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Kategorie: Film & Fernsehen
go claraSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Juni 2025, Teil 9

Sylvia Kürsten


Chemnitz (Weltexpresso) - Da, wo es besonders wenig zu lachen gibt, muss man umso lauter lachen. 2017 hält ein Zeitungsartikel die halbe deutsche Kunstwelt – und auch mich – in Atem: Ein sächsischer Kunstwissenschaftler kritisiert, dass ein westdeutsch dominierter Kunstbetrieb die kunstgeschichtliche Epoche aus der DDR zwischen 1945 und 1990 ohne Not ins Depot entsorgt. Er wettert gegen die Auslöschung des kulturellen Gedächtnisses dieses Landes, fordert eine sogenannte „Wende an den Wänden“. Und genau diese Parole treibt mich als Filmemacherin aus dem Osten von diesem Moment an.

 

Seit 2011 realisiere ich Filme über Kunst, interviewe Künstler, portraitiere Museen – doch die Kunst aus meinem Heimatland war lange ein blinder Fleck. Ich kannte Monet und Michelangelo, aber keinen Mattheuer, geschweige denn die Mosch. Diese kleine renitente Gruppe, welche die Kulturpolitiker des Landes vor 50 Jahren zum Narren hält und die offizielle Doktrin sozial-realistischer Erbauungskunst unterwandert. Mit häufig sehr kleinen, aber großartigen, nonkonformen Werken. Und vor allem mit Aktionen, die nicht nur den klassischen Kunstrahmen, sondern auch kulturpolitische Vorgaben sprengen.

Ihnen und ihrer unverbrüchlichen Energie ist dieser Film gewidmet. Denn der Kampf, kulturelle Räume zu erhalten, und der Zwang, mit Machthabern jonglieren zu müssen, ist in Zeiten von aufstrebenden Autokratien und entgrenztem Kapitalismus wieder hochaktuell. Die künstlerischen Stehaufpuppen aus Karl-Marx-Stadt haben bei ihren Künstlerfußballfesten und legendären Mittwochsveranstaltungen eine kreative Widerstandstaktik erprobt, von der wir heute lernen können.

Spätestens jetzt braucht es einen Film über die Gruppe Clara Mosch – es ist genau der richtige und vielleicht auch der letzte Moment, in dem wir von den Erfahrungen dieser schrägen, aber doch immer freien und humorvollen Vögel lernen können.

Biografie

Sylvie Kürsten (Buch & Regie), 1979 in Ludwigsfelde geboren, arbeitet seit 2011 als Dokumentarfilmregisseurin. Ihre Filme, die meist im Spannungsfeld von Kunst und Gesellschaft angesiedelt sind, beschreibt sie als „HinterSINNlich“: mit möglichst viel Bedeutung aufgeladen, aber immer poetisch und selten ohne Augenzwinkern. Nach der Masterclass Non-Fiction an der ifs Köln 2019 lotet die Filmemacherin kontinuierlich die erzählerischen Möglichkeiten des dokumentarischen Formats aus. Seit Beendigung ihres Redaktionsvolontariats beim Norddeutschen Rundfunk 2008 arbeitet Sylvie Kürsten auch als freie Kulturjournalistin für TV-Magazine sowie die Hörfunkwellen der ARD. Des Weiteren unterstützt sie das live-journalistische Show-Format JIVE. Für ihre Arbeiten hat sie unter anderem einen Grimmepreis gewonnen, war zu Gast beim Theatertreffen Berlin und beim Beirut Art Film Festival eingeladen.

Filmografie (Auswahl):


Foto:
©Verleih

Info:
Besetzung mit
Gregor Torsten Kozik, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner, Gunar Barthel, Nora Barthel, Olivia Glaser, Georg Girardet, Tabea Wendenburg, Isotta Poggi
Buch & Regie.  Sylvie Kürsten