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Kategorie: Film & Fernsehen
33954509 adam sandler als spaceman jakub prochaska 2OLtKnX5XXfeInternationale Filmfestspiele Berlin vom 15. bis 25. Februar 2024, BERLINALE, Teil 31

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man mochte nicht glauben, daß der Hauptdarsteller Adam Sandler in diesem Film, der bei der diesjährigen Berlinale – aus gutem Grund - nicht im Wettbewerb lief , auf seiner Pressekonferenz so viele Journalisten anzog, wie keine andere Pressekonferenz, noch nicht mal die von Martin Scorcese, der den Ehrenbär für sein Lebenswerk erhielt. Sandler tritt sonst in Komödien auf, für die er meist keine besonderen Kritiken erhält, aber die Filme finden das allermeiste Publikum. Vor allem in den USA, aber auch hier ist er sehr gut gelitten.

Kann gut sein, daß Sandler sein Ruf als Komödiant nicht genug war und er sich an einem Film mit ernsten, sogar politischen Hintergrund beteiligen wollte. Hinzu kommt, daß der Film gar nicht in die Kinos kommt, sondern seit dem 1. März im Netflixprogramm abrufbar ist. Daß ihn die BERLINALE dennoch in einer Mittagsvorstellung im Berlinale-Palast zeigte, in dem während der Berlinale sonst nur die Wettbewerbsfilme laufen, hebt diesen Film zusätzlich hervor. Und es war voll in dem riesenhaften Palast. Und es gab danach Beifall. Von uns nicht! Und das hat Gründe.

Aber zuerst der Hintergrund. Es handelt sich um die Verfilmung eines Romans: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt von Jaroslav Kalfa?. Hauptfigur ist der Kosmonaut Jakub Procházka, der ganz allein mit seinem Raumschiff im Universum ein ganzes Jahr unterwegs ist. Er soll am Rande des Sonnensystems Urstaub sammeln.
Wenn wir ihn erstmals in dem Raumschiff sehen, kommen all die ersten, früheren Raumschifferzählungen in den Sinn. Das ganze Raumschiff ist wie aus einem früheren Filmleben. Wir kennen das irgendwie. Aber, daß einer allein unterwegs ist, ist neu, denn die Raumfahrtgeschichten leben ja immer von der Mannschaft, in der mindestens einer sich absondert und auf jeden Fall interessante gruppendynamische Prozesse ablaufen.

Die sind hier vordergründig nicht vorhanden, aber natürlich gibt es dennoch einen Hintergrund, der diese Ein-Mann-Mission von der Erde aus torpedieren könnte. Das erfahren wir, weil, obwohl das Raumschiff fast den ganzen Film die Leinwand ausfüllt, einige Szenen auf der Erde spielen, wo seine Ehefrau Lenka (Carey Mulligan) ihn verlassen will und ihm das mitteilt. Allerdings wird die Chefin der Weltallunternehmung, Tuma (Isabella Rossellini), dies nicht an Jakub weitergeben, deshalb darf Lenka aber auch nicht mit ihm telefonieren, weshalb er, der nichts davon ahnt, dann wieder verunsichert ist, warum sie nicht anruft, sich Sorgen um sie macht etc.

Das ist so was von unglaubwürdig. Nicht, daß er sich Sorgen macht, sondern daß eine Ehefrau ihrem Mann, der allein im Weltall unterwegs ist, mitteilt, daß sie ihn verläßt. Denn sie will ihm ja nichts Übles, es ist einfach für sie vorbei, ohne Groll gegen ihn, eher Bedauern. Aber so was teilt man nicht seinem Mann mit, wenn er einsam im Weltall unterwegs ist.

100Dabei ist er gar nicht mehr einsam. Denn in diesem auf Naturwissenschaft und Technik beruhenden Film tritt jetzt das Übersinnliche auf, das sich sinnlich gibt: eine Riesenspinne, die nicht irdisch ist, also außerirdisch von einem fremden Stern kommt. Sie erzählt, denn sie kann sprechen, von der Invasion feindlicher Wesen, dieDas Zusammentreffen der beiden wird dann den Film bestimmen und als einzige Dynamik dienen. Denn nun können erstmal die Ängste eine Rolle spielen, denn die Tentakel der Spinne sind so gewaltig, daß sie den ganzen Raum einnimmt und Jakub sich so fürchtet, sodaß er sie erst einsperrt. Doch nach und nach gewinnt er ein anderes Verhältnis zu ihr, gibt ihr den Namen Hanuš, das ist der Tscheche, der die Astronomische Uhr in Prag konstruierte. Sie werden Freunde und in diesem Gespräch erfährt der Zuschauer nun, daß Jakubs Vater früh starb, ermordet wurde, weil er ein Informant der Kommunistischen Partei war.

Dann kommt es heftig. Jakub fühlt sich schuldig gegenüber Lenka, die eine Fehlgeburt hatte und er nie für sie da war, da sein Kosmonautensein für sie Einsamkeit bedeutete. Dann sind heftige Turbulenzen im All, aber Hanuš geht nicht dadurch über Bord, sondern ist von der neuen Spezies MENSCH enttäuscht. Aber er kehrt zurück, nachdem sich Jakub, der Lenka nach wie vor nicht erreicht, an einen Techniker wendet und ihn bittet, seiner Frau auszurichten, daß er sich für sein unsensibles Verhalten entschuldigt.


Das ist ein derartiges Getue, so unecht, wie es nur geht. Hochmoralisch, aber langweilig. Und dann geht es in der selben Richtung weiter. Die beiden fliegen in die Wolke, die seit Urbeginn da ist, der Beginn des Weltalls. Die kranke Spinne wird sterben, aber Jakub weiß auf einmal, er will zurück zu Lenka und so kommt es auch. Denn er wird von einer Mannschaft aus Südkorea gerettet und kommt nach Hause, wo Lenka und er eine Zukunft haben. Ist das nicht ein bißchen arg konventionell, vorhersehbar und fade?

Foto:
©Verleih

Info:
Stab
Regie   Johan Renck
Drehbuch Colby Day
Besetzung
Adam Sandler: Jakub Procházka
Carey Mulligan: Lenka
Kunal Nayyar: Peter
Lena Olin: Zdena
Isabella Rossellini: Tuma