hat ihre Mutter Ingrid nach einer Hüftoperation zur Reha dahin geschickt, wo die einst mit ihrer Tochter das freie Hippieleben probierte.
In München braucht derweil auch Apples Hund, Dr. Freud, eine neue Hüfte. „Ich zahle das Geld, er ist mein Therapeut!“ erklärt Apple, denn sie will den Mops nicht einschläfern lassen und trägt ihn ewig im Babybjörn herum. „Die meisten Hunde arbeiten als Psychotherapeuten“, meint der attraktive Tierarzt. Unaufhörlich quatscht ihn Frauchen mit tristen Männer- und Muttergeschichten voll, irgendwann landen die beiden endlich im Bett - doch Apple grämt sich: „Der ist so süß, hoffentlich versaue ich es nicht wieder.“
Derweil erinnert sich Ingrid in Torremolinos an die andalusische Hippiezeit - in vielen Rückblenden singt Grace Slick dazu, „You need somebody to love“. Aber in ihrer „alles-inklusive“-Reha rettet Ingrid auch einen afrikanischen Flüchtling und trifft auf Tim (Hinnerk Schönemann), den Sohn ihres früheren Lovers Karl. Dessen Frau hatte sich damals aufgrund der Affäre ihres Mannes mit Ingrid umgebracht. Karl lebt in Torremolinos im Altersheim, Tim ist zum Transvestiten Tina mutiert und schlägt sich in den Kleidern der toten Mutter mit Play Back Gesängen und Fußpflege durchs spanische Leben.
Ingrid geht mit dem prolligen und doch feinfühligen Helmut ins Bett, obwohl sie behauptet, „eigentlich habe ich mit Sex nichts mehr am Hut, ich weiß ja, wie es ausgeht.“ „Das weiß man bei der Titanic auch“, kontert Helmut, „und doch ist das so ein schöner Film!“ Bald muss er nach Berlin zurück, jedoch kommt nun Apple mit ihrem Hund. Die Parallelhandlungen verknüpfen sich, das einstige Liebespaar Karl und Ingrid sowie die traumatisierten Kinder begegnen sich. „Wir haben so viele Probleme“, klagt Apple, „und meine Mutter springt hier fröhlich herum.“
Die Geschichte wird mit langsamen Bildern erzählt und bis zum Happy End beim Sonnenuntergang am Meer, untermalt von Santanas „Samba Pa Ti“, gibt es noch viele skurrile und traurige Situationen, die hier nicht verraten werden. „alles inklusive“ ist ein
humorvoller Film, aber Dörrie reiht keine Gags aneinander: Realistische Szenen wechseln mit grotesken Fantasien, und eigentlich sind alle Menschen voller Einsamkeit, ihre verzweifelten Sehnsüchte können von den Filmzuschauern nicht einfach weggelacht werden.
Der Film ist wesentlich besser als das gleichnamige Buch der Filmemacherin, die Handlung ist verdichteter und stringenter, manche Romanfiguren sind weggelassen, die übrig gebliebenen aber pointierter herausgearbeitet und hervorragend besetzt.
„alles inklusive“ D 2013, 109 Minuten, Regie Doris Dörrie mit Nadja Uhl, Hannelore Elsner, Axel Prahl, Hinnerk Schönemann u. a. Filmstart am 6. März 2014
Doris Dörrie, „Alles inklusive“, Diogenes-Verlag, Taschenbuch, 252 Seiten, 10,99 Euro