Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen

Oppenheimer TV1Free-TV Premiere als Tagestipp für Freitag, 3. Oktober 2025 bei Pro Sieben

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1954: J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) muss sich vor einem geheimen Gremium wegen einer Sicherheitsanhörung verantworten. Ihm wurde die sogenannte ″Sicherheitsgarantie″ nicht verlängert. Hintergrund ist ein Brief von dem Rechtsanwalt William L. Borden (David Dastmalchian), der Oppenheimer beschuldigt ein Agent der Sowjetunion zu sein. Dies hat zu Zeiten der McCarthy-Ära zur Folge, dass er nicht mehr zu geheimen Regierungsprojekten im Rahmen der Atombomben- und Wasserstoffbomben-Forschung arbeiten durfte und das bedeutete außerdem eine Reduzierung seiner politischen Einflussnahme.


Während dieser Hinterzimmer-Anhörung wird er des ″Umgangs mit bekannten Kommunisten″ beschuldigt, dazu werden einige seiner Mitarbeiter befragt. Dadurch wird Oppenheimers Leben durchleuchtet von seiner Zeit als Student in Cambridge über seine Arbeit am ″Manhattan-Projekt″ bis zu seiner Professur in Princeton, wo er nicht nur Lewis Strauss (Robert Downey Jr), sondern auch auf Albert Einstein (Tom Conti) traf.

In Cambridge studierte er unglücklich bei Experimentalphysiker Professor Patrick Blackett (James D'Arcy). Dort traf er allerdings bei einem Vortrag auf Niels Bohr (Kenneth Branagh), der ihm riet sich der theoretischen Physik bei Werner Heisenberg (Matthias Schweighöfer) in Göttingen zuzuwenden.

Er wird zu seiner Freundschaft zum Assistenz-Professor für Romanistik Haakon Maurice Chevalier (Jefferson Hall), den er 1937 in Berkeley kennenlernte, seiner Liebschaft mit der bekennenden Kommunistin Jean Tatlock (Florence Pugh) und dann zu seinem Weg zum Manhattan-Projekt befragt, bei dem es immer wieder auch um seine politischen Vorstellungen ging. Erzählt wird auch das Kennenlernen Oppenheimers mit der in Deutschland geborenen und verheirateten Kitty Harrington (Emily Blunt), die es dann allerdings auf ″altertümliche″ Weise schaffte, von ihrem Ehemann geschieden und von Oppenheimer geheiratet zu werden, denn der Sohn Peter wurde kurz nach der Heirat 1941 geboren.

Oppenheimer TV2Bei der Vorbereitung zum Manhattan-Projekt traf Oppenheimer auf den Ingenieur Leslie Groves (Matt Damon), der Lieutenant General der US Army war und als militärischer Leiter beim Manhattan-Projekt dienen sollte. Die Beiden entwickelten zusammen die Forschungsstation in der Wüste von New Mexico in Los Alamos. Dabei wurden nicht nur Laboratorien, sondern gleich ein ganzes Städtchen aufgebaut, so dass auch die Familien der Forscher dort wohnen und teilweise auch mitarbeiten konnten. Einer der wichtigsten Mitarbeiter im Los Alamos National Laboratory bei der Entwicklung der Nuklearwaffe aber auch einer seiner stärksten Gegner war dort Edward Teller (Benny Safdie), der keine Atombombe, sondern eine Wasserstoff-Bombe mit viel größerer Schlagkraft bauen wollte.

Nach dem Abwurf der Bomben über Hiroshima und Nakasaki und Beendigung des Krieges wird Oppenheimer als ″Vater der Atombombe″ gefeiert. Doch als er die Folgen sieht, geht Oppenheimer auf Abstand zu seinem Projekt. Jetzt setzt sich Robert Oppenheimer als Berater der US-amerikanischen Atomenergiebehörde, die von Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) mitbegründet wurde, für eine internationale Kontrolle von Kernenergie und gegen ein nukleares Wettrüsten ein – und gerät so ins Visier des FBI.

In einer Parallelmontage wird die Anhörung von Lewis Strauss vor dem US-Senat gezeigt (diese Szenen wurden überwiegend in schwarz-weiß gedreht), die 1959 stattfand und bei der Strauss als Handelsminister bestätigt werden soll, da er das Amt bereits ein knappes Jahr kommissarisch ausgeübt hatte. Entgegen allen Vorhersagen konnte Strauss die Abstimmung jedoch nicht gewinnen, sondern unterlag mit 46:49 Stimmen, obwohl einige Freunde u.a. Edward Teller sehr positiv für ihn ausgesagt hatten. Doch letztendlich stolpert Strauss über seine eigene Überheblichkeit und dass er aus persönlichen Gründen Jahre zuvor gegen Robert Oppenheimer opponiert und wohl auch Oppenheimers Akte an den FBI-Informanten William L. Borden weitergegeben hatte…


Regisseur von ″Oppenheimer″ ist Christopher Nolan, der auch das Drehbuch nach dem Sachbuch American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer (2005) von Kai Bird und Martin J. Sherwin verfasst hat, und der den Film zusammen mit dem niederländischen Kameramann Hoyte van Hoytema im IMAX-Format gedreht hat, mit dem Nolan auch bei seinen letzten drei Filmen ″Interstellar″ (2014), ″Dunkirk″ (2017) und ″Tenet″ (2020) zusammen gearbeitet hat. Für die Musik war - wie bereits für ″Tenet″ - der schwedische Filmkomponist Ludwig Göransson verantwortlich.

Oppenheimer TV3Der Regisseur konnte wieder eine große Anzahl bekannter Schauspieler selbst für kleine und kleinste Rollen gewinnen, wie z.B. Kenneth Branagh als Niels Bohr, Tom Conti als Albert Einstein, Casey Affleck als Boris Pash, Rami Malek als David Hill, Gustaf Skarsgård als Hans Bethe, David Krumholtz als Isidor Rabi oder Matthias Schweighöfer als Werner Heisenberg. In einer etwas größeren Rolle waren Josh Hartnett als Ernest Lawrence, Florence Pugh als Jean Tatlock oder Jason Clarke als Roger Robb, der Ankläger gegen Oppenheimer, zu sehen.

Doch es sind wenige Schauspieler, die dem Zuschauer längerfristig im Gedächtnis bleiben. Das sind zum Einen natürlich vor allem Cillian Murphy als Robert Oppenheimer aber auch Emily Blunt als seine Frau Kitty, Matt Damon in der undankbaren Rolle des General Groves sowie auch Robert Downey Jr. als Lewis Strauss.

Cillian Murphy zeigt ein vielschichtiges, schonungsloses, aber auch verletzliches Bild Oppenheimers, dabei werden private Verfehlungen und seine Arroganz nicht ausgelassen. Für den Zuschauer ist es manchmal unverständlich, wieso der bekannte Physiker sich so behandeln lässt, aber vermutlich meint er, nur so seine wissenschaftlichen und politischen Ideen weiter verfolgen zu können. Besonders spannend sind dann die Sequenzen, wenn sowohl das politische Konstrukt rund um das Manhattan-Projekt als auch Oppenheimers Verwicklung mit kommunistischen Bekannten behandelt werden. Diese Szenen machen den Film zu einem spannenden Gerichtsdrama.

Matt Damons Leslie Groves muss zwischen den brillanten Wissenschaftlern und dem Militär jonglieren, obwohl er selbst Ingenieur ist, versteht er vieles von dem nicht, was dort geforscht wird. Er weiß aber, dass die Wissenschaftler ihre Aufgaben erfüllen müssen, bevor die Politiker sie dann entmachten und die Ergebnisse für ihre Vorteile nutzen werden. Allerdings liefert sich Matt Damons General Groves viele mitunter recht amüsante Scharmützel mit Cillian Murphys Oppenheimer, die im Film zu den lustigsten Szenen gehören.

Oppenheimer TV4Robert Downey Jr. zeigt als Lewis Strauss eine hervorragende Performance. Man spürt als Zuschauer deutlich die Überheblichkeit aber auch die Minderwertigkeitsgefühle des Selfmade-Mannes, der nicht studiert hat. Bei seiner Anhörung wird deutlich, dass es zwei Erlebnisse gibt, die ihn insgeheim zum Feind von Oppenheimer gemacht haben, da gab es eine Situation bei einer Sitzung der Atomenergie-Behörde, bei der der Physiker ihn deutlich mit einer anderen Meinung vorgeführt hat und dann war da ein Gespräch zwischen Oppenheimer und Einstein, von dem Strass glaubt, dass über ihn hergezogen wurde. Er merkt auch viel zu spät, dass sich während seiner Anhörung schon viele vor allem jüngere Leute von ihm abgewendet haben.

Als vierte wichtige Darstellerin muss noch Emily Blunt als Kitty Oppenheimer hervorgehoben werden, auch wenn deren reale Alkoholsucht im Film etwas heruntergespielt wird. Doch Blunt hat gegen Ende des Films während der Anhörung ihres Mannes eine ausgesprochen emotionale Szene, die zeigt, was für eine lebenskluge Frau sie trotz ihrer Alkoholsucht und ihrer anderen Probleme doch war. Allein für diese Szenen hat es sich für Emily Blunt gelohnt, in dem Drama mitzuspielen.

Neben den Leistungen der Schauspieler sollte man aber auch hervorheben, dass Christopher Nolan mit ″Oppenheimer″ wieder einen audiovisuell beeindruckenden Film abgeliefert hat. Dabei muss immer wieder betont werden, dass der Regisseur so viele Szenen wie möglich auf die altmodische Art gedreht hat und es nur ganz wenige Computereffekte gegeben hat.

Das Drama erhielt neben vielen weiteren Nominierungen und Auszeichnungen 13 Nominierungen bei den Academy Awards 2024. Er gewann dann die Auszeichnungen für den Besten Film, die Beste Regie (Christopher Nolan), den Besten Hauptdarsteller (Cillian Murphy), den Besten Nebendarsteller (Robert Downey Jr.), die Beste Kamera (Hoyte van Hoytema), den Besten Schnitt (Jennifer Lame) sowie die Beste Filmmusik (Ludwig Göransson). Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnete den Film mit dem Prädikat ″besonders wertvoll″ aus.

Oppenheimer TV5Insgesamt mag ″Oppenheimer″ nicht Christopher Nolans bester Film sein, aber er gibt einen hervorragenden Einblick in die Ereignisse rund um die Entwicklung, den Bau und den Abwurf der ersten Atombomben, bei dem aber vor allem auf die politische Dimension und die Kommunisten-Angst der 1940er und 1950er Jahre eingegangen wird und dadurch auch dem Zuschauer deutlich wird, wie schnell man allein durch die aufgeheizte Stimmung vom Liebling des Volkes zum angeblichen Verräter werden kann. Auch wenn möglicherweise durch die Zeitsprünge dem Film zuweilen nicht leicht zu folgen war, ist ein absolut sehenswerter Historienfilm entstanden, den man sich unbedingt auch zu Hause ansehen sollte – auch vor dem Hintergrund der augenblicklichen Situation in Amerika.

Zusatz 1: Robert Oppenheimers Arbeit wurde erst neun Jahre nach der Anhörung von 1954 gewürdigt und er erhielt erst 1964 den Enrico Fermi Award, der von der Atomenergiekommission (AEC) der USA an eine Person verliehen wird, die sich besonders um die Entwicklung, Nutzung oder Kontrolle der Kernenergie verdient gemacht hat.
Dagegen wurde erst im Dezember 2022 die Entscheidung, ihm die Sicherheitsfreigabe für den Zugriff auf sensible Informationen der Vereinigten Staaten zu entziehen, aufgehoben – 55 Jahre nach Oppenheimers Tod.

Foto 1: Cillian Murphy als J. Robert Oppenheimer © 2023 Universal Studios
Foto 2: Robert Downey Jr als Lewis Strauss © 2023 Universal Studios
Foto 3: Matt Damon) als Lieutenant General und Ingenieur Leslie R. Groves © 2023 Universal Studios
Foto 4: James D'Arcy als Experimentalphysiker Professor Patrick Blackett und Kenneth Branagh als Niels Bohr © 2023 Universal Studios
Foto 5: Tom Conti als Albert Einstein und Cillian Murphy als J. Robert Oppenheimer © 2023 Universal Studios

Info:
Oppenheimer (USA 2023)
Originaltitel: Oppenheimer
Genre: Drama, Historienfilm, Biopic, Atombombe
Filmlänge: ca. 167 Minuten
Regie: Christopher Nolan
Drehbuch: Christopher Nolan
nach dem Sachbuch American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer (2005) von Kai Bird und Martin J. Sherwin
Darsteller: Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon, Robert Downey Jr., Florence Pugh, Josh Hartnett, Kenneth Branagh, Benny Safdie, Dylan Arnold, Gustaf Skarsgård, David Krumholtz, Matthew Modine David Dastmalchian, Tom Conti, Casey Affleck, Rami Malek, Jason Clarke, David Krumholtz, Jack Quaid, Gary Oldman, Dane DeHaan, James D’Arcy, Matthias Schweighöfer u.a.
FSK: ab 12 Jahren
″Oppenheimer″ wird am Fr. 03.10.2025 um 20:15 Uhr als deutsche Free-TV Premiere bei Pro Sieben gezeigt und dort am Sa. 04.10.2025 um 01:55 Uhr wiederholt.

Zusatz 2: Zwischen der Erstausstahlung und der Wiederholung von ″Oppenheimer″ zeigt Pro Sieben um 23:55 Uhr den unbedingt sehenswerten Christopher Nolan Kriegsfilm ″Dunkirk″ (2017). Der Film wird am Mo. 06.10.2025 um 03:00 Uhr wiederholt. Die Kritik bei Weltexpresso zur TV-Veröffentlichung findet man hier:
https://weltexpresso.de/index.php/kino/28977-dunkirk_554_544_544_544_544